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Blutnebel

Blutnebel

Titel: Blutnebel Kostenlos Bücher Online Lesen
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geilen Ständer bekommen.
    Ezra T. kannte sich mit Poposex aus. Den kriegte man, wenn man unartig gewesen war oder was Verkehrtes gemacht hatte. Er und ein paar von den anderen Jungs in dem Heim in Memphis waren manchmal unartig gewesen. Und wenn er unartig gewesen war, schlich sich einer der Mitarbeiter, Tommy Lee, spätnachts in sein Zimmer. Dann stülpte er ihm ein Kissen über den Kopf und tat ihm weh und flüsterte dabei die ganze Zeit, dass es unartigen Jungs eben genau so erginge. Echt wahr. Und es würde ihm noch viel, viel schlimmer ergehen, wenn er jemals jemandem davon erzählte.
    Er hatte es nie erzählt. Aber als er größer wurde, ließ ihn Tommy Lee allmählich in Frieden, auch wenn Ezra T. sehr unartig gewesen war. Und einmal, als er zufällig sah, wie der Kerl direkt an der großen Treppe, die in ihr Stockwerk führte, den Fußboden putzte, hatte Ezra T. blitzschnell hingelangt und Tommy Lee einen festen Stoß versetzt. Dann hatte er zugeschaut, wie er bis ganz nach unten die Treppe runtergepurzelt war. Hinterher hatten alle gesagt, dass irgendwas Tommy Lee aufs Herz geschlagen sein musste und er deshalb gestorben war. Aber Ezra T. wusste es besser. Denn so erging es einem, wenn man unartig war. Echt wahr.
    Er schlich sich näher heran, so leise wie ein Fuchs, der sich an ein Kaninchen ranpirscht. Der Mann würde ihn nicht hören. Ezra T. konnte jedes der Tiere im Wald nachmachen. Ihre Rufe. Und wie sie sich bewegten, ganz leise und schnell. Er war schnell, wenn auch nicht so schnell wie ein Reh oder ein Kaninchen. Aber schneller als die Jungs, die ihn manchmal jagten, Steine nach ihm warfen und ihm Schimpfwörter nachriefen. Die Jungs wussten nicht, wie es ihnen ergehen konnte, wenn sie unartig waren.
    Der Mann hatte irgendein Licht aufgestellt. Das war dumm. Tote brauchten keine Lichter. Und jetzt holte er einen Haufen Zeugs aus irgendwelchen Taschen und schaltete es mit Klicken und Summen an. Ezra T. hatte die Sachen schon mal gesehen. Drunten am Ashton’s Pond.
    Den Mann hatte er dort auch gesehen. Stryker, hatte Duane gesagt, würde er heißen, als ihm Ezra davon erzählte. Meinte, der Mann würde Geister und Kobolde und so was jagen.
    Das war doch auch dumm. Ezra T. hätte ihm sagen können, dass tot tot war. Er hatte ja schließlich schon Tote gesehen, oder? Er musste es wissen.
    Als ihm langweilig wurde, schaute er zurück zu dem Zaun, über den er geklettert war, um auf den Friedhof zu kommen. Er könnte wieder nach Hause gehen. Oder in den Wald.
    Er erschauerte leicht. Aber zu Hause würden Mary und Duane wieder dieses stinkende Zeug rauchen und ihn anbrüllen, dass er abhauen sollte. Und im Wald … er duckte sich hinter einen Grabstein, schlang die Arme um seinen Leib und wiegte sich ein bisschen. Er wollte die Schreie nicht noch mal hören. Es wurde immer schwerer zu unterscheiden, ob sie in seinem Kopf waren oder von tief aus dem Wald kamen.
    Das Einzige, was er sicher wusste, war, dass die Frau, die sie gefunden hatten – die Frau im Teich –, sehr, sehr unartig gewesen war.
    Echt wahr.

10. Kapitel
    Hätte sich Dev nicht am Nachmittag die Zeit genommen, einen Plan des Friedhofs zu konsultieren, hätte er wohl stundenlang herumirren und mit der Taschenlampe Grabsteine anleuchten müssen, um den richtigen zu finden. Doch so hatte er wenig Mühe, die ersten, die ihn interessierten und die im ältesten Teil des Geländes standen, ausfindig zu machen.
    Er trug eine Stirnlampe über seiner Kappe, um die Hände frei zu haben, und beleuchtete damit den fraglichen Grabstein. Trotz ihrer gewaltsamen Trennung ruhten Harold Bean und seine Frau Wilma bis in alle Ewigkeit Seite an Seite und teilten sich einen Grabstein. Dev ging in die Hocke, um die verblasste Inschrift zu lesen, und registrierte erstaunt, dass das Paar jünger gewesen war als er, als sie umgekommen waren. Wilma war – er überschlug es rasch im Kopf – zweiundzwanzig und ihr Mann acht Jahre älter gewesen. Kinder hatten sie keine gehabt.
    Er sammelte das Elektrofeldmeter und den Temperatursensor auf. Keines der Geräte hatte am Grab irgendetwas Ungewöhnliches registriert, deshalb wollte er nun ein bisschen herumgehen und sehen, ob es irgendwo einen Ausschlag gab.
    Nachdem die Beans die ersten Opfer gewesen waren, die man mit dem roten Nebel in Verbindung gebracht hatte, waren sie ihm als naheliegendster Ausgangspunkt erschienen. Doch im Lauf der Nacht würde er am Grab jedes Opfers, das Donnelle erwähnt hatte, Messungen

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