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Blutrot wie die Wahrheit

Blutrot wie die Wahrheit

Titel: Blutrot wie die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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eine seiner beiden Türen aus den Scharnieren gerissen. Selbst die Holzscheite waren aus dem sauber gekehrten Kamin geräumt und auf den Kaminvorleger geworfen worden.
    â€žHier dürfte Detective Skinner Hand angelegt haben, als er nach dem Roten Buch gesucht hat“, vermutete Nell.
    â€žSollte er es in die Finger bekommen, wäre er zweifellos ein gemachter Mann.“
    Der Rest des unteren Geschosses – Speisezimmer, Küche, Vorratskammer und Wasserklosett – bot einen ähnlich verwüsteten Anblick. Um sicherzugehen, dass nicht doch Einbrecher ins Haus gedrungen waren, prüften sie die Hintertür, den Lieferanteneingang und die Fenster, doch nichts deutete darauf hin, dass jemand sich gewaltsam Zutritt zum Haus verschafft hätte.
    Sie gingen die Treppe hinauf in den ersten Stock, und blieben einen Moment im Flur stehen, an dessen Wänden eine Reihe gerahmter Ambrotypien und cartes de visites von Virginia Kimball hingen, die sie für verschiedene Rollen kostümiert zeigten, sowie zahlreiche Theaterplakate, auf denen ihr Name in übergroßen Lettern prangte. Warm und stickig war es hier oben. Nells Nasenflügel weiteten sich, als nähmen sie unwillkürlich Witterung auf, sowie der süßliche, an erlegtes Wild erinnernde Geruch sich an der Luft zersetzenden Blutes zu ihr drang.
    Will deutete auf eine undeutliche Spur braun-roter Schuhabdrücke auf dem Aubusson-Teppich. „Ich gehe einfach mal davon aus, dass diese Spuren von Polizisten stammen, die hier recht unbefangen durch den Tatort spaziert sind.“
    â€žHätte es bei Skinners Eintreffen schon Fußspuren gegeben“, wandte Nell ein, „wären sie ihm wegen des gemusterten Teppichs vielleicht gar nicht aufgefallen. Und selbst wenn – nun, da der Fall ‚gelöst‘ ist, würde er niemals mehr zugeben, welche entdeckt zu haben. Warum unnötig Verwirrung schaffen, wo doch alles so klar ist?“
    Rechter Hand, zur Straßenseite hinaus, standen drei Türen offen, die in eine Bibliothek, einen weiteren Salon und ein großes Badezimmer führten; die Räume waren allesamt ebenso verwüstet wie jene im Erdgeschoss. Der Boden der Bibliothek war ein einziges Meer aus Büchern.
    Links gab es nur eine Tür, die ebenfalls weit offen stand und in ein sehr geräumiges, buttergelb getöntes Schlafzimmer führte. Durch die beiden Südfenster, die auf einen üppig blühenden Blumengarten hinausgingen, strömte warmes Sonnenlicht herein. Je näher sie dem Zimmer kamen, desto stärker roch es nach Blut. Auch ein leise anschwellendes Summen war nun zu hören, das Nell die Haare zu Berge stehen ließ, wusste sie doch, was es bedeutete.
    Von der Türschwelle aus konnte man auf ein großes Himmelbett blicken, das an der den Fenstern gegenüberliegenden Wand stand. Die Matratze war aufgeschlitzt worden, das Bettzeug achtlos auf den Boden geworfen, lag es inmitten durchwühlter Kleiderhaufen, auf die sich die Daunenfedern aus der Matratze wie frisch gefallener Schnee gelegt hatten. Der orchideengemusterte Teppich musste nach Maß gefertigt worden sein, denn er passte wie angegossen bis in den letzten Winkel des großen Zimmers. Gleich bei der Tür, keinen Schritt von der Schwelle entfernt, kreisten bläulich schimmernde Fliegen über einigen getrockneten Blutflecken. Manche der Flecken waren kaum mehr als kleine Spritzer und Schmierspuren, doch in deren Mitte war eine große, dunkle Lache tief in den Teppich gesickert.
    â€žHier ist Mrs. Kimball gestorben“, sagte Nell.
    Mit ernster Miene begutachtete Will die Flecken. „Sieht mir nicht so aus, als hätte sie sich, nachdem auf sie geschossen wurde, noch von der Stelle bewegt. Allenfalls ein wenig zur Seite gedreht mag sie sich haben.“
    â€žBei der Anhörung hat Mr. Thurston ausgesagt, dass er sie genau hier, gleich an der Türschwelle, vorgefunden und dann in seinen Armen gehalten habe, bis sie gestorben war.“
    Will nickte. „Sie wollte gewiss nicht gern allein sterben.“
    â€žWer will das schon?“
    â€žMir wäre es wohl lieber, dabei allein zu sein. Zumindest glaubte ich das bislang.“
    Nell sah ihn fragend an, doch er wich ihrem Blick aus.
    Stattdessen betrat er das Zimmer, stieg vorsichtig über die Blutflecken hinweg und reichte Nell die Hand, um es ihm nachzutun. Kreuz und quer über den Teppich verliefen noch mehr blutige

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