Blutsbund 02 - Dimitrij
Arbeitszimmer.«
Dimitrij nickte und steuerte direkt den Raum an, indem sein Bruder saß. Er klopfte kurz an und nach einem deutlich vernehmbaren »Ja«, betrat er das Zimmer.
Michail Romanow lehnte sich im Sessel zurück und musterte ihn mit herablassendem Blick. »Wie ich sehe, ändern sich manche Dinge wohl nie Dimitrij?«
Dima konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, schließlich wusste er genau, worauf der andere anspielte. Während sein Bruder im Maßanzug hinter dem Schreibtisch saß, stand er in einer ausgewaschenen Jeans, einem schlichten T-Shirt und Chucks vor ihm. Er ahnte, welcher Satz als Nächstes kommen würde, und sollte recht behalten.
Michail holte tief Luft und sagte dann streng: »Dein Aussehen ist wie immer unangemessen für einen Romanow. Wir gehören zum russischen Adel und haben eine gewisse Verpflichtung. Du hingegen siehst aus wie ein New Yorker Straßenjunge!«
Dimitrij setzte sich ohne Aufforderung auf einen gegenüberstehenden Stuhl und erklärte gelassen: »Ich bin nicht hier, um mich mit dir über Kleiderordnungen zu unterhalten. Wie ich dir bereits am Telefon gesagt habe, musste Igor in Berlin bei Sergej bleiben. Die ganze Situation dort hat mir mehr als einmal vor Augen geführt, dass es an der Zeit ist, mich wieder meiner Wege ziehen zu lassen. Ich bin hier, weil ich die Silbertätowierung entfernt haben will. Fünfzig Jahre reichen, meinst du nicht auch?«
Zu Dimas Unwillen war Michail schon immer der Mann gewesen, der familiäre Entscheidungen traf und durchsetzte. Sein direkter Kontakt zum russischen König der Vampire unterstütze dies, und dass eine Auflehnung Konsequenzen hatte, durfte Dimitrij schließlich am eigenen Leib erfahren.
»Dir ist klar, dass der König dich köpft, wenn du dafür sorgst, dass wir noch publiker werden, als wir es bereits in der Fantasie der Menschen sind?«, fragte Michail ruhig.
Dima nickte, ließ sich sein Erstaunen aber nicht anmerken. Er hätte damit gerechnet, dass sein Bruder die Bitte abschlagen würde und ihn vor die Tür setzte.
»Was ist das für eine Geschichte mit Sergej? Es sind sogar in Russland Gerüchte aufgekommen, dass es zwischen den Rassen in Deutschland Zwist gab.«
Dimitrij überlegte, was er sagen oder lieber verschweigen sollte. Er schürzte die Lippen und berichtete dann im Detail, was in Berlin vorgefallen war. Er sah, wie Michails Mimik sich mit jedem Satz zusehends verdüsterte.
Ein leises Klopfen unterbrach das Gespräch und die Tür wurde geöffnet.
»Seine Majestät ist hier und wünscht Sie zu sprechen«, erklärte der Diener und blickte Michail an.
Dieser zog erstaunt die Brauen hoch, nickte aber umgehend. Der Mann in dem schwarzen Livre gab den Türrahmen für Viktor frei. Michail und Dimitrij erhoben sich gleichzeitig und verbeugten sich vor dem schlanken blonden Vampirkönig. Viktor lächelte die beiden Vampire an und ging dann direkt auf Dimitrij zu. Diesem entging nicht, wie die Augen des Herrschers kurz die Kleidung musterten und amüsiert flackerten. Er hatte Viktor seit mehr als fünfzig Jahren nicht gesehen und doch fühlte es sich für ihn an, als wäre ihr letztes Gespräch gestern gewesen. Dass Vampire sich äußerlich nicht änderten, war selbstverständlich, aber er hatte den Eindruck, dass Viktors Respekt einflößende Ausstrahlung sich um ein Vielfaches vermehrt hatte. Unnahbarkeit war eine Sache, die Viktor schon immer innehatte, aber den König umgab etwas, das Dimitrij nicht in Worte fassen konnte. War es Macht, die dem Mann eine derartige Aura gab?
»Ich störe bestimmt und werde mich zurückziehen«, erklärte Dima.
»Bleib ruhig Dimitrij. Es ist ganz passend, dass du hier bist«, schlug Viktor den Vorschlag aus. Dann nahm dieser auf einem weiteren Stuhl vor Michails Schreibtisch Platz und nach einer Geste des Königs setzten sich auch die beiden Vampire wieder.
Sie kamen nicht dazu sich über Viktors Aussage Gedanken zu machen, denn dieser erklärte frei heraus: »Ich benötige jemanden, der ein paar Nachforschungen für uns anstellt. Es betrifft den Krieg zwischen uns und den Werwölfen. Da absolute Verschwiegenheit gegeben sein muss, denke ich, dass ein Romanow die passende Wahl ist. Da Michail in Ratsangelegenheiten eingespannt ist, würde es sich anbieten, dass du es übernimmst.«
Der Blick des Monarchen ruhte auf Dimitrij, der nur knapp nickte, denn ein Widerspruch war undenkbar.
»Gut, dann komm morgen Vormittag in mein Büro. Dort besprechen wir die Details«, erwiderte
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