Blutorangen
um ihn sicher zur Bucht zu führen. Mrs. Lamberts kommt die meiste Zeit gut klar, aber manchmal hält ihre Arthritis sie davon ab, mit dem wunderschönen Tier nach draußen zu gehen und dann tut er mir leid. Sie benannte den Irish Setter nach dem rothaarigen Freund, der ihr den Hund als Welpe zum dreiundsechzigsten Geburtstag geschenkt hatte. Der Hund hatte den Mann überlebt. Farmer wimmert und sabbert, wenn er mich sieht, weil er weiß, weswegen ich komme. Auf dem Pfad gibt er sich Mühe, umherzuschnuppern. Wenn ich denke, daß kein Parkwächter vorbeikommt, dann lasse ich ihn von der Leine, und er spielt mit was auch immer unter den Büschen kreucht und fleucht. Dann kommt er zurückgelaufen, wobei ihm die Zunge an einer Seite heraushängt und er grinst. Manchmal bleibt er im Sumpf stecken und er kommt mit Teerklumpen unter den Füßen wieder heraus. Mehr als einmal bin ich beinahe in der Biomasse aus Sumpf und Plankton auf meinem Hinterteil gelandet. Auf dem Rasen vor der Wohnung muß ich ihn dann abspritzen. Ich lasse immer etwas Geschirrspülmittel in den Büschen bei der Wasserleitung. Er jault, aber er liebt es, das weiß ich.
An diesem Abend war es kühler als mir lieb war, ein Wind strich über das Wasser, obwohl es den ganzen Tag heiß gewesen war. Meine Ohren taten mir schon nach ein paar Metern weh. Ich würde Farmer nicht weit weg lassen. Ich war miesepetrig, und es tat mir in den ersten fünf Minuten schon leid, daß ich ihn überhaupt rausgelassen hatte und kam nach einer Viertelstunde wieder zurück. Als ich die Stufen zu meinem Appartement hochging, dachte ich über die Stille in meiner Wohnung nach und darüber, daß es freitags abends nichts mehr im Fernsehen gab, nachdem sie Miami Vice abgesetzt hatten. Meine Lieblingssendung war Crime Story, dessen Ende immer ungelöst und bitter war, wie im wahren Leben. Auf diesen Abend legten sie America’s Most Wanted, aber ich hatte keine Lust auf noch mehr Reality-TV und fühlte mich sowieso etwas lüstern, wenn ich es mir ansah, ich weiß nicht wieso. Deshalb holte ich mir ein Grillhühnchen und einen Salat von Albertson’s, bevor ich einkaufen ging.
Als ich nach Hause kam, fragte ich mich, wer noch im Labor sei. Bevor ich die Lebensmittel auslud, wählte ich die Nummer. Billy antwortete.
»Du bist ja ständig da«, sagte ich. »Oder irgendwo sonst hier.«
»Man muß doch irgendwo sein. Eigentlich habe ich auf einen Anruf von dir gewartet«, sagte er.
»Hör’ mal, Billy. Geh mal zurück zu dem Mord in Dwyer’s Kwik Stop in Costa Mesa. Hast du gesehen, daß irgend jemand Zeitschriften mitgenommen hat?«
»Könnte Joe dir das nicht sagen?«
»Er ist verreist.«
»Hast du die Spurensicherung angerufen?«
»Ja, da hört man widersprüchliche Geschichten.«
»Ruf’ mal in der Asservatenkammer an.«
»Ich frage dich, Billy.«
»Ich habe keine Ahnung. Mein Job ist es, Fotos zu machen. Glaubst du, die Mörder dachten vielleicht, sie wären in einer Bibliothek?«
»Ich denke, daß die Verbrecher lange vor dem Mord in dem Laden waren, und sie könnten sich Zeitschriften angeschaut haben, weißt du, um den Laden auszukundschaften.«
»Kann dir nicht helfen, Puppe.«
»Was haben wir vielleicht ausgelassen? Denk’ mal nach, Billy. Ich weiß, du machst nur Fotos, aber denk’ mal mit.«
»Du beschreibst es ja so, als ob ich bloß Fotos mache. Andere Leute schätzen mich wegen meiner Fachkenntnis, weißt du.«
Ich war still und dachte darüber nach, welchen Weg ich jemanden verfolgen lassen könnte. Billy wollte witzig sein, aber ich ging nicht darauf ein.
Er sagte: »Hey, es ist Freitagabend.«
»Ich weiß.«
»Hast du eine Verabredung?«
Ich war wieder still.
»Offensichtlich nicht, sonst würdest du nicht mit mir telefonieren. Also, was ist? Laß uns zusammen ausgehen, du und ich. Wie wäre es mit Dove Street. Kennst du das?«
«Ja-«
»Okay, vielleicht zu ... ich weiß: Crackers. Es ist ganz toll da. Sie haben Sänger, Tänzer, einen Typ als Gorilla verkleidet, der besser mit dir tanzt als ich. Halt, das nehme ich zurück. Aber man kann dort gute Rippchen essen und die zweideutigen Lieder mitsingen.«
» Nein , Billy.«
»Warum nicht?«
»Ich gehe nicht mit dir aus, das habe ich dir schon gesagt.«
»Immer nur Arbeit und kein Vergnügen ... «
»Hör’ auf, mich mit dummen Sprüchen zu umwerben. Hör’ auf, mich zu umwerben.«
Er jammerte noch ein bißchen, aber er wußte, daß es nichts mehr zu gewinnen gab. Ich konnte ihm
Weitere Kostenlose Bücher