Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1
lernen. Und sei es nur, wie er ihre Lügengespinste besser durchschauen konnte.
»Aber was du mir gesagt hast, stimmt doch, oder?«, bedrängte ihn Feene aufgeregt. »Da schlägt wirklich ein zweites Herz unter meiner Brust?«
»Natürlich«, beschied er sie verdrossen. »Ich bin doch kein bittermäuliger Elf.«
Unversehens begann sie wieder an den Fesseln zu zerren.
»Schneid mich los, bitte«, bettelte sie mit neuen Tränen in den Augen. »Bitte, sei so gut! Ich muss es mit eigenen Händen fühlen, damit ich es wirklich glauben kann.«
Je länger sie flehte, desto höher schraubte sich ihre helle Stimme in unangenehme Höhen. Doch sie brach abrupt ab, als er ihr drohend den Dolch vors Gesicht hielt.
»Darauf habe ich schon die ganze Zeit gewartet«, schleuderte Urok ihr entgegen. »Schon dein kleiner Todbringer hat geglaubt, dass wir Orks auf jeden Mist hereinfallen, aber du setzt allem noch die Krone auf. Ha, wahrscheinlich glaubt ihr Elfen sogar, dass Orktränen zu wertvollen Perlen gerinnen.«
Einen Moment lang starrte ihn Feene vollkommen verblüfft an, dann zerfloss ihr Gesicht zu einer Maske des Hasses.
»Nein«, zischte sie ihn an. »Wir glauben nur, dass eure Dummheit zum Himmel stinkt – und damit haben wir zweifellos recht!«
Plötzlich warf sie sich zurück. Urok wusste nicht genau, wie sie es anstellte – im Dunkeln sah es so aus, als würde sie nur eine einfache Rückwärtsrolle schlagen -, doch als sie wieder in die Höhe kam, hatte sie ihre gefesselten Hände unter den Beinen hindurchgezogen.
Den Dolch stoßbereit erhoben, wollte er schon auf sie losstürzen, doch statt zu fliehen oder sich einem neuen Kampf zu stellen, presste sie ihre schmalen Hände einfach nur fest gegen den Bauch.
»Ich spüre nichts«, sagte sie von plötzlicher Traurigkeit erfüllt. »Aber … aber ich glaube dir trotzdem. Du bist viel zu primitiv, um dir eine so hinterhältige Lüge auszudenken.«
Primitiv? Wenn das ein anderes Wort für ehrlich war, sollte es ihm recht sein.
»Außerdem weißt du ja nicht, wie sehr ich mir ein Kind wünsche«, fuhr sie fort. »Und wie verzweifelt ich war, als ich dachte, dass ich keins bekommen kann, weil ich ein Halbling bin.«
»Verschon mich mit deinem Geschwätz!«, raunzte Urok, während er nach dem losen Seilende ihrer Fesseln langte. »Steh lieber auf, wir haben noch ein gutes Stück des Weges vor uns!«
Weiterhin leise vor sich hin redend, kam Feene der Aufforderung nach. Sie setzte sich auch nicht zur Wehr, als er das Seil zwischen ihren bleichen Schenkel hindurchzog und am Rücken hinaufführte, um es anschließend um ihren Hals zu knoten. Auf diese Weise konnte sie die Hände am Bauch behalten, war aber nicht mehr in der Lage, weiter Spuren für Todbringer und die anderen zu hinterlassen, die ihnen irgendwann am nächsten Tag folgen würden, sobald sie die Schlucht umgangen hatten.
»Ich kann nicht mehr zurück«, sagte Feene und wandte sich jäh zu Urok um.
»Allerdings«, bestätigte er. »Du bist meine Gefangene, und ich werde dich den Priestern am Heiligen Hort übergeben.«
»Nein, du verstehst nicht.« Die Elfin widerstand der groben Kraft, mit der er sie vorwärtsschieben wollte. »Ich will mich mit euch verbünden! Wenn ihr mir Schutz gewährt, erzähle ich euch alles über die Invasion, die Gothar für Arakia plant.«
»Die Invasion?«, knurrte Urok. »Von der du schon auf Grimmstein erzählt hast?«
Feene nickte heftig.
»Gehört diese Invasion auch zu den Wahrheiten, die du für gewöhnlich mit deinen Lügen mischst, um sie glaubhafter zu machen?«
Feene hob überrascht die Augenbrauen, denn schaudernd begriff sie, dass er zur Ironie fähig war. Trotzdem bejahte sie erneut.
»Du wirst uns sowieso davon erzählten«, erklärte Urok. »Weil du nämlich meine Gefangene bist. Aber das sagte ich ja schon.«
Ihre Gestalt straffte sich, während ihr Gesicht einen Hauch des alten Kampfgeistes widerspiegelte. Nur die scharfe Klinge, die er ihr fest zwischen ihre wogenden Brüste drückte, hielt sie davon ab, eine Dummheit zu begehen.
»Keine Sorge«, beruhigte er sie. »Solange zwei Herzen in dir schlagen, wird euch beiden kein Haar gekrümmt. Es sei denn«, fügte er mit einem wilden Zähnefletschen hinzu, »du forderst es mit aller Gewalt heraus …«
Jenseits der Schwarzen Marsch
Je weiter sie zwischen den kahlen Bäumen vordrangen, desto tiefer tauchten die Lindwürmer im Morast ein. Den drei Tieren machte das nichts aus, im Gegenteil, sie
Weitere Kostenlose Bücher