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Blutrot wie die Wahrheit

Blutrot wie die Wahrheit

Titel: Blutrot wie die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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Mord herauszufinden.“
    Ist das alles?, hätte sie ihn am liebsten gefragt. Oder war es nicht vielmehr möglich, dass er glaubte, sie brauche seinen Schutz, da sie plante, sich mit so mächtigen Männern anzulegen? Und dann diese wunderliche Strategie, ihr den Hof zu machen! Einerseits sträubte sie sich dagegen, allen etwas vorzuspielen, doch andererseits: Tat sie das nicht ohnehin? Wenn sie diese Farce mitmachte, könnte Will sich immerhin nicht nur mit ihr in aller Öffentlichkeit treffen, sondern auch mit seiner Tochter.
    â€žDeiner Mutter werde ich aber nichts vorspielen“, meinte sie und seufzte resigniert. „Das kann ich einfach nicht – nach allem, was sie für mich getan hat.“
    â€žDas verlange ich auch gar nicht. Und es würde wohl ohnehin kaum funktionieren, denn erwartet sie nicht von dir, dass du, während Gracie noch klein ist, nicht heiratest? In dieser Hinsicht könntest du sie ja zumindest ein wenig beruhigen.“
    Eine heimlich seit Jahren verheiratete junge Gouvernante, die ihrer Dienstherrin versicherte, dass sie keineswegs vorhabe zu heiraten, wenngleich sie aus rein praktischen Gründen vorgeben wolle, mit ihrem Sohn verlobt zu sein? Nell rieb sich die Stirn. „Das ist schlichtweg verrückt.“
    â€žSo ist das Leben nun mal.“ Er betrachtete lächelnd ihr züchtiges schwarzes Kleid. „Habe ich dir eigentlich schon von dieser seltsamen Neigung erzählt, die ich für hübsche junge Damen in Trauerkleidung verspüre?“
    â€žJa, hast du.“ Nell spürte glühende Wärme ihren Hals hinaufkriechen. Sie schlug die Augen nieder und spielte mit den Schlüsseln, in der Hoffnung, dass die Krempe ihres Hutes ihr Erröten vor Wills Blicken verbergen würde.
    â€žAuch der Ohnmachtsanfall war durchaus charmant“, meinte er und berührte leicht ihre Hände. Durch die schwarze Seide ihrer Handschuhe hindurch spürte sie warm seine Finger auf den ihren und sah sich außerstande, Widerstand zu leisten, als er nun seinen Finger durch den Schlüsselring steckte und das Bund sachte ihrem Griff entwand. Die Schlüssel in der einen Hand, die andere noch immer um ihren Arm gelegt, geleitete er sie die Kirchentreppe hinunter. „Wollen wir?“
    â€žWillst du mich nach Hause bringen?“, fragte sie, als er sie zu seinem Gespann führte, einem schwarzen Phaeton mit zurückgeschlagenem Verdeck, das auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand.
    Er nickte. „Allerdings erst, nachdem wir einen kleinen Umweg über die Mount Vernon Street gemacht haben.“
    Erstaunt sah sie ihn an. „Fahren wir nun doch zu Mrs. Kimballs Haus?“
    Will lächelte und meinte beiläufig: „Mir scheint, wir sollten es uns lieber ansehen, bevor Mr. Pratts Putzkolonne dort war.“

6. KAPITEL
    â€žGanz schön groß für eine Person“, befand Nell, nachdem Will die Tür zu Mrs. Kimballs äußerst ansehnlichem viergeschossigem Stadthaus aufgeschlossen hatte und sie hineinbegleitete.
    Die Eingangshalle war prachtvoll und sehr weitläufig, mit Böden aus rosa Marmor und Kassettenwänden. Will hängte seinen Hut an eine verspiegelte Garderobe, auf deren Ablage allerlei Briefe und Visitenkarten lagen, manche indes waren zu Boden gefallen. Ein Schirmständer aus Porzellan war umgekippt und zerbrochen. Neben den Scherben lagen zwei rüschenbesetzte Sonnenschirme und ein Herrenstock mit goldenem Knauf. Am Ende des langen Flures flankierten zwei gedrechselte Mahagonipfosten eine mit Teppich beschlagene Treppenflucht.
    â€žDie beiden Leichen wurden zwar oben im ersten Stock gefunden“, sagte Nell, „aber ich glaube, ich würde mich erst noch ein wenig hier unten umsehen wollen.“
    Vom Foyer gelangte man in einen großen zweigeteilten Salon. Eine Reihe vergoldeter Säulen trennte den vorderen Raum vom hinteren Bereich. Goldgefasste Spiegel und Gemälde, auf denen zumeist Mrs. Kimball in ihren diversen Rollen zu sehen war, lehnten an den Wänden. Die Wandhaken darüber ließen vermuten, dass sie kürzlich erst abgenommen worden waren. Zwei Sofas und einige blattvergoldete Beistellstühle waren umgestürzt und die Polster an der Unterseite aufgeschlitzt worden; die Rosshaarfüllung lag überall auf dem persischen Teppich verstreut. Ein kleines Tischkabinett mit elfenbeinernen Intarsien war ebenfalls zu Boden geworfen worden und

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