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Blutorangen

Blutorangen

Titel: Blutorangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Ayres
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jemandem unterhielt, der sie nur abschleppen wollte.
    »Was machen Sie in Wichita, Mrs. Dwyer?«
    »Nennen sie mich Rowena.« Ich dachte, sie müsse so 40, 42 Jahre alt sein. »Ich bin Kunstmaklerin«, sagte sie und lachte zum erstenmal.
    »Was ist das? Veranstalten Sie Kunstausstellungen oder so etwas?«
    »Nein. Ich bringe Künstler und Käufer zusammen. Ich verkupple sie, nur daß es sich hier um Geschäftliches handelt und nicht um Liebe.«
    »Das hört sich interessant an.«
    »Es kann interessant sein.«
    »Mrs. Dwyer, mit welcher Art Freunde war ihr Sohn hier zusammen?«
    »Ich habe mit den Freunden meines Sohnes geredet. Das ist das einzige, was ich in den ersten zwei Tagen gemacht habe. Die Polizei hat auch mit ihnen gesprochen.«
    »Sie sind sich also ziemlich sicher, daß da nichts komisches lief? Ich meine auch nicht am Rande, wo Jerry nur ein Außenstehender war?«
    Sie sah mich todernst an. »Kinder führen mich nicht an der Nase herum.« Sie zog intensiv an ihrer Zigarette und sagte dann schnell, »Jerry war eine Nervensäge, als er klein war. Er wußte manchmal nicht wohin mit seiner Kraft. Aber er hat mich nie belogen. Er hat mir immer sofort gesagt, was er verbrochen hatte, wenn ich ihn gefragt habe. Ich kenne die Jungs, mit denen er zusammen ist. Sie sind in Ordnung. Ich glaube nicht, daß sie Drogen genommen haben. Ich glaube, diese Probleme gab es da nicht. Aber wahrscheinlich will keine Mutter glauben, daß ihr Kind mit Drogen zu tun hat, oder?« Sie schaute mich mit einem Ausdruck augenblicklichen Zweifels und Ekel an bei der Vorstellung, sie wäre belogen worden wie Tausende, vielleicht Millionen anderer Mütter.
    Ich sagte: »Ich wollte nur Ihre Meinung hören. Ich habe auch einige seiner Freunde kennengelernt und sie schienen in Ordnung zu sein.«
    »Es war ein Raubüberfall, ganz einfach«, sagte sie. »Sie haben zwei Verdächtige gehabt, nicht wahr, Leute, die so etwas tun? Dann haben sie sie wieder laufen lassen. Ich wüßte gerne, warum. Niemand sagt mir etwas.«
    Ich sagte ihr, die Dugdales wären keine offiziellen Verdächtigen.
    »Sie haben also nicht genügend Beweise, meinen Sie das?«
    »Die Polizei sagt uns aus dem Labor auch nicht immer alles.«
    »Sie haben also keine Beweise.«
    Ich konnte ihr nicht widersprechen. Was ich ihr aber erzählen konnte, waren Geschichten und Eigenheiten von Personen, mit denen ich arbeitete, ihre Hingabe, ihre cleverness. Ich sagte ihr, was ich auch schon vorher gesagt hatte, was ich andere hatte sagen hören, in der Akademie, bei der Polizei und auch im Labor. Daß Mord nicht akzeptierbar ist. Daß Mordfälle so lange in Bearbeitung bleiben, bis sie geklärt wurden. »Dieser Fall wird nicht untergehen«, sagte ich, und wiederholte damit die Worte von Joe Sanders. »Der Fall wird vielleicht nicht heute, vielleicht auch nicht nächste Woche aufgeklärt, aber er wird aufgeklärt werden.«
    »Das reicht nicht«, sagte sie.
    Ich schwieg und wartete darauf, daß sie den nächsten Schritt tat.
    »Hören Sie«, sagte sie und nahm eine Visitenkarte des Hotels heraus, auf die sie Rowena Dwyer — 2. Januar schrieb. »Ich bleibe für ein paar Wochen hier. Wenn ich nicht da bin, werde ich bei George sein.« Sie sagte, daß sie versucht hätte, bei ihrem Ex-Mann zu wohnen, als sie ankam. Sie hätten sich festgehalten und geweint. Es wurde zuviel für sie. Sie mußte dort ausziehen und sich ein Hotelzimmer nehmen.
    »Ich möchte nicht aufdringlich sein, Mrs. Dwyer ...«
    »Das sind Sie nicht, sagen sie es. Was?«
    »Warum bleiben Sie?«
    Sie nahm plötzlich einen Zug an ihrer Zigarette, stieß den Rauch aus und sagte: »Ich weiß es nicht. Vielleicht, um der Polizei auf die Nerven zu gehen. Das verstehen Sie doch, oder?«
     
    Als ich die Stufen zu meiner Wohnung hochging, fühlte ich mich zittrig, vielleicht vom vielen Kaffee, und als ich sah, daß in meiner Fliegentür etwas steckte, überkam mich Angst und fast schon Genugtuung, als ob ich geahnt hätte, ¿aß etwas nicht stimmte und jetzt war es endlich passiert.
    In der Tür klemmte eine zusammengerollte Reklamezeitung, das war alles. Meine war aber heute morgen schon gekommen, und ich hatte sie in die Wohnung geworfen, als ich zur Arbeit ging. Die Zeitung war absichtlich hochgeknickt. Ich nahm sie und ging hinein, und als ich sie auf den Tisch über dem Abfalleimer legte, bemerkte ich, daß ein Grashalm herunterfiel; und als ich beides packen wollte, um es wegzuschmeißen, hatte ich ein komisches Gefühl

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