Blutrot - Die Farbe der Lust - Page, S: Blutrot - Die Farbe der Lust
eine Halluzination – weil er starb. Er schloss die Augen. Er war eiskalt, durchnässt und verdreckt. Die heiße Feuchtigkeit auf seinen Lippen überraschte ihn. Als der metallische Geschmack seine Zunge traf, als die Flüssigkeit seinen Mund füllte, da trank er. Schwach wie er war, schluckte er gehorsam, ohne zu wissen, was es war.
„Trink“, ermahnte Zayan ihn und strich ihm übers Haar. Geschwächt öffnete er die Augen und sah Zayans nackten Arm direkt vor sich. Er erkannte, dass sein Mund an Zayans Handgelenk lag und dass er an ihm saugte wie ein Baby. Er saugte Blut.
Widerwille erfasste ihn. Bastien kämpfte gegen Zayans Arm an, der ihn festhielt. Und dann gab Bastien nach, er trank und trank, bis Zayan sein Handgelenk von seinem gierigen Mund fortzog.
„Verstehst du, was du jetzt bist?“, fragte Zayan.
Überrascht von der Stärke, die er durch seine kalten, tauben Glieder fluten fühlte, war es ihm egal. Es scherte ihn einen Dreck, was er jetzt war, weil es so schien, als wäre er am Leben.
Plötzlich hatte er Zayans Stimme in seinem Kopf gehört. Du bist jetzt Nosferatu .
Indem er ihn dem Tod entriss, hatte Zayan ihn davor bewahrt, die Flucht zu ergreifen, nach der er sich gesehnt hatte. Im ersten Moment hatte Bastien ihn dafür gehasst. Aber es war ein Vergnügen gewesen, Ormston ausfindig zu machen und sein Blut zu trinken. Nicht dass Ormston diesen Tod verdient hatte. Schließlich hatte Bastien in seinen Gefilden gewildert. Und er wäre glücklich gewesen, seinen eigenen Tod zu akzeptieren, wenn er ihm auf ehrenhafte Weise widerfahren wäre. Aber in einer dreckigen Gasse hinter der Drury Lane überraschend niedergestochen zu werden war eine Beleidigung.
In seiner zweiten Nacht als Unsterblicher war er wie ein Verrückter durch London gelaufen. Aufgekratzt und wild hatte er triumphiert, seine neu gewonnene Kraft und Macht ausgenutzt. Aber verdammt, noch immer hatte er Zayan gehasst, der ihn gezwungen hatte, das Leben eines auf ewig Verdammten zu führen, nur weil er zugelassen hatte, dass sein Vater ihn schlug.
Und er hasste sich selbst als er in Tränen ausbrach, während er Zayan gestand, was zwischen seinem Vater und ihm vorgefallen war. Zayan hatte die Beweise gesehen, die frischen, geschwollenen Striemen auf seinem Rücken. Wunden, die wie durch ein Wunder verheilten, nachdem er Zayans Blut getrunken hatte.
Gott, er erinnerte sich an das erste Mal, als er Blut trank. Wie sehr er danach hungerte, sich danach verzehrte. Und nie würde er die schiere Lust vergessen, als er seine Zähne in einen menschlichen Hals versenkte. Sein Schwanz war dabei steinhart geworden, als das Fleisch sich gegen die Spitze seiner Fangzähne drückte. Die Wärme, der Geruch nach Schweiß, die ersten, quälend langsam fließenden Tropfen, als seine Zähne durch die Haut drangen.
Und dann das gummiartige Gefühl der Ader. Einen Moment widerstand sie, dann öffnete sie sich an einem Punkt. Die Ekstase, als das Blut in ihn floss, ein heißer, kupfriger Fluss in seinem wartenden Mund.
Er wünschte sich nur, sein Vater hätte Zeuge werden können, wie er das Blut eines anderen trank.
Ja, er war tatsächlich ein Perverser.
Doch in der dritten Nacht nach seiner Verwandlung war sein Vater gestorben. Eine Herzattacke, die ihn im Bett ereilte. Bastien hatte sich später oft gefragt, ob Zayan seinem Vater einen Besuch abgestattet hatte.
In der Nacht, in der ihr Vater starb, wurde Yannick der neue Lord. Er nahm sich alles – den Titel, den Reichtum, die Macht. Und sein Vater hatte ihm, als er ihn auspeitschte, verraten, dass es Yannick gewesen war, der sein Verhältnis mit Zayan verraten hatte.
Blind vor Wut und Eifersucht hatte er Yannick getötet. Mit einem Messer.
Aber er ließ Yannick nicht sterben. Er verwandelte seinen Bruder, der sonst verblutet wäre. Er war entsetzt über den Betrug seines Zwillings.
Als er seinen Bruder zwang, den ersten Schluck seines Blutes zu trinken, hatte er gedacht, dass er alles nehmen wollte, das Yannick gehörte. Wie konnte Yannick jetzt noch der Lord sein?
Doch tief in seinem Herzen hatte Bastien geahnt, dass sein Vater ihn belogen hatte – er wusste, sein Hausdiener war schon immer ein Spion seines Vaters gewesen. Er hatte Yannick verwandelt, weil er verletzt und wütend war, weil er Angst hatte, für immer von dem Bruder getrennt zu sein, den er einerseits verdammte, andererseits aber aus tiefem Herzen liebte.
Zu spät erkannte er, dass Luzifer seinen Zorn manipuliert hatte,
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