Blutnacht
vorgeht.«
Er schob den Riegel zurück, blockierte die Tür mit einem Holzstück, das zu diesem Zweck dort lag, und wir verließen das Gebäude. Hinter einem Asphaltstreifen erhob sich eine drei Meter hohe Mauer. Ein Müllcontainer stand in der Ecke am anderen Ende.
»Was ist hinter der Mauer?«
»Der Parkplatz einer Firma für Installationsbedarf. Der Boden auf deren Seite ist höher – ungefähr einen halben Meter, aber man müsste immer noch ganz schön klettern. Und es gäbe keinen Grund für den Mörder, drüberzusteigen, weil er einfach bloß hineinzugehen braucht.« Er führte mich um die Nordseite der Galerie herum und zeigte mir eine weitere geteerte Durchfahrt, die an der Beschichtungsfabrik vorbei verlief und auf die Straße führte. Aus der Fabrik stiegen Dämpfe auf; die Luft roch unangenehm.
»Keine großartigen Sicherheitsvorkehrungen«, sagte ich.
»Warum sollte ein Haufen Künstler welche brauchen?«
Wir kehrten zu der offen gehaltenen Tür zurück, und ich sah mir das Schloss genauer an.
»Derselbe Schlüssel wie an der Vordertür?«
»Ja.«
»Ich nehme an, alle Mitglieder der Kooperative haben einen.«
»Der Zugang ist kein Geheimnis, Alex. Das Motiv ist eins. Wie gesagt, ich habe schon mit allen Mitgliedern der Kooperative gesprochen, und keiner von ihnen bringt meine Antenne auch nur minimal zum Schwingen. Vierzehn von zwanzig sind Frauen, und von den sechs Männern sind drei aus CoCos Jahrgang. Die Jungen machen ganz den Eindruck des normalen kreativen Typs mit dem Kopf in den Wolken. Wir reden hier von der Venice-Clique. Make art, not war. Keiner macht Ausflüchte. Ich hab sie natürlich trotzdem überprüft. Sie sind sauber. Ich bin so oft an der Nase herumgeführt worden, dass ich nicht glaube, es könnte nicht wieder vorkommen, aber ich empfange einfach keine ernsthaften Signale von diesem Haufen.«
Wir betraten wieder die Galerie, und ich sah mir Julie Kippers Gemälde noch einmal an.
Wunderschön.
Ich war mir nicht sicher, ob das in der Kunstwelt viel bedeutete, aber es bedeutete mir etwas, und ich spürte das Bedürfnis zu weinen.
»Wann wurde sie geschieden?«, fragte ich.
»Vor zehn Jahren. Drei Jahre, bevor sie hierher zog.«
»Wer ist ihr Exmann?«
»Ein Typ namens Everett Kipper«, sagte er. »Er war auch ein Künstler. Sie haben sich in Rhode Island kennen gelernt, aber er hat den Beruf gewechselt.«
»Sie hat seinen Namen behalten.«
»Julie hat den Leuten erzählt, dass es eine gütliche Trennung war. Und Kipper war bei der Eröffnung. Jeder, mit dem ich gesprochen habe, sagte, sie hätten gewirkt wie zwei Freunde.«
»Zu welchem Beruf hat er gewechselt?«
»Börsenmakler.«
»Von der Kunst- zur Finanzwelt«, sagte ich. »Zahlt er Unterhalt?«
»Ihre Kontoauszüge weisen monatliche Einzahlungen von zwei Riesen aus, und sie hat offensichtlich keine weiteren Einkünfte.«
»Also spart er vierundzwanzig Riesen im Jahr, wenn sie weg ist.«
»Ja, ja, wie jeder Ehemann ist er der erste Verdächtige«, sagte er. »Ich bin in einer Stunde zu einem Gespräch mit ihm verabredet.«
»Wohnt er hier in der Nähe?«
»In South Pasadena, und er arbeitet in Century City.«
»Warum hat es so lange gedauert, um an ihn ranzukommen?«
»Wir haben Nachlaufen am Telefon gespielt. Gleich als Nächstes fahre ich dort rüber.« Er befingerte den Knoten seiner Krawatte. »Sehe ich geschäftsmäßig genug für die Avenue of the Stars aus?«
»Kein Geschäft, mit dem ich was zu tun haben möchte.«
Als wir zu dem Seville zurückgingen, hielt ein alter blauer VW-Bus vor der Galerie. An der hinteren Stoßstange befand sich ein Aufkleber:
RETTET DIE FEUCHTBIOTOPE.
Darüber:
KUNST IST LEBEN.
Eine winzige weißhaarige Frau saß auf dem Fahrersitz. Ein gelbbrauner Hund auf dem Beifahrersitz starrte auf die Windschutzscheibe.
Die Frau winkte. »Hallo, Detective!«, rief sie, und wir näherten uns dem Wagen.
»Ms. Barnes«, sagte Milo. »Was liegt an?« Er stellte mich CoCo Barnes vor, und sie ergriff meine Hand mit etwas, das sich wie eine Spatzenkralle anfühlte.
»Ich hab nur vorbeigeschaut, um festzustellen, ob Sie gut reingekommen sind.« Ms. Barnes warf einen Blick auf die Vorderseite der Galerie. Der Hund blieb mit stumpfen Augen, aber zusammengebissenen Zähnen an seinem Platz. Ein großer Hund mit einer graubärtigen Schnauze. Laubpartikel hingen in seinem Fell.
Ich riskierte ihn zu streicheln. Er leckte mir die Hand.
Milo sagte: »Wir sind prima
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