Blutnacht
dranhängen. Sie behielt ihre Geschwindigkeit bei, als ihre Windschutzscheibe heller wurde.
Ein Pick-up, dann der Cadillac.
Im Rückspiegel beobachtete sie, wie Shull zur Western weiterfuhr, an einer Kreuzung Gelb erwischte und Gas gab.
Wenige Augenblicke später flog der gemietete Bronco an ihr vorbei.
Petra wendete und folgte in sicherem Abstand.
Als sie den Cadillac wiederfanden, fuhr er auf dem Wilton nach Süden. Mäßiger Verkehr machte ihnen das Leben leichter, und sie wechselten mehrfach die Positionen: Zuerst lag der Bronco drei oder vier Wagen zurück, dann wurde Stahl langsamer, und Petras Accord nahm seine Stelle ein.
Wir tanzen, dachte sie. Intimer wollte sie mit Stahl gar nicht werden.
Shull fuhr zum Wilshire, bog nach rechts ab und setzte seine Fahrt nach Westen fort. Behielt eine ziemlich konstante Geschwindigkeit bei, ohne das Tempolimit wesentlich zu überschreiten.
Fahren zur Erholung.
Als Petra die vordere Position innehatte, kam sie nahe genug an den Cadillac heran, um festzustellen, dass seine Fensterscheiben fast schwarz getönt waren. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ein alter Mann aus Pasadena so etwas machen ließ. Shull hatte den Wagen auf seine Bedürfnisse zugeschnitten.
Der Sedan De Ville fuhr durch Beverly Hills und hielt sich an der Kreuzung Wilshire und Santa Monica rechts. Shull blieb zuerst auf dem Wilshire und nahm dann den San Vicente nach Norden, hielt sich dicht an der westlichen Grenze des Grundstücks der Veterans Administration. An dem mit weißen Kreuzen und Davidsternen übersäten Friedhof vorbei. Dann: der Brentwood-Dschungel aus Boutiquen, Bars und Cafés.
Shull bog noch einmal nach Norden auf den Bundy und dann nach links auf den Sunset ab. Jetzt gab es zu wenige Wagen als Tarnung. Stahl war vorne, und er ließ sich Zeit, bevor er hinterher fuhr. Brauchte so lange, dass Petra sicher war, sie hätten ihn aus den Augen verloren.
Sie meldete sich über Funk. »Wissen Sie, wo er ist?«
»Nee.«
Großartig.
»Aber ich kann raten«, sagte Stahl.
Er fuhr eine Zeit lang geradeaus vor ihr her, bog dann rechts ab.
Auf die Bristol. Der Schauplatz des Levitch-Mordes.
Petra befuhr die feudale Straße ganz langsam. Suchte nach dem Bronco und fand ihn einen halben Block weiter vorn mit ausgeschaltetem Licht. Sie machte ihre Scheinwerfer aus, rollte noch ein paar Meter und hielt am Bordstein.
»Ich weiß nicht, ob er hier ist«, sagte Stahl.
Und jetzt, warten wir einfach? Petra hielt den Mund. Sah sich um, bewunderte die Villen, die hohen Himalaja-Zedern, die grasbewachsenen, baumbestandenen Kreisverkehre, die den Verkehr langsamer machten und der Umgebung Charakter verliehen. Die perfekte vorstädtische Oberschicht-Szenerie. Wenn man ein siebenstelliges Einkommen hatte.
Lichter schimmerten in einigen der großen Häuser. Sie erhaschte Blicke auf Kristallkronleuchter, farbenfrohe Gemälde, Deckenfriese. Draußen: Herden eleganter Wagen aalten sich auf geräumigen Zufahrten.
Dann: Lichter in einiger Entfernung. Bewegten sich, wurden größer. Vielleicht zwei Querstraßen entfernt. Könnte jeder sein.
Es war Shull. Kam in ihre Richtung, wartete an dem Kreisverkehr. Beschrieb einen ganz langsamen Bogen und fuhr zurück nach Norden.
Zurück und vor, zurück und vor. Zog sich die Schauplätze seiner Verbrechen rein. Das hatte einen sexuellen Charakter, und sie fragte sich, ob der Idiot an sich herumspielte.
»Sollen wir näher ran?«, sagte Petra. Verärgert über sich, weil sie Stahl gefragt hatte. Sie war die Dienstältere.
Aber Stahl war derjenige, der Shulls Absichten richtig entschlüsselt hatte.
»Es ist ein Risiko«, sagte er.
»Trotzdem werde ich nachsehen, wenn er nicht innerhalb von fünf Minuten zurückkommt.«
»Okay.«
Vier Minuten später erschien der Cadillac erneut, ließ den Kreisverkehr hinter sich, fuhr weiter zum Sunset und bog schnell nach rechts ab.
Stahl schaltete seine Scheinwerfer ein. Sie folgte ihm, und beide wurden sie schneller und erblickten den Cadillac, als er nach Palisades hineinfuhr.
Zurück zum Strand? Shull hatte eine junge Frau zu einem Motel in Malibu mitgenommen, aber soweit sie wussten, hatte er nie zuvor jemanden dort umgebracht.
Soweit sie wussten.
Am Pacific Coast Highway änderte Shull erneut die Richtung, bog nach links ab – nach Süden –, weg von Malibu und auf die Lichter der Santa Monica Pier zu.
Zick und zack, hoch und runter.
Sie folgten ihm zur Ocean Avenue. Als Shull zur Colorado kam, fuhr er
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