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Blutnacht

Blutnacht

Titel: Blutnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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hat Stahl nicht gesagt. Die Hauptsache ist, er hat sie nicht umgebracht. Stahl beschreibt Shulls generelles Verhalten während seines Streifzugs als entspannt. Er ist sicher, Shull hat keine Ahnung, dass wir hinter ihm her sind. Also macht er vielleicht einen Fehler, geht tatsächlich auf jemanden los.«
    »Auf frischer Tat ertappt«, sagte ich.
    »Ja, ja«, erwiderte er. »Ein Junge darf doch träumen.«
    Am nächsten Morgen rief Milo an und sagte: »Langweilige Nacht. Shull ist einfach herumgefahren. Hoch in die Berge, dann raus an den Strand bis ins Ventura County. An der Las Posas ist er auf den Highway 101 nach Norden abgebogen, weitere zehn Meilen gefahren, hat an einem die ganze Nacht geöffneten Restaurant in Tarzana angehalten – er mag billige Esslokale, bildet sich wahrscheinlich ein, er mischt sich unters gemeine Volk. Dann ist er allein nach Hause gefahren und ins Bett gegangen.«
    »Rastlos«, sagte ich. »Die Spannung könnte sich allmählich aufbauen.«
    »Nun ja«, erwiderte Milo, »sehen wir mal, ob er explodiert.«
    Als ich gerade aus dem Haus wollte, um joggen zu gehen, rief Allison an, um Bescheid zu sagen, dass sie noch drei Patienten an ihren Tagesplan dranhängen müsste und nicht vor 21Uhr 30 fertig wäre.
    »Krisen?«, fragte ich.
    »Eine Krise kommt selten allein. Bist du bereit, unsere Verabredung zum Abendessen auf später zu verschieben?«
    Wir hatten einen Tisch für 20 Uhr im Hotel Bei Air reserviert. Wundervolles Essen, perfekte Bedienung, und wenn das Wetter mitspielte, was in L.A. oft der Fall war, konnte man abends draußen essen und Schwäne über Teiche gleiten sehen. Vor einigen Jahren hatte ich Bette Davis über die Terrasse schweben sehen. An jenem Abend war ich mit Robin dort gewesen. Sie und ich gingen immer zu besonderen Anlässen ins Bei Air. Ich dachte, die Tatsache, dass ich bereit war, mit Allison dort hinzugehen, sei ein gutes Zeichen.
    »Wie wär’s mit zehn?«, fragte ich. »Hast du dann noch genug Energie?«
    »Falls nicht, täusche ich sie vor«, sagte sie.
    Ich lachte. »Bist du sicher? Wir können auch ein andermal hingehen.«
    »›Ein andermal‹ ist kein Konzept, das ich bewundere«, erwiderte sie. »Tut mir Leid, dass wir es meinetwegen verschieben mussten.«
    »Eine Krise ist eine Krise.«
    »Endlich«, sagte sie. »Jemand, der es kapiert.«

45
    Die dritte Nacht der Überwachung, und Petra hatte eine Position auf der Straße unterhalb von A. Gordon Shulls Haus bezogen. Nicht annähernd so nahe wie Stahl, weil weniger Wagen auf der Straße geparkt waren und sie einen unauffälligen Platz finden musste. Aber sie hatte trotzdem einen guten, unverstellten Blick auf das Tor.
    Stahl hatte vorgeschlagen, dass sie die Position am Berg einnahm, während er in dem gemieteten Geländewagen unten in der City blieb. So ziemlich das Einzige, was er gestern zu ihr gesagt hatte. Er schien distanzierter zu sein denn je, wenn das möglich war.
    Er stand in einem Bronco unten auf der Franklin. Ein nettes, glänzendes schwarzes Gerät, das Petra auf dem Parkplatz des Reviers bewundert hatte.
    »Hübsch, Eric.«
    Stahls Reaktion hatte darin bestanden, einen ölverschmierten Lappen hervorzuholen, sich zu bücken, das Tuch über den schmutzigen Asphalt zu reiben und dann Türbleche, Kotflügel und Fenster des Bronco systematisch zu verschmutzen. Bald sah der arme Wagen so aus, als wäre er den ganzen Tag von Arizona hierher gefahren worden.
    »Schoelkopf muss gut gelaunt gewesen sein«, sagte Petra. »Diese coole Karre zu genehmigen.«
    Stahl nahm eine weitere Ladung Parkplatzdreck mit seinem Lappen auf und fuhr fort, den Bronco zu verunstalten. »Ich hab ihn nicht gefragt.«
    »Sie haben dafür mit Ihrem Geld bezahlt?«
    »Ja.«
    »Sie könnten das Geld immer noch erstattet bekommen«, erklärte sie. »Wenn Sie den Beleg bald einreichen.«
    Stahl tat etwas mit seinem Kopf, das ein Nicken hätte sein können. Wenn man nach einem Nicken Ausschau hielt. Er öffnete die Fahrertür des Bronco und murmelte: »Sagen Sie mir Bescheid, wenn Sie bereit sind.« Stieg ein. Fuhr los.
    Sie nahmen jede Stunde Kontakt zueinander auf, indem sie eine taktische Frequenz auf dem Funkgerät benutzten.
    Bislang heute Abend vier Meldungen, alle mit demselben Text:
    »Nichts.«
    »Okay.«
    Es war Viertel vor elf, und Shull, den sie zu Hause vermuteten, war nicht aufgetaucht.
    Blieb er drinnen wie in der vergangenen Nacht?
    Das war deprimierend gewesen. Dasitzen, warten, gegen das Einschlafen

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