Blutorks 3 - Blutorks 3
Sonnenstrahl seinen Weg in einen der vergitterten Schächte gefunden hatte, war er erfrischt erwacht – Benir hatte es genau beobachtet –, tat seitdem aber so, als dämmerte er immer noch vor sich hin. Die Holzschüssel mit seinem Essen stand unberührt neben ihm.
Auch den Besuch des Feldschers hatte der Ork mit geschlossen Augen über sich ergehen lassen. Alle Versuche, ihn zu wecken, waren scheinbar gescheitert. So war dem kleinen und stark übergewichtigen Wundarzt, der im Aussehen einer fleischgewordenen Kugel ähnelte, nichts anderes übrig geblieben, als den duftenden Lederbeutel mit Dornbeeren, den er mitgebracht hatte, neben Urok abzustellen und sich ansonsten über die bereits so weit fortgeschrittene Genesung des Orks zu wundern.
»Geradezu unglaublich«, hatte der mit einem langen grauen Federmantel bekleidete Dickwanst immer wieder gemurmelt. »Die Konstitution dieses Scheusals kann es schon fast mit einem genügsamen Lindwurm aufnehmen. Ich komme noch einmal am Nachmittag wieder. Dann muss er mir einfach Rede und Antwort stehen.«
Danach war er endlich gegangen.
Ein schläfriges Knurren drang aus Uroks Mund. Während seine Zunge mehrmals kurz zwischen den wulstigen Lippen hervorschnellte, tastete er blind nach dem neben ihm stehenden Krug, umfasste ihn am bauchigen Unterteil und hob ihn an den Mund. Ohne auch nur einmal sichtbar zu schlucken, ließ er den kompletten Inhalt in sich hineinlaufen. Erst als sein Durst gelöscht war, öffnete er die Augen.
»Ahhh! Das hat gut getan!«
»Na endlich«, fuhr ihn Benir gereizt an. »Ich dachte schon, du wolltest den ganzen Tag über Toter Krieger spielen.«
Ohne auf die zänkischen Worte einzugehen, nahm sich Urok den Holzteller. Nach einem prüfenden Blick stellte er ihn auf seinem angewinkelten Knie ab und schaufelte alles, was darauf lag, in sich hinein: gebratenes Fleisch, gekochte Wurzelknollen und Brotstücke, dazu Granatfrüchte und Nüsse, die er mitsamt den Schalen zerkaute.
Die Kost der Gladiatoren war nahrhaft und reichlich, aber diese Männer sollten ja auch zur Freude des Publikums gegeneinander kämpfen und nicht entkräftet vor sich hin vegetieren wie normale Kerkerinsassen.
Am Schluss zerbrach der Ork den Knochen, den er abgenagt hatte, und saugte das Mark heraus. Doch erst, als auch noch der Teller ausgeleckt war, schien er wirklich zufrieden zu sein.
»Vergiss die Dornbeeren nicht«, neckte Benir.
Urok schnüffelte prüfend an dem offenen Beutel, zog den Kopf aber ruckartig zurück, als ihm der betäubende Geruch in die Nase stieg.
»Die sind zum Einreiben gedacht«, erklärte ihm der Elf. »Werden sie gegessen, entfalten sie eine berauschende Wirkung.«
Urok gönnte sich trotzdem drei Stück von den Beeren, bevor er die anderen über seine noch schmerzenden Körperstellen verrieb. Benir ließ ihn gewähren, denn eine leichte Benommenheit mochte Urok vielleicht dabei helfen, erneut störende Barrieren zu überwinden, wenn es hieß, sich den übergeordneten Kräften vorbehaltlos hinzugeben.
Doch der Ork, der da vor ihm saß, war längst nicht mehr der Gleiche wie gestern, das spürte Benir genau. Das Blut der Erde hatte Urok nicht nur geheilt, sondern auch verändert, ja, ihn bis auf den tiefsten Grund seiner Seele völlig durchdrungen. Der Grundstein war gelegt. Ab heute konnten sie sich schon an die Feinheiten begeben.
»Du musst lernen, das Blut der Erde so zu nutzen, dass es dir jederzeit zur Verfügung steht«, forderte Benir entschlossen. »Das würde dich unbezwingbar machen.«
Und mich auch! , fügte er in Gedanken hinzu, fest entschlossen, dem Ork nicht nur zu zeigen, wie er mit dem Blut der Erde umgehen konnte, sondern es auch selbst zu lernen.
»Glaubst du wirklich, dass ich meine Feuerhand bald nach Belieben kontrollieren kann?« Beide Hände noch voller zerdrückter Dornbeeren, sah Urok fragend zu ihm auf.
»Deine Feuerhand und noch viel mehr«, gab sich Benir überzeugt. »Mit genügend Übung sogar wie in diesem Blutrausch, von dem du mir erzählt hast.«
»Ohne dabei zu vergehen?« Uroks Stimme nahm einen ehrfürchtigen Klang an.
»Wenn deine Fähigkeiten weit genug ausgebildet sind. So wie ich den Atem des Himmels nutzen kann, ohne daran zu sterben.«
Benir beobachtete amüsiert, wie der Ork die verbliebenen Schalen und Kerne der zerquetschten Beeren wieder von Armen und Schultern streifte. Die flüssigen Bestandteile waren bereits in die Haut eingezogen und entfalteten dort ihre heilende Wirkung. Das
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