Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1
rettungslos verloren.
Urok schob sich schützend vor die Elfin und deckte sie mit seinem massigen Körper. Ob sie Angst verspürte, konnte er nicht erkennen, doch sie war klug genug, sich fest an seinen Rücken zu pressen, um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten.
»Zurück in die Hütte«, schlug sie leise vor, doch er schüttelte den Kopf.
Weder die Plattform noch die dünnen Wände boten ausreichend Schutz, doch er hatte keine Zeit, ihr das zu erklären. »Schön ruhig«, redete er auf den Lindwurm ein. »Wir wollen doch alle gut miteinander auskommen, oder?«
Das Tier antwortete mit einem heftigen Schnauben, wonach das in den Nüstern verbliebene Wasser von Uroks Gesicht tropfte. Doch er verzog nicht die geringste Miene.
Zuerst starrte der Lindwurm mit gebleckten Zähnen auf ihn herab, doch dann …
Dann senkte er das mächtige Haupt und rieb mit seiner Schädelplatte gegen Uroks Brust.
»Was ist das denn?« Feene boxte dem Ork von hinten in die Nieren. »Sind das etwa die wilden Lindwürmer, die uns so wahnsinnig gefährlich werden können?«, schimpfte sie.
»Wild schon«, antwortete er in ruhigem Ton. »Mit etwas Glück allerdings eher lästig als gefährlich.« Vorsichtig tätschelte er den geschuppten Schädel, sehr darauf bedacht, die spitzen Nackenhörner nicht zu berühren.
Von der Schädelplatte aus zog sich der Kamm des Lindwurms bis tief in den Rücken hinab, um dann, nur kurz unterbrochen, zum Schwanzende hin noch einmal stark anzuwachsen. Im Gegensatz zu
den gezähmten Exemplaren der Schädelreiter hatten die Bewohner der Marschen keine Hinterbeine. Auf festem Untergrund waren sie deshalb ein wenig unbeholfen, im Sumpf jedoch so schnell wie kein anderes Tier ihrer Größe. Die flexible Schuppenhaut, die sich zwischen ihren Rückenhörnern spannte, nahm am Ende beinahe die Ausmaße einer breiten Flosse an, die den Tieren half, sich ungeheuer flink durch Wasser und Morast zu bewegen.
Urok zählte drei weitere Lindwürmer, die sich rundum aus den Fluten hoben. Es handelte sich um zwei Alttiere mit grünen Schuppen und noch ein jüngeres, das eher grünblau schimmerte. »Entzünde ein Feuer«, befahl er Feene. »Wir müssen hier weg, bevor sich noch mehr versammeln.«
»Ein Feuer?«, fragte sie, vorsichtig unter seiner Achsel hervorlugend. »Wozu soll das gut sein?«
Der Gelbrote mochte ihre Stimme nicht, funkelte sie aber nur feindselig an, bevor er den Kopf drehte und seine Flanke präsentierte. Urok entdeckte sofort, was ihm das Tier zeigen wollte. Eine entzündete Stelle, in deren Mitte drei schwarze Punkte zuckten: das Hinterteil und die Beine eines Parasiten, der sich zwischen den Schuppenplättchen hindurchgewunden hatte und sich am Blut seines unfreiwilligen Wirts labte.
»Siehst du diese Sumpfzecke?«, fragte er die Elfin. »Wenn die Lindwürmer diese Biester zu spät bemerken, bleiben sie ihnen ein Leben lang erhalten. Weil der Juckreiz die Lindwürmer mit der Zeit angriffslustig macht, befreien unsere Teerfischer sie schon seit Generationen von diesen Plagegeistern. Das führt mittlerweile dazu, dass befallene Tiere in die Schwarze Marsch herabwandern, um nach Booten und Schutzhütten zu suchen, weil sie von uns Orks Hilfe erwarten.«
Inzwischen drängten auch die übrigen Lindwürmer heran und äugten über die Plattform hinweg. Sobald sie ihre schmalen, nach vorn gezogenen Schnabelmäuler aufklappten, roch es nach Aas und geöffneten Leibern. Ansonsten wirkten sie genauso friedlich wie ihre gezähmten Artgenossen in den Reihen der Schädelreiter.
»Und wenn wir uns einfach davonstehlen?«, fragte Feene hoffnungsvoll.
Urok schüttelte den Kopf. »Dann werden sie wütend, glaub mir. Sehr, sehr wütend.«
Schweigend gab sich die Elfin geschlagen. Auf Uroks Weisung hin suchte sie in der Hütte, bis sie eine Fackel, Feuerstein, Zunder sowie eine spezielle Metallzange fand. Als sie die ersten Funken schlug, begannen die Lindwürmer erwartungsfroh mit den Köpfen zu wackeln. Drei der vier plagten Entzündungen, die von Sumpfzecken herrührten. Nur hin und wieder blickten sie in die Höhe, wenn eine frische Brise das Scheppern der Gepanzerten herüberwehte.
Lag es nur an der Windstärke oder waren ihre Verfolger inzwischen näher herangerückt? Urok wusste es nicht, doch das Warten auf den Angriff zerrte schlimmer an seinen Nerven als ein Kampf gegen eine vielfache Übermacht.
Er war schon ganz kribbelig. Besonders seine linke Hand juckte immer stärker. Es dauerte einen
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