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Blutsbrüder

Blutsbrüder

Titel: Blutsbrüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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vorm Fenster der sonnendurchfluteten Küche und beginnt.
    »Ich finde das mit der Knarre, dem Leuchtspurtei l – so was kann man ja auch aufbohren, also scharf mache n – schon irgendwie nicht richtig. Aber, und das steht wohl im Widerspruch zur Ansicht der Allermeisten, ohne das Geballere und ohne den Einsatz gegen das Monster mit Glatze hätten wir alt ausgesehen. Die hätten uns, wie Hakan sagt, zerlegt, in kleine Teile. Die haben auf uns gewartet, wegen der Aktionen in den Wochen vorher. Und schöne Argumente hätten da nix genützt. Wir haben uns weit vorgewagt und wir haben gesehen, wohin das führen kann.«
    »Das«, sagt Jan-Niklas ziemlich leise, »empfinde ich als bloß bedingt qualifizierten Beitrag.«
    »Ach ja«, entgegnet Tomtom und seine Stimme wird schärfer, »aber den Abschluss der Aktionswochen als Erfolg zu verkaufen, das ist qualifizierter?«
    »Hm. Na ja.« Marvin kratzt sich unbehaglich.
    Jan-Niklas ergänzt, noch verhaltener als vorher: »Aber einmal geht’s um den Inhal t – und bei der Pistole, da geht’s um die Form .«
    Für Augenblicke ist nur das Schlucken und Schlürfen zu hören, dann fügt Alina, die neben Darius sitzt, ziemlich leise hinzu: »Manche Leute reden manchmal einfach ’n bisschen zu klug.«
    Aber weil Marvin gerade mit seiner Schale an seinen Untersetzer klirrt, überhört Jan-Niklas die Bemerkung. Und bevor Alina ihren Satz wiederholen kann, sagt Cora mit Nachdruck: »Schießen ist der letzte Scheiß.«
    In dem Moment steht Hakan auf. Jedes Mal, wenn er redet, steht er auf.
    Und während Darius sich wundert, wie es Hakan nicht zum ersten Mal gelingt, der Diskussion eine Richtung zu geben, mit der keiner im Raum gerechnet hat und der trotzdem alle wie gebannt folgen, hört er, wie Hakan die Benutzung der Signalpistole zwar als Verstoß qualifiziert, aber auch als Notwehr. Wie er Marvin und Simon anführt, die den hünenhaften Skinhead zumindest zusammenschlagen wollten, obwohl er überwältigt wa r – »entspricht auch nicht gerade unseren Regeln«.
    Marvin und Simon senken beschämt den Blick.
    Im nächsten Atemzug rechnet Hakan die Leuchtspurmunition der nunmehr abgeschlossenen Kampagne zu (»die vielleicht eine Nummer zu groß für uns war«), plädiert dafür, die Sache zu vergessen (»ist vorbei«), und kommt ohne Übergang noch einmal auf den in der Nacht erwähnten Gedanken zurück.
    Bevor er genauer ausführen kann, was er damit meint, fällt ihm Tomtom ins Wort. »Ich stimme dir ja zu in allem, was die Schießerei betrifft. Aber die andere Sach e – willst du jetzt Plakate kleben: TÜRKEN BENEHMEN SICH MANCHMAL GANZ SCHÖN SCHEISSE ?« Unwillkürlich muss er grinsen. »Gilt mindestens genauso für ’ne Masse Deutsche. Oder?«
    »Das waren gestern Araber.« Mürrisch zuckt Hakan die Schultern.
    »Die du sowieso nicht magst?« Cora pustet sachte in ihren Milchkaffee.
    »Darum geht’s nicht«, murmelt Hakan. »Hätten auch Türken sein können.«
    »War doch wohl eher ein Einzelfall, hm?« Gedankenverloren streicht Marvin Cora mit der Hand über den Rücken.
    »Gibt aber viele von diesen Einzelfällen.« Hakan räuspert sich. »Und es sind fast immer Türken oder Araber. Jedenfalls in unserer Gegend. Und ich denke, das wisst ihr auch. Was das Vorgehen betriff t … na ja. Ich denk da an eine Kampagn e …«
    Noch im Verlauf des Satzes werden seine Worte leiser, als merke er, dass ihm niemand der Versammelten zustimmen wird. Weil er nicht fortfährt, den Satz nicht beendet, bleibt es still in der Küche, so still, dass Darius meint, er könne das Geräusch der Sonnenstrahlen hören.
    Die wenigen Worte, die Hakan ausgesprochen hat, wirken nach wie etwas Dunkles, das nicht geweckt werden darf. Keiner regt sich. Nur Alina bewegt sich unruhig auf ihrem Platz.
    Doch ehe sie etwas sagen und Hakan eventuell zustimmen kann, richtet sich Darius auf. Entgegen seiner Gewohnheit setzt er zu einer längeren Rede an. Ungläubig lauscht er der eigenen Stimme, als spreche nicht er, sondern ein Fremder.
    Er redet davon, dass die Diskussion, dass auch Hakans Vorschlag nur durch sein, Darius’ Verhalten zustande gekommen sei, durch die Schüsse auf dem Bahnhof. Dass also letztlich er, Darius, diesen Zwist in die Gruppe getragen habe. Dass ihm sein Verhalten, nicht nur insofern, leidtue und dass ihm, noch mit niemandem habe er darüber gesprochen, das eigene Verhalten oft unangenehm sei. »Na ja, ich erkenne nun mal, wann ich wem in die Fresse zu schlagen habe. Ist eben so,

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