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Blutnebel

Blutnebel

Titel: Blutnebel Kostenlos Bücher Online Lesen
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zu verurteilen?« Es hätte mehr als gereicht, sagte sie sich, vor fast dreißig Jahren in einer kleinen Stadt im tiefen Süden, die ihren ersten gewaltsamen Todesfall seit Jahren erlebte. Vor allem, da die lokale Legende gewiss noch dazu beitrug, die Sache hochkochen zu lassen.
    »Das und die Tatsache, dass er sich an nichts erinnern konnte, was zu seiner Entlastung beigetragen hätte. Er hat gesagt, er könne sich an nichts erinnern, seit er mit seinem besten Freund Lon Chelsey im Suds ein Bier getrunken habe und anschließend zu Jessalyn aufgebrochen sei. Ab da hören die Fakten auf, und der Tratsch tritt in den Vordergrund. Die Leute glaubten, er hätte Jessalyn zur Rede gestellt, sei von ihr deswegen kräftig abgekanzelt worden und hätte sich dann irgendwo Mut angetrunken. Dabei soll er so viel getankt haben, dass er einen Höllenzorn bekam und dann erneut bei Jessalyn auftauchte. Diesmal mit anderem Ausgang.«
    »Aber es stand nichts im Polizeibericht, was diese Variante gestützt hätte, oder? Aussagen von Personen, die ihn in der fraglichen Zeit gesehen haben? Irgendjemand, der ihm das Bier verkauft hat? Nachbarn, die ihn haben wiederkommen sehen? Oder die etwas gehört haben?« Sie unterbrach sich, als sie sah, wie sich sein Mund zu einem Lächeln verzog. »Was?«
    »Nichts. Nur … dass Sie denken wie ein Cop.«
    »Wie soll ich denn sonst denken – wie eine Zirkusakrobatin vielleicht?« Es wäre interessant zu ergründen, ob der Polizeibericht noch existierte. Und den Lauf der Ermittlungen zu verfolgen und eigene Schlüsse aus deren Ergebnissen zu ziehen. »Und Ihr Vater ist im Gefängnis getötet worden?«
    »Nach drei Wochen im Bau ist er bei Krawallen mit einem Klappmesser erstochen worden. Da war meine Mutter schon mit mir zu ihren Großeltern nach Knoxville gezogen.«
    Ramsey hatte einen Kloß im Hals und versuchte ihn mit einem Schluck Bier zu bekämpfen. »Das war sicher hart für Sie.«
    »Für meine Mutter war es härter, glaub ich. Jedenfalls hat sie schnell einen neuen Mann gefunden. Später hat es sich als gute Idee erwiesen, uns beide jedes Jahr zumindest den Sommer über zu trennen, und so hat sie mich immer zu meinem Großvater geschickt.«
    Sie sann bereits über etwas nach, was er zuvor gesagt hatte. »Das sind aber nur zwei Todesfälle. Ihr Vater und Jessalyn, meine ich.«
    »Ich dachte mir schon, dass Sie darauf zu sprechen kommen. Etwa acht Monate später haben ein paar Jungs die Schule geschwänzt und sich auf der Suche nach Kiefernnattern am Ashton’s Pond herumgetrieben. Als sie etwas im Gebüsch liegen sahen, haben sie weiter nachgeforscht und menschliche Haare gefunden. Es hat vier Tage gedauert, doch schließlich haben Onkel Richard und seine Deputys die Leiche, die zu den Haaren gehörte, aus dem Wasser gefischt. Soweit sie sie identifizieren konnten, war es Sally Ann Porter.«
    Ramseys Instinkt meldete sich. »Wieder Ashton’s Pond.«
    Er schüttelte den Kopf. »Es war ganz anders als diesmal. Nachdem sich die Fische so lange an der Leiche gütlich getan hatten, war kaum etwas übrig, was man obduzieren konnte. Man kam zu dem Schluss, dass sie am Teich gewesen ist und Drogen genommen hat, um Abstand zu Jessalyn zu gewinnen, und dann hineingefallen ist. Zu vollgepumpt mit Drogen, um ans Ufer zu schwimmen und sich zu retten.«
    Denkbar. An jedem Teich oder See gab es im Zeitraum von dreißig Jahren ein oder zwei Todesfälle. Doch nun war Ramsey entschlossener denn je, sich die alten Akten anzusehen, falls sie noch existierten.
    Jede Stadt besaß ihr eigenes Maß an Tragödien, unabhängig von ihrer Größe. Doch wie Leanne erwähnt hatte, gab es hier in Buffalo Springs eindeutig ein Muster. Und sie war mehr und mehr daran interessiert herauszufinden, ob es einen greifbaren Zusammenhang zwischen den Todesfällen gab, von denen sie gehört hatte. Keiner, der auf Geistern und rotem Nebel und diesem ganzen Quatsch beruhte, sondern einer, der die Schuld für jeden Todesfall dort ansiedelte, wo sie hingehörte – zu Füßen eines Menschen.
    Und vor drei Jahrzehnten war dieser Mensch Devs Vater gewesen.
    Geistesabwesend fuhr sie mit dem Finger unter das Etikett auf der Flasche, um es zu lösen, wobei sie Dev ernst musterte. »Ich kann gut verstehen, dass Sie Fragen haben. Aber ich verstehe nicht, inwiefern eine Rückkehr mit diesem ganzen Zeug« – sie nickte zu dem Stapel mit seiner Ausrüstung hinüber – »Ihnen zu neuen Informationen darüber verhelfen kann, was mit Ihrem Vater

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