Blutnebel
hielt kurz inne. »Das sind aber viele Krawatten.«
Sanders warf einen hilfesuchenden Blick in Matthews’ Richtung, doch dieser sah ihn nur ausdruckslos an. »Ich konnte nicht zugeben, dass ich mit ihr gesprochen hatte«, jammerte er. »Wenn Sarah erfahren hätte, dass ich noch Kontakt zu Cassie hatte, wäre der Teufel los gewesen.«
»Was ist passiert, Quinn?«, fragte Ramsey giftig. »Konnten Sie sich doch nicht entscheiden, welche Schwester Sie eigentlich wollten? Oder hat der Jagdtrieb plötzlich nachgelassen, als sich Cassie aus der Dreierkonstellation ausgeklinkt hat?«
»Ja – nein!« Der Mann sank tief in seinen Schreibtischstuhl. »Ich meine, ich dachte, ich will Sarah. Aber dann … musste ich ständig an Cassie denken, wissen Sie? Und an all das, was wir einander bedeutet haben.«
»Und dann haben Sie gedacht, dass es vielleicht ein Fehler war, mit ihr Schluss zu machen. Sarah drängt Sie, sie zu heiraten, und Sie kommen ins Grübeln und fragen sich, hey, will ich das eigentlich wirklich?« Das Mitgefühl war in Matthews’ Stimme zurückgekehrt. »Das ist verständlich.«
»Und vielleicht wollte Cassie Sie benutzen, um sich an ihrer Schwester zu rächen.«
»Nein.« Sanders sah Ramsey voller Abneigung an. »Vielleicht haben wir anfangs noch darüber geredet, uns wieder zusammenzutun, aber als ich nicht sofort mit Sarah Schluss gemacht habe, wollte Cassie nichts mehr davon hören. Es war einfach … sie hat mir gefehlt, verstehen Sie?« Er zog die Schultern hoch und schaffte es, kreuzunglücklich zu wirken. »Und ich glaube, ich habe ihr auch gefehlt. Oder zumindest hat es ihr gefehlt, jemanden, den sie kannte, zum Reden zu haben. Also haben wir geredet, weiter nichts. Ganz unschuldig.«
»So unschuldig, dass Sie sie von dieser Nummer aus angerufen haben statt von Ihrem Mobiltelefon, damit Ihre momentane Verlobte nichts davon erfährt.«
Sanders schluckte schwer. »Sie hätte es nicht verstanden.«
Ramsey grinste raubtierhaft. »Sehen Sie, ich glaube, da unterschätzen Sie Sarah. Ich wette, sie hätte es ganz genau verstanden.«
»Begreifen Sie doch, wie es nach außen wirkt, Quinn.« Nun war wieder Matthews an der Reihe, den Mann zu bearbeiten. Mit einschmeichelnder Stimme sprach er weiter. »Wenn es noch mehr gibt, was Sie uns nicht gesagt haben, dann ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um reinen Tisch zu machen. Je mehr Sie zu verbergen suchen, desto schlimmer wirkt es sich auf lange Sicht für Sie aus.«
Sanders sackte auf seinem Schreibtischstuhl zusammen und rieb sich mit einer Hand die Augen. »Ich weiß schon, dass das einen schlechten Eindruck macht, aber Sie müssen mir glauben. Einer der Gründe, warum wir weiter in Kontakt standen, war, dass sie Angst hatte. Sie dachte, jemand stellt ihr nach.«
Ramsey konnte sich ein verächtliches Schnauben nicht verkneifen. Der jüngere Mann hob den Kopf und funkelte sie böse an. »Ich wusste ja, dass Sie mir das nicht abnehmen würden, aber es ist wahr. Und sie war wirklich in Panik deswegen.«
»Da gibt es nur zwei Probleme, Quinn.« Ramsey zog sich mit dem Fuß einen einfachen Holzstuhl heran und setzte sich. »Das eine ist, dass Sie diesen mysteriösen Stalker erst jetzt erwähnen, wo Ihnen das Wasser bis zum Hals steht. Und das andere ist, dass niemand von Cassies Bekannten in Kordoba Ihre Geschichte bestätigen kann. Dort hat sie nie jemandem gegenüber erwähnt, dass sie Angst hatte.«
»Aber in Lisbon hat sie es gesagt.« Nun rang er darum, dass die beiden ihm glaubten. »Ich konnte es nicht früher erwähnen, weil ich dann ja hätte zugeben müssen, dass wir noch Kontakt hatten. Nach unserer Trennung ist sie von hier nach Lisbon gezogen. Und als sie etwa einen Monat dort gewohnt hat, hat sie erzählt, dass ein Typ in einem Lokal versucht hat, sie abzuschleppen. Sie hat ihm einen Korb gegeben, aber anscheinend danach immer wieder zu unterschiedlichen Tageszeiten gesehen, wie er sie beobachtet hat. Und nachdem sie zwei Monate dort gewohnt hatte, ist sie eines Morgens aufgewacht, als jemand versucht hat, durch ihr Schlafzimmerfenster einzudringen.«
Heftige Wut wallte in Ramsey auf. »Praktisch, dass Ihr Gedächtnis gerade dann wieder in die Gänge kommt, wenn wir Sie bei einem Haufen Lügen erwischt haben.«
»Ich hab es Ihnen nicht früher gesagt, weil sie mir nichts erzählt hat, was Ihnen weiterhilft, verstehen Sie? Und wenn Sarah erfahren hätte, dass wir telefoniert haben …«
»Ja, das haben Sie schon gesagt. Sie hätte es
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