Blutorks 3 - Blutorks 3
das Seil aus dem Loch. Ihre Arbeit war nicht ungefährlich, denn das Trümmerfeld, in dem sie standen, war schon mehrmals ins Rutschen geraten, und mehrere Männer hatten während der Aufräumarbeiten schwere Knochenbrüche erlitten, einer war beim Vordringen ins Stollensystem sogar verschüttet worden und hatte nur noch tot geborgen werden können.
Trotzdem spannten sie alle Muskeln an und legten sich ins Zeug, obwohl sie jeder Kiesel, der sich aus den umliegenden Ziegelhaufen löste, sofort zusammenzucken ließ.
Weitaus gefährlicher wäre jedoch gewesen, die Befehle der Lichtbringer zu verweigern, darum zerrten, stöhnten und schwitzten sie so lange, bis das, was sie da bargen, auch den letzten Engpass überwunden hatte.
Als die schwarzölig glänzende Spitze endlich ans Tageslicht gelangte, ging alles ganz schnell. Unter einem satten Schmatzen quoll der üblen Verwesungsgestank verströmende Tentakel aus der Öffnung hervor, zuerst so dick wie ein Unterarm, aber nach hinten hin immer stärker aufquellend, bis er den Durchmesser eines Baumstamms erreichte. Scharfer Stahl hatte den Fortsatz vom Rest des Körpers getrennt, und tief ins Fleisch versenkte Metallhaken hatten anschließend das Herausschleifen ermöglicht.
Fast in Lindwurmlänge ringelte sich der abgetrennte Tentakel auf dem steinernen Untergrund, als er zur Gänze heraus war. Oben, bei Tageslicht, ohne den gnädigen Mantel der Dunkelheit, wirkte er noch abstoßender als zuvor.
Der schleifende Transport blieb nicht ohne Folgen. Aus der Tiefe heraus wurde Steinschlag hörbar, wenn auch nicht laut genug, um jemanden nervös zu machen. Das leise Rauschen, mit dem die Lichtbringer herabschwebten, trieb die Knechte dagegen in Windeseile auseinander.
Ehrfürchtig verfolgten sie aus sicherer Entfernung, wie die Schleierwesen bis kurz über dem Grund absanken, tief genug, dass sich ihre weißen Säume zu schmalen Rollen ausformen konnten, deren Spitzen vorsichtig, wie mit lebenden Fühlern, über das verrottende Fleisch strichen, ohne auch nur den geringsten Schmutzhauch aufzunehmen.
Ihre Arme pressten sie dabei gegen die hageren, kerzengerade aufgerichteten Körper, und auch sonst zeigten sie keinerlei sichtliche Regung, nicht einmal eine kurze Kopfwendung, um miteinander Blicke auszutauschen. Trotzdem standen die geheimnisvollen Wesen in engem Kontakt zueinander, das war deutlich zu erkennen, wahrscheinlich über ihre wogenden Schleier, die einander berührten.
Nach einer kurzen, aber auf den Eisvogt beinahe unendlich wirkenden Zeitspanne, stiegen sie wieder in den Himmel auf, viel höher als zuvor, und verharrten dort gemeinsam, zu einem weißen Fleck verschmolzen, bis sie sich gänzlich voneinander lösten. Zwei von ihnen flogen weit davon, der eine über Dunkeltann hinweg, der andere in Richtung Sangor.
Der dritte, ständig in Rabensang verweilende kehrte dagegen in den hohen Turm zurück, von dem aus er seit jeher über die Stadt wachte. Ohne sich für die gefährliche Arbeit zu bedanken, die der Eisvogt und seine Männer geleistet hatten, entschwand er ihren Blicken.
Wie es nun einmal die Art der Lichtbringer war.
Am Frostwall
Noch während Bava darüber grübelte, wie sich ein ausgewachsener Frostbär mit steif gefrorenen Händen überwältigen und aufschlitzen ließ, erstarb das Schnarchen neben ihm. Unversehens erklangen in der Dunkelheit neue, weitaus gefährlichere Laute – das Schniefen und Schmatzen eines aus tiefstem Schlaf erwachenden Frostbären.
Bava schwankte noch zwischen Flucht und Angriff, als die Bestie bereits seine Witterung auffing. Grollend wälzte sie ihren schweren Körper herum. Der eisbedeckte Boden erzitterte unter den entfesselten Massen, trotzdem stürzte der Ork dem Poltern entgegen. Lieber mit dem Kopf voran im offenen Maul enden, als von den Stiefeln an, Stück für Stück, in blutige Fetzen gerissen zu werden. Das wäre genauso schlimm, wie unter Gabors Messer zu enden.
Mit vorgehaltenen Händen prallte er gegen die zottigen Fleischmassen. Die verbliebenen Finger seiner Linken krallten sich darin fest, während die Rechte suchend umhertastete, verzweifelt darum bemüht, den Kopf des Tieres zu finden. Ein angriffslustiges Fauchen, direkt neben seinem Ohr, klärte ihn umso schneller darüber auf, wo sich die Augen des Tieres befanden.
Noch aus der Drehung heraus stieß Bava die versteiften Finger nach vorn, mitten in die Finsternis hinein, auch auf die Gefahr hin, sie im Maul des Tieres zu verlieren. Das war
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