Blutorks 2 - Blutorks 2
ihm die Bilder plötzlich so deutlich vor Augen, als hätte er bei dem Gespräch der beiden Feuerhände mit am Tisch gesessen. Als hätte er mit eigenen Augen beobachtet, wie Bava seinen ärgsten Rivalen mit einem Becher Schwarzbeerenwein …
Allein die aufflammende Erinnerung ließ Gabor gepeinigt aufschreien. Blanker Hass strömte durch seine Adern bei dem Gedanken, dass es wirklich wahr sein könnte: dass der Erste Streiter, dem er in den letzten Sommern und Wintern treu als Rechter Arm zur Seite gestanden hatte, tatsächlich ein heimtückischer Giftmischer war!
Die Hände des Orks krallten sich tief in die Halsaussparung seines Harnischs und zerrten wie wild daran herum, während er haltlos umhertaumelte. Am liebsten hätte er sich alle Sachen vom Leib gerissen und wäre nackt in den Sumpf gestürzt, um sich selbst am eigenen Schopf zu ertränken.
Er wollte einfach nicht wahrhaben, was ihm die Visionen immer wieder vorgaukelten. Das konnte doch nur eine böse List ihrer Feinde sein, die seine Gedanken zu vergiften versuchten! Das hatte er jedenfalls während der Schlacht gedacht und den Spuk kurz entschlossen aus seinem Kopf verbannt.
»Komm zu dir!«, hatte er danach den immer noch völlig gelähmten Bava angebrüllt. »Die Krieger erwarten, dass du sie durch Taten führst!«
Erst später, als der Ruf die Alten ereilt hatte und Bava seinem Fluchtreflex sofort nachgegeben hatte, ohne auch nur ein Wort des Abschieds oder Bedauerns auszusprechen, waren Gabor echte Zweifel gekommen.
Was ist, wenn mir diese Vision von Vuran gesandt wurde? , fragte er sich, von nagender Ungewissheit gequält. So aufgewühlt, wie das von den Priestern beschworene Blut in der Erde tobte, lag das durchaus im Bereich des Möglichen.
Erst einmal ins Grübeln geraten, erinnerte sich Gabor auch an den Schwur, den er in Uroks und Ursas Beisein geleistet hatte: Sollte er je erfahren, dass Bava für den Tod ihres Vaters verantwortlich war, würde er es sein, der den Streitfürsten zur Rechenschaft zog! Das hatte er ihnen erst vor kurzem feierlich verkündet. Wie konnte ein aufrechter Ork unbefleckt im Blut der Erde aufgehen, wenn es noch solche Ehrenschulden zu begleichen galt?
Alles Ausflüchte! , zischte eine böse Stimme in seinem Kopf. Du warst nur zu feige, den Weg des Kriegers zu gehen!
»Nein!«, antwortete er laut und vernehmlich und hielt in seinem Taumel inne. »Ich bin nicht feige! Wenn ich feststelle, dass ich mich irre – das schwöre ich! –, dann pilgere ich auf Händen und Knien zum heiligen Hort und stürze mich in den glühenden See der Blutkammer, um mich Vurans Urteil zu stellen!«
Dieser Entschluss half ihm, das innere Gleichgewicht so weit zurückzugewinnen, dass er seinen Weg fortsetzen konnte. Mit hängenden Schultern steuerte er den geheimen Platz an, der durch die Zeichen an der Buche beschrieben wurde. Doch mit dem gleichmütigen Trott, den er anschlug, kehrten auch die peinigenden Erinnerungen zurück.
An all die Veteranen, die dem Ruf gefolgt waren und dadurch das Volk der Blutorks gerettet hatten.
An die aufsteigende Hitze, die ihn von innen heraus zum Dampfen gebracht hatte, bis seine Haut überall am Körper aufgeplatzt war. Die Hitze, die er, wie vor Schüttellähmung zitternd, zurückgedrängt hatte, weil er hatte leben wollen.
Leben, um zu töten.
Bava oder sich selbst.
Immer wieder von Schwindel übermannt, kämpfte er sich weiter voran. Seine Kehle brannte vor Durst, doch er hatte nicht verdient zu trinken. So schöpfte er nicht einmal ein wenig Wasser, als sich ein klarer Bachlauf direkt zu seinen Füßen schlängelte. Die Welt um ihn herum verschwamm immer mehr, doch er stapfte weiter und weiter, bis in den grauen Nebeln, die seinen Blick verschleierten, ein vertrautes Rot aufleuchtete.
Die Farben seines Clans!
Endlich! Er hatte sein Ziel erreicht. Stolpernd hielt er auf das Banner zu, unter dem sich die Ranar zusammenscharten.
»Der Elfenfresser!«, rief jemand wie aus weiter Ferne.
Doch er konnte keine Gesichter zuordnen. Er sah nur dunkle Schemen, die auf ihn zustürzten, ihn unter den Armen packten und zu einem umgestürzten Baum schleppten, auf dessen Stamm sie ihn absetzten. Eine Schüssel voll Wasser wurde gereicht, doch Gabor weigerte sich, davon zu trinken. Da packten sie zu mehreren seinen Kopf und zwangen ihn, das kühle, schmackhafte Nass über die zersprungenen Lippen fließen zu lassen.
Sobald er die Schüssel geleert hatte, fühlte er sich besser.
Endlich füllten sich
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