Blutnacht
einen Gerichtsbeschluss erwirkt.«
»Immer noch kein Glück?«
»Ich hab’s bei den drei gnädigsten Richtern versucht, die ich kenne. Bin zum Bezirksstaatsanwalt gegangen und hab ihn um Unterstützung gebeten – keine Chance. Alle sagen das Gleiche: Im Ganzen leuchtet es ein, aber mit der Begründung hapert’s.«
»Was wollen sie denn?«
»Wenn es keine Augenzeugen gibt, dann Körperflüssigkeiten, irgendwas Physisches. Detective Stahl hat vielleicht die Dinge etwas vorangetrieben. Heute Nacht hat er beobachtet, wie Shull eine junge Frau in einer Bar am Sunset aufgegabelt, sie mit in ein Motel in Malibu genommen und sein Zimmer ohne sie wieder verlassen hat. Stahl befürchtete das Schlimmste und hat die Verfolgung aufgegeben, um das Zimmer zu überprüfen; es stellte sich dann jedoch raus, dass Shull nur früher gegangen war. Aber während der gute Eric mit der Frau sprach, erklärte sie sich einverstanden, dass er sich dort umsah. Sie war der Motelgast, also macht ihre Einwilligung die Durchsuchung hieb- und stichfest. Mitgenommen hat er eine Koksröhre aus Pappe, ein Papiertuch mit Rotz und vermutlich Blutflecken, ein Wasserglas, das Shull der Frau zufolge benutzt hat, und das Bettlaken. Wenn irgendwas davon zu den kleinen roten Haaren in Armand Mehrabians Bart passt, sind wir im Geschäft.«
»Wann wirst du Bescheid wissen?«
»Wir machen es zu einer Eilsache, aber es wird trotzdem Tage dauern. Dennoch, es ist ein Fortschritt.«
»Gut für Stahl.«
»Ein seltsamer Typ«, sagte Milo. »Aber vielleicht unser Held.«
»Apropos Mehrabians Bart«, sagte ich, »du hast es so formuliert, als sei ihm der Mörder ins Gesicht gesprungen. Ich frage mich, ob Shull Mehrabian vielleicht geküsst hat.«
»Der Todeskuss?«
»Das Bild könnte Shull gereizt haben – indem er sich als Mafioso oder als Todesengel sah. Die sexuelle Zweideutigkeit kann vielleicht auch eine Rolle spielen. Das würde zu seinem Verhältnis zu Kevin passen.«
»Glaubst du, Kevin ist am Leben?«
»Ich würde nicht darauf wetten«, erwiderte ich. »Ob er nun Shulls Komplize war oder nicht, sobald ich anfing nach ihm zu fragen, muss Shull ihn als Belastung angesehen haben.«
»Petra sagte, niemand kann bestätigen, die beiden zusammen gesehen zu haben. Woran sie auch immer zusammengearbeitet haben, es war jedenfalls vertraulich.«
»Einer Sache bin ich mir ziemlich sicher: Shull hat Kevins Magazin finanziert und sich so eine Publikationsmöglichkeit für seine Artikel verschafft. Zehn zu eins, dass er seit Jahren versucht, in richtigen Zeitschriften gedruckt zu werden, und sich die Absagen bei ihm stapeln.«
»Kevin war sein Privatverlag«, sagte er.
»Shull hat Kevin als Strohmann benutzt, weil er jung, auf Draht und leicht zu beeindrucken war, und wenn irgendwas mit GrooveRat schief ging – was ja auch passierte –, blieb Shull die öffentliche Demütigung erspart. Direkt nach Baby Boys Ermordung hat Kevin Petra angerufen und versucht, an die blutigen Details ranzukommen. Entweder hat Shull ihn damit beauftragt – auf der Suche nach psychischen Souvenirs –, oder Kevin schöpfte Verdacht, was seinen Lehrer anging, und wollte sich Gewissheit verschaffen. In beiden Fällen wäre er in Schwierigkeiten.«
Milo runzelte die Stirn.
»Was kommt als Nächstes?«, fragte ich.
»Weiter im Text. Heute ist der zweite Tag von Shulls Überwachung. Stahl hat vor einer Stunde angerufen, und Shull hat bisher nichts anderes getan, als ein paar Stunden auf dem Campus zu verbringen, ein paar Besorgungen zu machen und nach Hause zu fahren. Noch ist er da, aber Stahl nimmt an, dass er wahrscheinlich bald aufbricht. Seine nächtlichen Streifzüge beginnt er normalerweise um diese Zeit.«
»Wo ist sein Revier?«
»Die ganze Stadt. Clubs, Bars, Restaurants. Er fährt viel durch die Gegend, ist dauernd unterwegs – was passt, diese Typen sind immer viel auf Achse. Heute Abend hat Stahl sich für alle Fälle einen anderen Wagen besorgt, einen Geländewagen von einem Autoverleih. Petra hat nichts anderes mehr zu tun, also schließt sie sich ihm vielleicht an. Eine Überwachung durch zwei Personen ist immer effektiver. Ich habe Shulls Foto den Leuten von der Galerie und Szabo und Loh gezeigt. Niemand hat ihn wiedererkannt, aber warum sollten sie auch? Er trägt die Uniform, schwarz auf schwarz, der klassische L. A.-Typ. Sein Name taucht auch nicht auf Szabos Gästeliste auf.«
»Was für eine Art Frau hat Shull denn aufgegabelt?«, fragte ich.
»Das
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