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Blutrot

Titel: Blutrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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hinunter war eine Frau mit Kinderwagen stehen geblieben und sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Auf der anderen Straßenseite stand D. L. Fleury in der Tür seines Drugstores, hinter ihm ein Kunde.
    Ludlow beobachtete, wie Fleurys erstaunter Gesichtsausdruck allmählich einem breiten Grinsen Platz machte. Ludlow nahm an, dass D. L. ahnte, worum es hier ging.
    Mit einem Fußtritt beförderte Ludlow den Baseballschläger in den Rinnstein, sodass der Junge nicht mehr herankam.
    Dann beugte er sich herab und flüsterte Danny, der jetzt Rotz und Wasser heulte, etwas ins Ohr.

    »Du bist mir voll auf den Leim gegangen, Freundchen. Auf der Straße stehen überall Zeugen, die gesehen haben, wie du mit einem Baseballschläger auf mich losgegangen bist. Einige der Leute sind alte Freunde von mir. Versuch also nicht, eine große Sache draus zu machen. Ich habe nur nachgeholt, was eigentlich dein Vater hätte tun müssen. Du hast es verdient, so oder so. Es bringt mir zwar meinen Hund nicht zurück, aber vielleicht denkst du ja beim nächsten Mal ein bisschen nach, bevor es wieder mit dir durchgeht. Vielleicht denkst du dann an Red und mich.«
    Er nickte der Frau mit dem Kinderwagen zu und danach hinüber zu D. L., der ernst zurücknickte. Dann ging Ludlow zu seinem Wagen. Er öffnete die Tür und wandte sich zu Harold und Pete um.
    »Ich glaube, er hat sich an den Rippen verletzt«, sagte er. »Ihr solltet euch um ihn kümmern.«
    Während er zwischen den Hügeln die Stirrup Iron Road hinauffuhr, rannte vor ihm plötzlich eine kleine schwarze Katze, die ein Kaninchen verfolgte, über die Straße. Es war wie eine Botschaft aus einer anderen Welt. Er stieg voll auf die Bremse und kam wenige Zentimeter vor den Hinterbeinen der Katze zum Stehen. Zitternd saß er eine Weile da und starrte in die Büsche am Straßenrand, in denen die Katze und das Kaninchen verschwunden waren.
    Als das Zittern aufgehört hatte, legte er den Gang ein und fuhr vorsichtig weiter.

18
    In Sam Berrys Büro roch es nach Pfeifenrauch und alten Büchern. Hinter den Fenstern fegte der Wind die Straße hinab, die Bäume bogen sich, und das Laub wirbelte durch die Luft, aber drinnen im Büro war es still.
    Ludlow sah zu, wie Sam die Asche aus seiner Bruyère-Pfeife in den metallenen Papierkorb klopfte, dann den Pfeifenkopf umdrehte, ihn ein paarmal gegen sein künstliches Wadenbein schlug, um ihn anschließend erneut auszuklopfen. Während er die Pfeife mit frischem Tabak aus einem Lederbeutel stopfte, der auf dem Schreibtisch lag, lächelte er kopfschüttelnd.
    »Du meinst also, das genügt dir«, sagte der Anwalt. »Verstehe ich das richtig?«
    »Ja.«
    »Wir sollen die Klage vergessen? Die Sache ist erledigt?«
    »Ganz recht. Ich denke nicht, dass wir etwas erreichen würden, du etwa?«

    »Viel würde vermutlich nicht herauskommen, nein. Das habe ich dir von Anfang an gesagt.«
    Sam sah ihn schmunzelnd an. »Du hast mir was vorgeflunkert, nicht wahr, Av? Du wolltest sie gar nicht verklagen. Du wolltest mich bloß ablenken, damit ich nicht merke, was du im Schilde führst.«
    »Du hättest bloß versucht, es mir auszureden.«
    »Wohl wahr. Du weißt, dass der Junge dich hätte umbringen können.«
    »Mein Gefühl sagte mir, dass Leute wie er niemanden von meiner Statur umbringen, solange man nicht bewaffnet ist. Ob ich nun alt bin oder nicht. Der Junge ist ein Hitzkopf. Ein Feigling und Schläger. Darauf habe ich gesetzt.«
    »Aber damit ist die Sache erledigt, richtig?«
    »Ja, es ist vorbei.«
    »Na, hoffentlich. Dir ist doch bewusst, dass du juristisch auf wackeligem Boden gestanden hast, als du ihn auf diese Weise angegangen bist?«
    »Ja, das weiß ich.«
    »Isst du manchmal chinesisch, Av?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Ich schon, ab und zu. Moo goo gai pan . Rippchen und Frühlingsrollen. Ich mag sogar den wässrigen Tee, den sie einem servieren, und den Glückskeks am Ende. Schade nur, dass die Sprüche in den Keksen meistens ziemlich banal sind. So Sachen wie: ›Ihre Wünsche werden sich erfüllen.‹ Oder: ›Jetzt ist ein günstiger Zeitpunkt, um Ihr Geschäft zu erweitern.‹
Einmal aber fand ich einen, der hat mich wirklich zum Nachdenken gebracht: ›Nichts auf dieser Welt lässt sich ohne Leidenschaft erreichen.‹ Das ist gut, was? In einem Glückskeks . Ich fand es jedenfalls bemerkenswert.«
    Ludlow nickte.
    »Aber ich schätze, mit der Leidenschaft ist es so wie mit dem Wind da draußen in den Bäumen. Eine Weile bläst er kräftig und

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