Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1
zähflüssige, aus den Teersümpfen gewonnene Pech in eine kleine Mulde unterhalb des Topfes goss. Danach tunkte er ein wenig Zunder hinein und holte Stahl und Feuerstein hervor.
Ein kurzes Jucken in seiner linken Hand hielt ihn allerdings davon ab, beides zu benutzen. Einen Herzschlag lang fühlte er sich krank und fiebrig, dann flackerten kleine orangerote Spitzen über seinen Daumen und Zeigefinger.
»O Vuran«, seufzte er ergeben, »was hast du nur mit mir vor?«
Rasch setzte er mit Daumen und Zeigefinger Pech und Zunder in Brand und zog überrascht die Hand zurück, als die Flammen, die aus dem so entzündeten Feuer emporschlugen, schmerzhaft in seine Finger bissen. Leise fluchend schüttelte er die Linke, bis der Schmerz nachließ. Die eigene Hitze konnte ihm nichts anhaben, fremde allerdings
schon. Als er seine Haut auf Rötungen oder beginnende Blasen untersuchte, stellte er fest, dass auch die körpereigenen Flammen erloschen waren.
Eine Feuerhand, verdammt. Dabei hatte er doch sein ganzes Leben lang ganz normale Hände gehabt. Wer garantierte ihm da, dass es nicht doch Felstrolle und andere Schreckgestalten gab?
Schicksalsergeben setzte er den brünierten Topf über die Flammen, füllte ihn mit Wasser aus der Ziegenblase und warf die Kräuter dazu, die er unterwegs gesammelt hatte. Er kannte die Zusammensetzung für den Sud, den er da kochen wollte, obwohl die Zutaten bei jedem Clan variierten. Urok hielt sich diesmal mit der Zugabe von Bilsenkraut und Haubenpilzen zurück, da ihm ja offensichtlich schon die Sonne arg zugesetzt hatte.
Nachdem er den flachen Topf abgedeckt hatte, blieb ihm noch etwas Zeit, weil der Sud erst einige Zeit kochen und dann abkühlen musste. Er nutzte sie, um Vuran zu ehren, indem er die offenen Felskanten abschritt.
Auf der Ostseite blieb er stehen, um sich an dem wogenden Grün von Arakias Wäldern zu erfreuen. Einzelne Dörfer und Täler waren von seinem Standort aus nicht auszumachen, doch er konnte die klaren Linien der Flüsse sehen, die den dichten Laubteppich wie mit einem Messer gezogen teilten, und das hohe Rund des Heiligen Horts, dem einige dünne Rauchsäulen entstiegen.
Wenn Ursa wüsste, dass er gerade zu ihr hinüberspähte …
Vom südlichen Massiv aus verjüngte sich die Granitplatte zu beiden Seiten, bis sie an ihrem nördlichsten Punkt in einer fünf Orkschritte breiten Spitze auslief. An ihrem äußersten Rand stehend – links, rechts und vor sich nur von gähnenden Tiefen umgeben -, verneigte er sich vor Vurans Größe, indem er seinen Blick über die Schwarze Marsch und das gegenüberliegende Felsmassiv schweifen ließ, hinter dem Grimmstein und Arnurs Wehrhof lagen.
Eine auffrischende Bö begann an Urok zu zerren, doch sosehr sein langes schwarzes Haar auch flatterte und sich sein Waffenrock unter den anstürmenden Kräften nach innen bog, was zwei mächtige
Orkbeine verankerten, ließ sich nicht so schnell von einem Felsen blasen.
Einen Menschen hätte es sofort in die Tiefe gerissen, doch Urok blieb die Ruhe selbst. Mit unbewegtem Blick sah er in die unter ihm klaffende Schlucht hinab. Schwindelfrei, aber von starken Gefühlen geschüttelt.
Die Schwarze Pforte, die sich von den Ufern des Amers bis auf die Höhe des Felsnestes zog, war die verwundbarste Stelle des Bollwerks, das sich Arakia nannte. Doch davor erstreckte sich Knochental, und allein der Name der Geröllwüste, die von der Schwarzen Pforte bis ins Grenzland von Cabras reichte, deutete darauf hin, wo alle bisherigen Versuche, seine Heimat zu erobern, noch immer gescheitert waren.
Von hier oben aus war es nicht zu erkennen, aber entlang der Schwarzen Pforte und in dem vorgelagerten Gebirge versahen stets Wachscharen der vereinten Stämme ihren Dienst, die das Grenzland Tag und Nacht schützten. Nicht jeder Wolfshäuter oder Magister, der in Arakia einzusickern versuchte, wurde von ihnen geschnappt, das war richtig. Doch größere Truppenbewegungen blieben keinesfalls verborgen. Und den vereinten Stämme sowie den Mächten der Priesterschaft hatte bisher noch kein einziges Heer der Hellhäuter trotzen können.
Ein paar Bauern, denen man Land in den Grenzgebieten geschenkt hatte, waren die einzigen Menschen, die dort um ihr Überleben rangen. Eine große Garnison zu bauen, die Arakia dauerhaft bedrohte, wagte Cabras nicht. Nicht mehr, nachdem Grimmstein zerstört worden war und Horden aufgebrachter Scharen die Länder der Menschen bis zur Küste heimgesucht hatten.
Cabras! Urok
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