Blutrot - Die Farbe der Lust - Page, S: Blutrot - Die Farbe der Lust
seine Eifersucht und seine Angst benutzt hatte. Er dachte, dass er den Mord an seinem Bruder wirklich gewollt hatte.
Und einen Bruder zu töten, das war – selbst wenn man ihm danach das Leben rettete – eine Sünde.
Und das machte ihn zum idealen Kandidaten für das Angebot des Teufels.
„Einen Mr. Zayan?“ Lady Peters legte behutsam Messer und Gabel auf ihren Teller, während sie überlegte. „Nein, meine Liebe, ich glaube nicht, dass ich je von einem Mitglied der Gesellschaft dieses Namens gehört habe.“
Althea seufzte. Sie pickte lustlos ein Stück Braten auf. Sie hatte auch nicht ernsthaft damit gerechnet, bei Lady Peters mit ihrer Frage Erfolg zu haben. Beim Frühstück hatte sie bereits Sir Randolph nach Zayan gefragt – es war ihre einzige Chance gewesen, vor Einbruch der Nacht mit ihm zu reden, da er sein Mittagessen normalerweise im Club einnahm.
Sie waren allein gewesen im Frühstücksraum. „Sie müssen keine Angst vor Zayan haben“, hatte er in einem gönnerhaften Tonfall gesagt. Er war ein attraktiver, nüchterner Mann und nachdem er ihr diese Versicherung gegeben hatte, hatte er sich wieder in seine Zeitung vertieft.
„Nein“, hatte Althea geantwortet und den Kaffee heruntergestürzt. „Ich will Zayan jagen.“
Bei dieser Eröffnung war ihr Gastgeber explodiert – sofort befahl er, dass sie nicht so eine riesige Dummheit begehen würde – und sie ahnte, dass man sie an der kurzen Leine halten würde.
Sie nahm einen Schluck Wein. Bei dem Musikabend, den Lady Monrose heute Abend gab, wollte sie die Damen der Gesellschaft über Zayan ausfragen. Er lebte ein gutes und öffentliches Leben, und sie ahnte, dass er Debütantinnen nicht von seiner Wahl des nächsten Opfers ausschloss. Also hatte er sicher dafür gesorgt, dass er Zutritt hatte zur besseren Gesellschaft. Vermutlich war er wie Bastien. Er genoss es, zwischen den Sterblichen als Dämon zu wandeln – es war sein ganz persönlicher Scherz.
Doch während Bastien hinter dieser Maske ein freundliches, liebevolles Wesen verbarg, war es bei Zayan das Böse. Althea griff nach ihrem Weinglas, doch als sie einen weiteren Schluck nahm, trat Ridgeway, der Butler, ein.
„Sir Edmund Yates ist soeben angekommen, Mylady.“
Vater! Sie schob ihren Stuhl zurück und stand auf. Er musste ihren Brief erhalten haben, in dem sie ihm von ihrer Begegnung mit der sogenannten Vampirkönigin berichtet hatte.
Lady Peters lächelte. „Bringen Sie ihn herein, Ridgeway.“
Und da war ihr Vater. Noch immer wirkte er schwach, aber so vertraut in seinen Kniehosen und ganz in Tweed, ein breites Lächeln auf seinem wettergegerbten Gesicht. Unter seinem Hut war sein drahtiges, weißes Haar in der gewohnten Unordnung, und seine Brillengläser waren von Fingerabdrücken verschmiert. Unter den Arm hatte er sich ein in Leder gebundenes Buch geklemmt.
Und wie überglücklich sie war, ihn zu sehen.
„Oh, Althea, mein Mädchen, ich bin so glücklich, wieder bei dir zu sein.“ Er hielt sie fest an sich gedrückt und strich ihr übers Haar. „Und du bist eine bezaubernde Schönheit, sollte ich hinzufügen.“
Sie war nur glücklich, dass er gesund und in Sicherheit war. Er strahlte sie stolz an, weil sie eines ihrer neuen Kleider trug und das Haar so elegant hochgesteckt hatte.
Es gab keine Gelegenheit, über persönliche Dinge zu reden – jedenfalls nicht, solange Lady Peters, David, die Cousinen und die Tante dabeisaßen.
Aber als David augenzwinkernd bemerkte, dass Althea in ihrem schönen Kleid die feine Gesellschaft verzaubert hatte, räusperte sich die Tante, Mrs. Horatio Thomas. „Mir scheint, sie setzt auf die dämonischen Zwillinge – die beiden habe ich seit Jahren nicht mehr gesehen. Sie haben wilde Zeiten auf dem Kontinent verlebt, habe ich gehört, und ich bin geneigt, den Gerüchten zu glauben. Sie sehen keinen Tag älter aus als damals, als sie das letzte Mal die Gesellschaft mit ihrer Anwesenheit beehrt hatten. Obwohl es ja Gerüchte über Lord Brookshire gibt. Er soll jahrelang in England gelebt haben, zurückgezogen auf seinem Landsitz. Trotzdem ist er zu vornehm, um ihn als Ehemann in Betracht zu ziehen, zumal mit seinem exzentrischen Verhalten.“
„Mrs. Thomas, ich würde nicht einmal davon träumen, so hoch zu streben“, antwortete Althea mit heftig klopfendem Herzen.
Sie bemerkte wie ihr Vater, der sich ihnen zum Abendessen angeschlossen hatte, protestieren wollte. Aber er stopfte sich stattdessen ein Stück Kartoffel in den
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