Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1
Reflexen war es zu verdanken, dass er den Stein rechtzeitig zu fassen bekam.
Leise schnaufend klemmte sich Moa so mit Rücken und Füßen in der Öffnung fest, dass er festen Halt fand. Wütend wollte er die verdammten Steine hinter sich in den Kamin werfen, besann sich aber im letzten Moment eines Besseren.
»Bezähme dich!« Moa hatte seinen Atem inzwischen so weit unter Kontrolle, dass Ulkes laute Forderung zum ersten Mal bewusst an sein Ohr drang. »Oh, du Blut der Erde, erhöre unser Flehen und bezähme dich!«
Moa klemmte die Steine unter seinem Leibgurt fest, damit er später nicht vergaß, sie genau an die Stelle zurückzulegen, an der er sie vorgefunden hatte. Nur für den Fall, dass sie von irgendjemandem absichtlich dort platziert worden waren.
Müde spuckte er seine Haare aus und sah in die Tiefe. Was er dort unten erblickte, ließ ihn schlagartig frieren.
Die feurige See, die beinahe den gesamten Grund des Gewölbes ausfüllte, befand sich in größter Aufruhr. Immer neue Funkenwolken stiegen bis zur Kuppel hinauf. Aufspritzende Glut bildete zerlaufende Fratzen in der vor Hitze wabernden Luft. Flammen fauchten, Feuer wütete, Fontänen spritzten empor, ganz so, als versuchte sich das Blut in die umliegenden Felsen zu krallen.
Die Anwesenheit der Hohen wirkte sich nicht beruhigend aus. Ganz im Gegenteil. Je stärker die fünf Priester beschwörende Gesten mit ihren erhobenen Händen ausführten und je lauter Ulke eine Bezähmung einforderte, desto ungestümer wogte die Oberfläche empor.
Doch es wurde noch schlimmer. Plötzlich rollte eine große Welle auf die Priester zu und zerschellte direkt vor ihren Füßen am steinernen Ufer. Eine Brandung wie diese hatte Moa noch nie gesehen. Feurige Gischt stieg hoch auf, sodass die Hüter des Blutes zurückweichen mussten. Die Augen geschlossen und ihre Arme schützend vor die Gesichter gelegt, brachten sie sich erschocken vor den umherwirbelnden Glutpartikeln in Sicherheit.
Im gleichen Moment, da ihre Beschwörung verstummte, spie der See Myriaden von rot und gelb glühenden Tropfen aus, die die Luft innerhalb der Grotte zum Gleißen brachten. Jeder Winkel, auch der Schatten, in dem sich Moa verbarg, wurde plötzlich taghell ausgeleuchtet. Doch niemand sah, dass er sich weit oberhalb der Eingangstreppe versteckte. Alle, auch er, starrten nur auf die wabernde Luft
über dem eruptierenden See, in der sich plötzlich eine blonde Menschenfrau und ein Ork abzeichneten.
»Ihr Orks müsst standhalten«, forderte das Weib, obwohl es nur eine einfache Kriegerin war. »Bringt alles auf, was ihr zu bieten habt.«
Der, mit dem sie sprach, trug hingegen eine mächtige Rüstung, die nicht nur den Oberkörper, sondern auch die Beine bedeckte. Ein schmaler, aus Blutstahl geschmiedeter Stirnreif wies ihn obendrein als Erzstreiter aus.
» Alles , verstehst du?« Die letzten Worte der Frau gingen in einem ohrenbetäubenden Wutgeheul unter.
Ungeachtet des Funkenflugs, der weiterhin das Ufer einnebelte, rannte Ulke zurück an seinen Platz, die zitternden Arme hoch erhoben und seine Lungen bis zum Bersten mit heißem Atem gefüllt, den er in einem unglaublich lauten Schrei entlud.
»Bezähme dich!«, donnerte er so laut über den See hinweg, dass sich das Blut der Erde unter seiner Stimme duckte. Zumindest erschien es so, denn die Funken in der Luft erloschen, und die aufgewühlte Oberfläche beruhigte sich von einem Atemzug auf den anderen.
Die zurückkehrende Dunkelheit wirkte tiefer und intensiver als je zuvor. Moa versank in undurchdringlichen Schatten. Doch er war ohnehin völlig erstarrt und hätte sich auch nicht von der Stelle gerührt, wäre es taghell geblieben.
»Beruhige dich, Ulke!« Die übrigen Hohen eilten heran, um ihren zitternd umherstolpernden Anführer zu stützen. Sie hatten Mühe, ihn zu bändigen und davor zu bewahren, vornüber in den See zu stürzen.
»Ketzerin!«, schrie Ulke vollkommen unbeherrscht. »Wie kannst du es wagen, hier zu erscheinen?« Erst im festen Griff seiner Kameraden kühlte er so weit ab, dass er wieder einen klaren Gedanken fassen konnte.
»Was hatte das bloß zu bedeuten?«, fragte Finske, einer seiner engsten Vertrauten. »Was hat das Blut der Erde bewogen, so verrücktzuspielen und uns diese Botschaft zu schicken?«
»Das war keine Botschaft«, übertönte ihn Vokard, einer der anderen.
»Das war ein Riss durch die Zeiten. Vurans Kampf gegen Raam, in dem Moment, als …«
»Still!«, fuhr Ulke dazwischen. »Ich
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