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Blutnebel

Blutnebel

Titel: Blutnebel Kostenlos Bücher Online Lesen
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Stirnlampe an Devs Kappe die Hand vor die Augen hielt. »Stryker.« Irgendwie hatte er es schon immer geschafft, den Namen wie einen Fluch klingen zu lassen. »Was schleichst du denn mitten in der Nacht hier herum? Anständige Menschen schlafen zu dieser Zeit, statt dass sie die Gräber der Angehörigen anderer Leute schänden.«
    »Es wird Sie freuen zu erfahren, dass ich nur jeden dritten Mittwoch im Monat Gräber schände. Fürs Erste sind die Toten also in Sicherheit.« Dev wich einen Schritt zur Seite, um nicht auf die nächstgelegene Grabstelle zu treten, während er ein bisschen Distanz zwischen sich und dem Reverend schuf. Biggers verfügte über die missmutige Ausstrahlung eines Erweckungspriesters auf einem Atheistentreffen und hatte in Devs Erinnerung seit jeher ein bisschen nach Schwefel gerochen.
    Der Mann glotzte argwöhnisch auf die Instrumente in Devs Händen. »Du willst doch wohl nicht etwa diesen geheiligten Grund durch deinen Geisterjäger-Firlefanz entweihen. Das ist ja abscheulich, Stryker. Ich verlange, dass du sofort verschwindest.«
    »In etwa einer Stunde bin ich fertig.«
    »Auf. Der. Stelle!« Die Stimme des Mannes bebte mit der gleichen Inbrunst, die er sich sonst für die Kanzel vorbehielt. Doch seine Glut verpuffte an Dev.
    »Es ist doch so, Reverend«, begann Dev gelassen. »Sie haben gar nicht das Recht, mich vom Gelände zu verweisen. Der Friedhof ist nämlich nicht Eigentum der Kirche, sondern des County. Ich besitze die Erlaubnis, mich hier aufzuhalten, übrigens ganz im Gegensatz zu Ihnen. Also theoretisch …« Er hielt einen Moment lang inne, um die Ader zu betrachten, die auf der hervorstehenden Stirn des Mannes zu pochen begonnen hatte. »Theoretisch sind eigentlich Sie derjenige, der kein Recht dazu hat, sich jetzt hier aufzuhalten, nicht ich.«
    »Recht? Recht?« Das sonst so fahle Gesicht des Mannes wurde puterrot. »Meine Stellung verleiht mir das Recht. Gott selbst verleiht mir das Recht.«
    »Ein mächtiger Freund, doch in diesem Fall muss er sich dem Sheriff geschlagen geben. Ich gehe, wenn ich hier fertig bin, und keine Minute früher.«
    Der Mann stemmte die unförmigen Pratzen in die Seiten. »Ich muss sagen, deine impertinente Missachtung einfacher Anstandsregeln erstaunt mich nicht. Angesichts deiner Abstammung.«
    Der Drang, dem Mann einen Fausthieb zu versetzen, rührte nicht von seinen Worten her. Nein, die Versuchung entstand aus Devs plötzlicher lebhafter Erinnerung an ein Sommer-Bibelcamp, als er etwa zehn Jahre alt gewesen war. Die Kirchen am Ort schlossen sich zusammen, wenn es darum ging, die Seelen der einheimischen Jugend vor dem Teufel zu retten, der sich ihrer gewiss bemächtigen würde, wenn sie zu viel Freizeit hatten. In diesem speziellen Sommer war es an Biggers gewesen, die Veranstaltungen zu leiten. Eines Tages hatte er eine besonders leidenschaftliche Predigt über die Sünde gehalten und der widerspenstigen Schar mit festem Blick auf Dev eingebläut, dass Mörder bis in alle Ewigkeit in der Hölle schmorten.
    Es war das letzte Mal gewesen, dass sein Großvater von ihm verlangt hatte, in die Bibelschule zu gehen.
    »Sie haben mit Ihrer christlichen Einstellung bestimmt schon viele Seelen gerettet«, sagte Dev verkrampft. Da es ihm klüger erschien, sich zu entfernen, ging er ein paar Schritte davon. »Wenn Ihre Toleranz so ausgeprägt wäre wie Ihre Selbstgerechtigkeit, wäre auch Ihre Frau nicht vor ein paar Jahren mit dem Eismann durchgebrannt.« Ein Tiefschlag, doch Dev hatte nichts gegen unlautere Methoden beim Kampf gegen Fieslinge, vor allem gegen selbst ernannte Moralprediger.
    »Du bist dem Verderben geweiht, Devlin Stryker«, donnerte der Reverend hinter ihm. »Du wirst für deine gottlosen Taten in der Hölle schmoren.«
    »Dann sehen wir uns ja dort wieder. Aber bis dahin verstoßen Sie gegen die Gemeindeordnung, indem Sie sich bei Nacht hier aufhalten. Ich rate Ihnen, sich zu verziehen, ehe ich dem Sheriff Bescheid sage.«
    »Wir haben ein paar Fußspuren, die nicht zu den Schuhen der Jugendlichen passen. Hier.« Powell tippte auf ein Foto unter der vor ihnen ausgebreiteten Auswahl. »Und hier.«
    Ramsey kniff die Augen zusammen und studierte die Fotos. Die meisten der Jugendlichen hatten Sneakers getragen, die heutzutage einfach zur Standarduniform junger Leute gehörten. Nur Robbie Joe hatte Stiefel angehabt. Und nach den Fotos zu urteilen, auch noch jemand anders.
    Sie schnappte sich das Vergrößerungsglas einen

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