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Blutorangen

Blutorangen

Titel: Blutorangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Ayres
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hier.«
    »Das Heck war dort«, sagte Joe. »Du meinst, der Wagen war in Richtung Straße geparkt.«
    Emilio nickte. »Ich sah es Viertel nach Zwölf. Wagen war hier Viertel nach Zwölf.«
    »Er war um Viertel nach Zwölf hier und kam zurück?« fragte Joe.
    »Nein. Ich sah ihn Viertel nach Zwölf auch. Er hier für lange Zeit, lange Zeit. Darum sage ich, Oh! Er fährt weg.«
    Und er machte ein zischendes Geräusch in die Luft mit seiner zum Trichter geformten Hand.
    Joe und ich sahen uns an. Ich sagte: »Der Wagen war lange Zeit hier, eine Dreiviertelstunde. Dann entschließen sie sich, hier abzuhauen? Warum die Eile, wenn sie schon eine Dreiviertelstunde hier waren? Ich weiß nicht, Joe. Wir haben nichts in der Hand, glaube ich. Schall und Rauch.«
    Joe fragte Emilio, wann er arbeitete. Er sagte, daß vielleicht noch jemand anders mit ihm sprechen müsse und ob das okay sei. Oh ja, sagte Emilio und versicherte Joe das mit einem großen Lachen, und dann gab er uns seine Privatadresse, die wahrscheinlich auch die Adresse von sechzehn anderen illegalen Einwanderern war. Oder sie war vielleicht falsch oder übermorgen nicht mehr gültig. »Und wie alt bist du, Emilio?« fragte ich und schrieb es nieder.
    »Neunzehn«, sagte er.
    Ich stand noch am Parkplatz von Dwyer’s Kwik Stop, als Joe wegging, um mit zwei anderen unserer Leute zu reden, die gerade angekommen waren — Billy K. und der Neuling vermutlich. Ich stellte mir vor, wie Billy K. Joe erklärte, warum er die Tatortversiegelung verletzt hatte, indem er die Toilette benutzte. Und dann fiel mir etwas anderes ein und mein Magen drehte sich langsam um. Ich dachte, wenn Emilio den Wagen durch die durchtrennte Hecke sehen konnte, wenn dort vorne und da hinten war, dann bedeutete das, daß der Wagen Nase an Nase mit meinem gestanden haben mußte, und die Fahrerseite zum Laden zeigte. Wenn der Wagen also scharf und schnell auf die Straße gefahren war, dann hätte das kleine Messingteil theoretisch herausfallen, auf den Asphalt prallen und dann ins Gras fallen können.
    Joe kam die Einfahrt hoch. Die Sonne schien auf sein blaßrosa Hemd und seinen braunen Woll ....
    »Joe«, sagte ich. »Du wirst mich hassen.«
    »Erzähl’ mir mal was Neues«, sagte er mit einem Lächeln in den Augen.
    Plötzlich schwitzte ich in meiner Lederjacke und dachte daran, wie blöde ich mich gestern Abend Joe gegenüber verhalten hatte. Ich dachte mit Schrecken daran, daß das Messingteil in meiner Schublade lag, und nicht in der Asservatenkammer, und daß ein wichtiges Beweisstück nicht ordnungsgemäß verwahrt wurde. Dummheit ist ein zweischneidiges Schwert.
    Ich sagte: »Ich glaube, ich habe etwas für dich.«
     

Angeschrien zu werden ist für mich immer schlimmer, als es sein sollte. Ich mache Mist und bin dann überrascht, wenn die Folgen anders sind als ich es erwartet hatte. Ich bin auch nicht naiv, also wo ist das Problem? Vielleicht liegt es einfach daran, daß ich krankhaft an meinen guten Absichten festhalte. Weil ich es gut meine.
    Joe raunzte statt zu schreien. Hier, sagte er, hier ist die Nummer meines Rechtsanwalts. Er schrieb sie mit schwarzem Stift auf die Rückseite seiner Visitenkarte, während ich neben ihm stand. »Sag’ ihm, er kann die Reise nach Cancún machen.« Ich sah ihn an, verstand aber nicht, was er meinte. »Sobald er deinen Arzt verklagt hat, weil er dir das Gehirn herausgenommen hat.«
    Das war nicht nett. Überhaupt nicht nett. Andere haben mir schon gesagt, daß Joe sarkastisch sein konnte — aber in meiner dreijährigen Arbeit mit ihm hatte ich es noch nicht erlebt. Vielleicht hatte ich nicht darauf geachtet. Es ist immer lustig, wenn es andere betrifft. Oder vielleicht hatte Joe sich wieder über Billy Katchaturian geärgert, als er zum Auto ging.
    Jetzt war ich auf dem Weg zum Gerichtsmediziner und achtete nicht auf den Verkehr. Ich muß etwas falsch gemacht haben, da ein junger Mann mit Sonnenbrille und einer umgedrehten blauen Baseballkappe, mir einen Vogel zeigte, als er an mir vorbeifuhr. Ich fuhr hundert, a ber er muß gedacht haben, daß das für die mittlere Spur zu langsam war. Und ehe ich mich versah, fuhr ich in Richtung Santa Ana und Shelton.
    In das Efeu am Boden neben dem Bürgersteig war ein Steinblock eingelassen, der die dezente Aufschrift trug: GERICHTSMEDIZINISCHES LABOR, was so viel heißt wie LEICHENSCHAUHAUS, wenn man es zu lesen versteht. Einige Meter weiter steht das Gebäude selbst, mit einem schmalen Gürtel aus

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