Blutnebel
davonzu… ins Motel zu fahren«, erklärte er, »dann warte kurz, bis ich mich angezogen habe. Ich fahre dich.«
»Mist. Jetzt habe ich Schuldgefühle.«
»Das will ich schwer hoffen«, erwiderte er und sammelte seine Kleider vom Küchenboden auf. Es war unwahrscheinlich, dass Schuldgefühle die vorrangige Emotion waren, die in ihr herrschte. Er tippte eher auf Panik.
Die Art von Panik, die eine Person wie Ramsey empfinden musste, wenn sie jemanden zu schnell zu nah an sich heranließ. Dass er das begriff, machte es fast ein wenig leichter zuzulassen, dass die Nacht so endete.
Aber nur fast.
16. Kapitel
Matthews schlenderte mit unübersehbar missmutiger Miene neben Ramsey auf den Eingang des 24 Hour Fitness zu. »Warum spielen Sie eigentlich den bösen Cop?«
»Weil ich nicht spiele.«
»Außerdem sind Sie kein Cop. Nicht mehr.«
Mit dem Fuß auf der ersten Stufe hielt sie inne und sah ihn an. »Wenn Sie ein Problem mit der Strategie haben, müssen Sie das mit Powell ausdiskutieren. Er hat es so vorgesehen.« Sie kramte ihr Handy heraus und reichte es ihm.
Er warf einen Blick darauf und wandte sich ab. »Ich bin doch derjenige, der sich ein Bein dabei ausgerissen hat, im ganzen Bundesstaat herumzurennen und alle möglichen Leute zu befragen.«
Als er keine Anstalten machte, das Handy zu nehmen, steckte sie es wieder ein. Seine Beschwerde war berechtigt, also nickte sie. »Aber das hat zur Folge, dass Sie die Befragten jetzt schon alle kennen. Es ist besser, jemand Fremden mit reinzubringen, jemanden, zu dem Sanders keinen Bezug hat, wenn wir ihn mit dem konfrontieren, was wir haben.«
»Ja, schon. Aber trotzdem …«
»Ich habe in Ihrer Abwesenheit auch nicht gerade Urlaub auf den jamaikanischen Inseln gemacht.« Sie ging weiter die Treppe hinauf.
»Jamaika ist eine Insel. Ich glaube nicht, dass es noch weitere gibt.«
»Wie auch immer. Sanders hat in Bezug auf die ganze Geschichte einfach frech gelogen.« Was im Grunde niemanden überraschte, nachdem er schon zu lügen begonnen hatte, als er noch mit Cassie Frost verlobt gewesen war. Ramsey musterte den TBI-Agenten, während sie bereits eine Hand auf dem Türgriff hatte. »Also lassen Sie uns den Kerl auseinandernehmen.«
Quinn Sanders hatte durchdringende blaue Augen und dichtes hellbraunes Haar, von dem Leanne sich garantiert magisch angezogen gefühlt hätte, und einen Körper, der eine wandelnde Reklame für sein Fitnessstudio abgab. Er trug ein enges, ärmelloses Muskelshirt und Shorts und hatte ein unerschöpfliches Lächeln sowie eine unverkennbare Nervosität am Leib, die sich jedes Mal zeigte, wenn er in Ramseys lächelfreie Zone blickte.
Sie roch die Angst des Mannes geradezu. Und bestimmt gab es einen Grund dafür.
Nachdem die üblichen Höflichkeiten abgewickelt waren, breitete Sanders die Hände aus. »Ich muss gestehen, dass es mich wundert, Sie wiederzusehen, Agent Matthews. Ich habe Ihnen alles gesagt, als wir uns letztes Mal gesprochen haben. Es sei denn …« Er verstummte und überließ es damit einem von ihnen, den gesprächstechnischen Schachzug zu parieren. Als es keiner von beiden tat, fuhr er fort: »Hat sich in Cassies Fall etwas Neues ergeben?« Er sah mit hoffnungsvoller Miene vom einen zum anderen. »Haben Sie ihren Mörder gefasst?«
»Leider nein, Mr Sanders.« Matthews schlug genau den richtigen Ton an. Professionell. Höflich. Mit exakt dem richtigen Maß an Freundlichkeit. »Es haben sich ein paar neue Fragen ergeben. Ich dachte, es wäre leichter, sie gleich zu klären, ehe ich wieder nach Buffalo Springs zurückfahre.«
Ramsey erhob sich von ihrem Stuhl, während die beiden sprachen. Sie schlenderte durch das Büro und blieb vor einer gerahmten Urkunde stehen, die bestätigte, dass Quinn Sanders an der Universität von Tennessee einen Abschluss in Sportwissenschaft gemacht hatte. Seit wann galt Sport als Wissenschaft? Sie schüttelte den Kopf und sah Sanders über die Schulter an. »Den Laden hier gibt es jetzt … wie lange? Zwei Jahre?«
»Sechsundzwanzig Monate.« Er setzte ein jungenhaftes Grinsen auf, dem sie auf der Stelle misstraute. »Ich habe meine ganzen Ersparnisse reingesteckt und mir bis jetzt noch nicht mal ein Gehalt ausgezahlt. Aber so langsam beginnt es sich zu lohnen. Es läuft ehrlich gesagt von Monat zu Monat besser.«
Sie erwiderte sein Lächeln nicht. »Hat Cassie Frost auch Geld in den Laden investiert?«
»Cassie?« Er blickte verblüfft drein. »Nein, natürlich nicht. Sie hatte
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