Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1
Seite her näherte. Angesichts seines großen Wuchses, der dunklen Haut und der andeutungsweise spitz zulaufenden Ohren war nicht schwer zu erraten, woher der Bursche den Mut nahm, einem Ork entgegenzutreten. Das Blut in seinen Adern forderte einfach seinen Tribut.
Urok klemmte beide Daumen hinter seinen mächtigen Leibgurt und spuckte dem Halbling betont gelangweilt entgegen. Danach deutete er mit dem Kinn auf den Orkschädel über dem Tor und fragte: »Dein Vater?«
Die Frage war verletzend gemeint, aber auch durchaus berechtigt. Seinem Alter nach war die Mutter dieses Bastards im Zuge von Grimmsteins Zerstörung oder während des anschließenden Feldzugs geschwängert worden. Urok verspürte deshalb keine Reue. Nur der flüchtige Gedanke, vielleicht seinem Halbbruder gegenüberzustehen, löste leichtes Unbehagen aus.
Von Wut geschüttelt, ballte der Halbling beide Hände zu Fäusten. Sein vorgewölbter Schädel, die tief liegenden Augen und der massive
Kiefer ließen sein Erbe deutlicher denn je hervortreten, doch die menschliche Seite in ihm war stärker als der brennende Wunsch, sich in einen aussichtslosen Kampf zu stürzen.
»Der Schädel dort oben«, platzte es aus ihm heraus, »der hängt dort erst seit …« Er unterbrach sich kurz, einen stupiden Ausdruck des Erschreckens im Gesicht, bevor er fortfuhr: »… erst seit kurzem. Aber ich sorge gern dafür, dass du ihm rasch Gesellschaft leistest.«
»Spar dir deinen Atem«, raunzte Urok. »Ich habe heute keine Zeit, dich für deine Unverschämtheiten zu erschlagen. Ich muss dem Wehrbauern dieses Hofs eine Botschaft überbringen, die mir sein Sohn aufgetragen hat.«
»Ragmar?« Die Züge des Halblings hellten sich übergangslos auf. »Ist er etwa doch noch am Leben?«
Wieso doch noch , hätte Urok am liebsten gefragt, doch es war unter seiner Würde, sich mit diesem Knecht herumzuärgern.
»Verschwinde zu deinem Herrn!«, schnauzte er stattdessen. »Richte aus, dass es wichtig ist!«
Ragmar musste diesem Halbling am Herzen liegen. Ohne auf Uroks verletzenden Ton zu achten, eilte er erfreut davon, um den Befehl beflissen auszuführen. Erst als ihm der Ork noch eine dicke Ladung Speichel hinterherschickte, hielt er zornbebend inne. Kurz davor, das Herz eines Kriegers zu zeigen, gewann seine menschliche Seite erneut die Oberhand, als ein hagerer, in weiten Arbeitshosen und einen bequemen Leinenkittel gekleideter Mann am Tor erschien. Es musste sich um Arnur persönlich handeln, denn er rief ungeduldig: »Morn! Komm endlich her und sag mir, was der Ork von uns will!«
Die breiten Schultern des Halblings fielen nach unten. Fügsam und vor aller Augen gedemütigt, schlurfte er davon, ohne sich noch einmal zu Urok umzusehen. Wie es nun mal der Menschen Art ist.
In seinen schweren, mit angetrocknetem Lehm behafteten Stiefeln und den grob gewebten Hosen sah er recht unbeholfen aus. Doch in der Art, wie die Muskeln unter seinem fadenscheinigen Hemd spielten, war deutlich zu erkennen, über wie viel Kraft er in Wirklichkeit verfügte. Unter Orks aufgewachsen, hätte aus ihm vielleicht, wenn
schon kein echter Krieger, so doch ein gefährlicher Kämpfer werden können.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis er endlich am Tor anlangte, um mit Arnur zu sprechen. Der Wehrbauer schrak sichtlich zusammen, als er von Uroks Anliegen hörte. Nach kurzem Zögern machte er sich dennoch auf den Weg. Mit raschen, energisch wirkenden Schritten überwand er die zwischen ihnen liegende Distanz, doch seine unstet umherwandernden Blicke zeugten von Furcht. Nur drei Schritte von Urok entfernt blieb er stehen.
»Was willst du, du Ork?«, rief er laut, denn inzwischen war ein kleiner Kreis von Schaulustigen näher gerückt. »Sag, was du zu sagen hast, und dann verschwinde wieder!«
Urok zögerte kurz. Was er auszurichten hatte, fiel ihm plötzlich schwer. Auch wenn er nur einen Hellhäuter vor sich hatte, der Blick in Arnurs von Furcht und Sorgen zerklüfteter Miene reizte sein Mitleid. Er versuchte zu lächeln, aber der Bauer reagierte darauf wie alle Menschen, wenn sie ein Orkgebiss zu sehen bekamen.
Hastig wich er zurück und hob die Hände in einer abwehrenden Geste.
»Dein Sohn ist tot«, erklärte Urok rasch, um den unangenehmen Teil so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. »Orgur ebenfalls.«
Die Nachricht löste keinerlei Reaktion in dem von einem ausgefransten Bart gerahmten Gesicht aus, das ihm entgegenstarrte. Entweder scherte sich Arnur weder um seinen
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