Blutorks 2 - Blutorks 2
Winde. Das blutbefleckte Bärenfell brachten sie zu einem anderen Haufen, um es dort tief unter den aufgeschichteten Leichen zu verbergen.
Feene rührte sich die ganze Zeit über nicht einen Fingerbreit von der Stelle. Erst, als die beiden Lichtbringer wieder mit der Dunkelheit verschmolzen waren, wagte sie es, in die trockenen Halme zurückzusinken und die Augen zu schließen. Obwohl es der Elfin schwerfiel, ihre Neugier zu bezähmen, nickte sie für einige Zeit ein. Sie war darin geübt, ihren Körper in kurze, aber erholsame Schlafphasen zu zwingen.
Als sie wieder erwachte, stand die Morgendämmerung unmittelbar bevor. Die lichtlose Schwärze der Nacht ging bereits in ein dunkles Blau über. Dies war die ideale Zeit für einen Elfen, um selbst unerkannt mit dem Gelände zu verschmelzen und dabei die Umgebung weitläufig im Auge zu behalten. Erfrischt machte sie sich auf den Weg zum Totenhügel.
Feene hatte sich die Stelle genau gemerkt, an der die Lichtbringer ihre Last abgeladen hatten. Natürlich ahnte sie bereits, was sie dort vorfinden würde, doch ihr Verdacht war so ungeheuerlich, dass sie einfach Gewissheit brauchte.
Dichte Wolken aus Fliegen und anderem Geschmeiß stiegen in die Höhe, als sie näher kam. Sie musste nur ein paar stinkende Köpfe anheben, bis sie fand, was sie suchte.
Für einen der unbedarften Leichenknechte, die nach Tagesanbruch mit Fackeln und Pechkrügen erscheinen würden, war das bis zur Unkenntlichkeit zerschlagene Gesicht, das sich völlig in das Meer der Toten einfügte, sicher keines zweiten Blickes wert.
Feene streckte dagegen die Hand aus, um eine der langen, blonden Strähnen zwischen die Finger zu nehmen.
Also doch.
Sie hatte es die ganze Zeit über geahnt!
Doch noch ehe sie sich über die Konsequenzen ihrer Entdeckung Gedanken machen konnte, traf sie ein unsichtbarer Schlag an der Schulter. Die Wucht, mit der sie zur Seite geschmettert wurde, war so groß, dass sie nicht mal mehr dazu kam, die Hand zu öffnen, und so riss sie Gothars Leichnam das Haarbüschel aus.
Erschrocken versuchte sie sich abzurollen. Doch die unsichtbaren Kräfte, die auf sie einwirkten, hoben sie bereits wieder in die Lüfte und schleuderten sie noch viel weiter ins Gras hinaus. Diesmal schlug sie der Länge nach hin. Und zwar so hart, dass es sich anfühlte, als würde sie am ganzen Leib durchgeprügelt.
Sie zwang sich, den flammenden Schmerz, der sie von allen Seiten durchzuckte, zu ignorieren, und federte sofort wieder in die Höhe – und erhielt dafür einen so brutalen Stoß vor die Brust, dass ihr die Luft aus den Lungen getrieben wurde.
Röchelnd sank sie ins Gras zurück. Tränen des Schmerzes schossen ihr in die Augen. Als Feene sie endlich weggeblinzelt hatte, sah sie direkt auf den Schleiersaum des Maars, der nur eine Körperlänge von ihr entfernt knapp über dem Boden schwebte.
Der Schlag einer unsichtbaren Faust, der ihr das Kinn zur Seite fegte, sorgte dafür, dass sie erst gar nicht dazukam, an Gegenwehr zu denken. Der Maar brauchte nicht einmal die Hände zu einer Geste zu heben, um den Atem des Himmels so zu verdichten, dass er mit der Gewalt von Vorschlaghämmern auf Feene niederfuhr.
»Zu neugierig«, belehrte er sie in mitleidlosem Tonfall. »Die zügellose Gier ist deinem Volk einfach angeboren. So wie euch einst der Leib nicht mehr reichte und ihr auch nach der gefiederten Schlange gegriffen habt, so vermagst du einfach nicht deine Neugier zu bezähmen. Dabei habe ich dich erst vor kurzem noch gewarnt.«
Feene verstand nur die Hälfte von dem, was er da sagte. Doch eins, das spürte sie ganz genau: dass ihr Leben gerade an einem seidenen Faden hing.
»Gothars Tod ändert nichts an meiner Treue«, versicherte sie eilig. »Es ist mir vollkommen egal, wem ich diene, solange ich nur weiß, wem ich diene!«
Der Maar schüttelte den Kopf, als wäre er traurig. Doch einer wie er, der nie Gefühle zeigte, benutzte diese Gebärde nur, um mit einem hilflosen Opfer zu spielen. »Ich brauche keinen Todbringer, der wissen muss, wem er dient«, antwortete er zischelnd. »Nur einen, der Befehle ausführen kann.«
»Das ist nicht wahr, und das weißt du!« Feene wusste selbst nicht, was sie dazu trieb, so aufsässig zu antworten.
Erschrocken fiel sie nach vorn ins Gras, Arme und Beine weit von ihrem Körper abgespreizt. Mit Ähren besetzte Halme und Erdkrumen drangen ihr in den Mund, als sie dem Maar in dieser demutsvollen Haltung versicherte: »Ihr braucht einen Todbringer,
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