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Blutnacht

Blutnacht

Titel: Blutnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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viel besser.«
    »Eine Frage, Ma’am: Könnten Sie mir eine Zeichnung von dieser Frau machen? Ich bin sicher, sie würde besser als alles, was unser Zeichner im Präsidium zustande brächte.«
    Barnes unterdrückte ein überraschtes Lächeln. »Ich hab eine Zeit lang nicht gezeichnet. Vor ein paar Jahren habe ich mich auf Keramik verlegt, aber klar, warum nicht? Wenn ich damit fertig bin, melde ich mich bei Ihnen.«
    »Sehr nett von Ihnen, Ma’am.«
    »Bürgerpflicht und Kunst«, sagte Barnes. »Und das auch noch gleichzeitig.«
    Als ich zurück zum Café Moghul fuhr, fragte ich: »Nimmst du das ernst?«
    »Du nicht?«
    »CoCo Barnes hat grauen Star, wer will also wissen, was sie wirklich gesehen hat. Ich glaube nach wie vor, dass der Mord von jemandem begangen wurde, der über Planungsvermögen und Intelligenz verfügt. Jemand, der geistig im Vollbesitz seiner Kräfte ist. Aber das ist nur eine Vermutung, keine Wissenschaft.«
    Er runzelte die Stirn. »Wenn ich diese Rothaarige aufspüren will, muss ich die Streifenbeamten der Viertel auftreiben, wo die Obdachlosen rumhängen, mich mit dem Sozialamt und den Behandlungszentren in Verbindung setzen. Und falls Barnes Recht damit hat, dass die Rothaarige nicht von hier ist, kann ich mich nicht auf die Westside beschränken.«
    »Ein Umstand ist positiv«, sagte ich. »Eine große rothaarige Frau ist nicht unauffällig.«
    »Angenommen, ich finde sie, was dann? Was ich habe, ist eine vermutlich psychotische Frau, die sich fünf Stunden, bevor Julie erwürgt wurde, in der Gasse an einem Müllcontainer zu schaffen machte.« Er schüttelte den Kopf. »Nehme ich das ernst? Nicht sehr.«
    Eine Querstraße später: »Auf der anderen Seite …«
    »Was?«
    »Falls ich nicht bald auf etwas anderes stoße, kann ich es mir nicht leisten, dem nicht nachzugehen.«
    Ich hielt neben der Ladezone. Ein Strafzettel wegen Falschparkens steckte zusammengefaltet unter dem Scheibenwischer seines Fords. Milo fragte: »Möchtest du Everett Kipper kennen lernen?«
    »Klar.«
    Er warf einen Blick auf den Strafzettel. »Fahr du – solange ich den Wagen miete, kann ich ihn auch stehen lassen.«
    »Wird die Stadt mir die Auslagen erstatten?«
    »Na klar. Ich werde dir ein Päckchen mit grenzenloser Dankbarkeit zustellen lassen.«
    Everett Kipper arbeitete für eine Firma namens MuniScope im zweiundzwanzigsten Stock eines Hochhauses aus Stahl und Beton an der Avenue of the Stars unmittelbar südlich von Santa Monica. Die Parkgebühren waren happig, aber Milos Abzeichen beeindruckte den Parkwächter, und ich stellte den Seville umsonst ab.
    Die Eingangshalle des Gebäudes hatte die Größe eines Stadions und wurde von einem Dutzend Aufzügen bedient. Wir fuhren in hermetischem Schweigen nach oben. Der Empfangsraum von MuniScope war eiförmig, in gebleichtem Ahornholz paneeliert, mit weichem Licht und Teppichboden ausgestattet, und ringsum standen safrangelbe Ledermodule. Milos Abzeichen löste bei der Rezeptionistin mit dem harten Gesicht und dem harten Körper Unruhe aus. Dann erholte sie sich wieder und befleißigte sich äußerster Liebenswürdigkeit.
    »Ich rufe ihn sofort, meine Herren. Kann ich Ihnen etwas zu trinken bringen? Kaffee, Tee, Sprite, Cola Light?«
    Wir lehnten ab und ließen uns in orangegelbes Leder sinken. Daunengefüllte Polster. Keine Ecken in dem ovoiden Raum. Ich kam mir vor wie ein privilegiertes ungeborenes Küken, das sich in eine teure Umgebung kuschelt.
    Milo murmelte: »Gemütlich.«
    Ich sagte: »Der Kunde soll sich wohl fühlen. Es wirkt. Ich bin bereit, mich durch die Schale zu picken und etwas zu kaufen.«
    Ein Mann in einem schwarzen Anzug tauchte hinter einer konvexen Wand auf. »Detectives? Ev Kipper.«
    Julie Kippers Ex war ein schlanker Mann mit einer kräftigen Stimme, einem graublonden Bürstenhaarschnitt und dem glatten runden Gesicht eines alternden Verbindungsstudenten. Um die vierzig, eins dreiundsiebzig, siebzig Kilo. Sein federnder Gang sprach für Gymnastik oder eine Ballettausbildung. Der Anzug war ein Modell mit vier Knöpfen, eng geschnitten, kombiniert mit einem saphirblauen Hemd, goldfarbener Krawatte, goldenen Manschettenknöpfen, goldener Armbanduhr. Seine Hände waren manikürt und glatt und verhältnismäßig groß, und als wir uns die Hand gaben, spürte ich eine kaum unterdrückte Kraft in seinem Griff. Trockene Handflächen. Klare braune Augen, die mich ansahen. Ein leichter Bronzeton in seinem Teint sprach für Sport an der frischen

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