Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1
übergangenen sein, denn sie fürchteten sicherlich nicht die Feldarbeiter, die nichts von allem ahnten und immer noch in die trügerische Sicherheit des Wehrhofes flüchten wollten.
»Sie sind bald da, Todbringer!«, rief eine der vermummten Gestalten.
Der hellen, beinahe angenehm warm klingenden Stimme nach musste es sich um eine Frau handeln. Ob Elf oder Elfin war allerdings völlig egal. Arnur ging nur der Name durch den Kopf, den sie gerade benutzt hatte. Immer und immer wieder. Todbringer! Dieser Name war Legende. Todbringer! Der gefährlichste all derer, die in der Legion der Toten dienten. Was hatten sie nur getan, um derart Gothars Unwillen auf sich zu ziehen?
Auf Todbringers ebenmäßigem, von keinerlei Makel getrübtem Gesicht zeichnete sich nicht die geringste Regung ab, als er sich an Arnur wandte und fragte: »Du bist der Bauer dieses Wehrhofs?«
Leugnen hatte wenig Sinn. Allein die Art, wie Arnur dem Gesinde vor kurzem Befehle erteilt hatte, war schon Beweis genug. Todbringer hatte ihn schließlich nicht ohne Grund als Ersten unschädlich gemacht.
Arnur nickte ergeben.
Sein Gegenüber hatte offenbar nichts anderes erwartet, trotzdem hakte er nach. »Arnur, der im Schatten des Grimmsteins siedelt?«, fragte er. »Bruder des Orgur, Vater des Ragmar?«
Arnur spürte, wie ihm alles Blut aus den Wangen wich. Plötzlich wünschte er, sich doch verleugnet zu haben, aber das ließ sich nicht mehr rückgängig machen. Deshalb antwortete er stockend und mit brüchiger Stimme: »Zwei treue Vasallen in Gothars Diensten.«
»In Herzog Garskes Diensten«, verbesserte der Elf grimmig. »Bis zu ihrem Tod.«
Noch kälter und schroffer konnte man wohl keinen Vater vom Ableben seines Sohnes unterrichten. Trotzdem zeigte sich auf dem faltenlosen Gesicht noch immer nicht die geringste Regung, weder
gehässige Freude noch ein Funken Mitleid. Dem Spitzohr schien es einfach nur herzlich egal zu sein, was Arnur fühlte. Gleich darauf wurde klar, warum.
»Was die unverbrüchliche Treue angeht, die euer Sohn dem Herzog schuldete, bestehen erhebliche Zweifel«, fuhr Todbringer fort. Seine hellblauen Augen wurden so starr, dass ihr Blick Arnur regelrecht durchbohrte, als er anfügte: »Und wie steht es mit deiner Ergebenheit, Bauer?«
Das letzte Wort spie er förmlich aus, als wäre es eine Beleidigung.
Arnur kam gar nicht auf die Idee, sich deshalb zu ärgern. Er spürte, wie ihm abwechselnd heißer und kalter Schweiß ausbrach. Eben noch zwischen einem Anflug von Trauer und völliger Überraschung schwankend, wurde er von jäh aufkeimender Sorge erfüllt. Er fragte weder, woher der Elf vom Tode seines Sohnes wusste, noch woher der Vorwurf des Verrates rührte. Er zweifelte noch nicht einmal daran, dass beides der Wahrheit entsprach. Wer seine Hautfarbe wechseln und durch die Luft schweben konnte, mochte auch über den Zauber verfügen, solche Dinge zu erfahren.
Ob nun aus eigener Kraft oder durch Gothars Gnaden war einerlei.
Rasch machte sich Arnur daran, seine eigene Treue zu versichern. Fast hätte er dabei den alten Regengott beschworen, doch zum Glück besann er sich noch rechtzeitig eines Besseren.
»Bei den fünf Winden!«, rief er stattdessen aus. »Ich weiß nicht, welcher böse Geist in Ragmar oder Orgur gefahren sein mag. Vielleicht hat sie der Atem der Orks verdorben. In uns hat Gothar jedenfalls treue Vasallen, auf die er sich stets verlassen kann!«
»Das freut mich wirklich zu hören.« Erstmals zuckten die Mundwinkel des Elfen zur Andeutung eines Lächelns in die Höhe. Eines kalten Lächelns, das die Augen nicht erreichte. »Wir werden nämlich unser Lager auf deinem Hof aufschlagen, bevor wir nach Arakia vorstoßen.«
Arnur spürte, wie der Boden unter seinen Füßen zu beben begann. Irgendwo hinter ihm erklang ein leises Plätschern. Und auch
er, der von zahllosen Gefahren gestählte Wehrbauer, hatte Mühe, seine Blase unter Kontrolle zu halten. Allein die bloße Vorstellung, eine Horde Schattenelfen für längere Zeit zu beherbergen, hatte etwas zutiefst Beängstigendes. Vielleicht hätte sich Arnur ebenfalls eingenässt, hätte sich Todbringer nicht endlich von ihm abgewandt, weil ihm die Elfin auf der Palisade erneut etwas zurief. Was genau, war nicht richtig zu verstehen, weil ihre Stimme von laut anschwellendem Getrappel übertönt wurde. Aber es klang, als ob sie erneut ankündigen wollte, dass die anderen nahten. Die, die mit einer dichten Staubwolke auf sich aufmerksam gemacht hatten,
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