Blutnächte - 2
an.
„Genau das Richtige für heute Abend“, entschied sie. Es wirkte sexy, obwohl es kaum Haut zeigte. Daher schlüpfte sie in den Stoff und zog ihn über ihre rotleuchtende Spitzenunterwäsche. Nur mit dem Reißverschluss hatte sie Schwierigkeiten. Er befand sich am Rücken, zog sich vom Po bis hinauf in den Nacken. Sie verdrehte sich den Arm und musste selbst über die alberne Verrenkung lachen, die ihr Spiegelbild zeigte. Nach einem kurzweiligen Kampf war es jedoch vollbracht. Der Overall schmiegte sich perfekt an ihre schlanke Figur. Isabella betrachtete sich ausgiebig im Spiegel.
Sie gefiel sich.
Sie zwinkerte sich selbst zu, ehe sie noch etwas Rouge und Lippenstift auflegte.
„Das genügt.“
Mit einem tiefen Atemzug wandte sie sich ab. Sie griff nach einer kurzen, taillierten Jacke – ebenfalls schwarz – und schlüpfte in ein Paar hochhackige Schuhe.
So kurz vor der Umsetzung ihres Vorhabens wurde ihr nun doch etwas mulmig zumute. Ihre Knie fühlten sich weich an. Es gelang ihr kaum, mit den Pfennigabsätzen einen festen Stand zu finden. Sie lehnte sich kurz mit einer Hand gegen die Wand. Vielleicht hätte sie Louisa bitten sollen, mit ihr zu gehen. Allerdings konnte sich Isabella nur allzu lebhaft vorstellen, wie ihre Freundin auf diesen Vorschlag reagiert hätte.
Bist du verrückt geworden? Ich? Auf Vampirjagd? Genau das hätte Louisa gesagt, daraufhin eine Schnute gezogen und Isabella für den Rest des Tages keines Blickes mehr gewürdigt.
Bei dem Gedanken daran musste sie unwillkürlich lachen. Es half ihr, sich endgültig aufzuraffen und die Wohnung zu verlassen. Was sollte denn schon geschehen?
Als sie auf die Straße trat, holte sie aus ihrer Handtasche einen Zettel mit einer Skizze hervor, die den Weg zu einem abgelegenen Winkel von Brüssel zeigte. Dort sollte sich das Heim der Vampire befinden. Ein edler Nachtclub – der „Club Noir“. Alice – eine Kommilitonin – hatte ihr die Beschreibung gegeben. Sie hielt sich des Öfteren in dieser mysteriösen Lokalität auf und schwärmte immer wieder von den vielen gutaussehenden Männern dort. Nach den Worten von Alice sollte es die High Society Brüssels sein. In der Klatschpresse war hingegen nie etwas über einen derartigen Club zu lesen.
Auf der letzten ausschweifenden Studentenfeier hatte Alice schließlich in betrunkenem Zustand von Vampiren erzählt. Niemand hatte sie ernst genommen. Bis auf Isabella. Und nun würde sie herausfinden, was sich hinter den wirren Erzählungen ihrer Kommilitonin verbarg.
~~~
„Wohin gehst du mit mir?“, säuselte Chantal an Pierres Ohr. Ihr stand nicht der Sinn nach einer Entdeckungstour. Viel lieber wollte sie sich amüsieren. Mit ihm. Voller Euphorie schlang sie die Arme um seinen Oberkörper und presste sich fest gegen seine Brust, um seine harten Muskeln ganz deutlich zu spüren.
Pierre befreite sich aus ihrer Umklammerung. Er schob sie von sich fort, hielt ihre Arme mit beiden Händen fest und sah sie eindringlich an.
„Ich habe doch versprochen, dir die alte Ritual-Stätte der Vampire zu zeigen.“
Chantal stockte der Atem. „Es gibt sie wirklich?“ Ihre Augen weiteten sich.
„Sicher.“ Er lächelte düster. „Es gab sie schon die ganze Zeit. Aber leider hat unser verehrter Andrew immer wieder verhindert, dass wir sie aufsuchen. Über die Jahrhunderte hat er es sogar geschafft, uns seine Zuneigung für die Menschen aufzuzwingen. Er hat uns unserer wahren Natur beraubt.“
„Wie konnte ihm das nur gelingen?“ Chantal dürstete nach Pierres Berührungen. Seinen Küssen. Sie wollte nicht verstehen, wovon er da gerade sprach.
„Wir sind Sklaven seiner Macht geworden!“ Mit einer ruckartigen, weit ausholenden Geste schleuderte er Chantal ungewollt heftig von sich. Sie stolperte, fing sich aber schon im nächsten Moment an einer der Steinwände ab. Wütend schüttelte sie sich das kinnlange schwarze Haar aus dem Gesicht. Ihre dunklen Augen glühten gefährlich auf.
„Ich bin niemandes Sklavin!“, fauchte sie. „Nicht deine – und nicht Andrews!“
Lachend warf Pierre den Kopf in den Nacken. Seine Züge verwandelten sich in die eines Wahnsinnigen. Er musste etwas Grausames im Schilde führen. Dessen war sich Chantal sicher.
„Wir alle sollten aufhören, Sklaven zu sein.“ Ein merkwürdiges Vibrieren mischte sich in seine Stimme. Es erfüllte den kühlen, feuchten Kellergang und schien von jeder Wand widerzuhallen.
„Wir sollten die alten Zeiten erneut auferstehen
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