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Blutschwestern

Blutschwestern

Titel: Blutschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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konnte erhabener sein als die Königin von Engil selbst? Das jedoch wollte sie den beiden erst in Engil sagen.
     
    Es dauerte noch einige Tage, bis Nona endlich aufstehen konnte. Dawon war einige Male an ihr Lager gekommen. Sie hatte sich
     schlafend gestellt, weil sie seinen Fragen nach seiner Bestimmung ausweichen wollte und weil sie nicht wusste, wie sie sich
     bei ihm für ihr Misstrauen entschuldigen sollte. Schließlich jedoch, als sie das Lager endlich verlassen konnte, befand sie,
     dass es nun an der Zeit war, mit ihm zu sprechen. Sie trat vor die Tür der kleinen schiefen Hütte und wäre beinahe von einem
     herunterfallenden Stück Rinde am Kopf getroffen worden. Verwundert hob sie es auf und rief den beiden Alten zu, die wie immer
     Kräuter kauend auf ihren Schafsfellen saßen und sich von einem zweiten Rindenstück, das direkt vor ihnen zu Boden fiel, nicht
     aus der Ruhe bringen ließen. »Ich glaube, eure Hütte müsste dringend ausgebessert werden.«
    Ohne zu antworten, wiesen die beiden mit ihren knochigen Fingern auf eine Stelle oberhalb des Hauses. Nona humpelte zu ihnen
     und folgte dann dem Fingerzeig der Waldfrauen mit den Augen.
    »Der junge Greif ist so freundlich, das für uns zu tun … Vergiss nicht das große Loch in der Mitte. Bereits seit hundert Sommern
     regnet es dort hinein!«, riefen sie Dawon zu, der auf dem Dach der Hütte saß und behutsam Moos und Rindenstücke verteilte.
     Als er Nona erblickte, winkte er ihr zu und war mit ein paar Schlägen seiner Schwingen bei ihr. »Nona, Menschin, geht es besser.
     Dawon ist glücklich darüber. Er hatte Angst um Nona.«
    Sie zog ihn einige Schritte von den Alten fort, so dass sie ungestört mit ihm reden konnte.
    »Ich weiß, dass du an meinem Lager gesessen hast, und ich weiß, dass du mir zweimal das Leben gerettet hast; und ich weiß
     nun auch, dass du nicht wie die anderen Greife bist.«
    |94| Dawon schlug einmal kurz mit den Schwingen, ein Zeichen, dass er aufgeregt war, und lachte sie freundlich an. »Nona weiß es?
     Dawon ist glücklich! Hat die Göttin es Nona offenbart?«, fragte er sie hoffnungsvoll.
    Da sie eben jene Fragen gefürchtet hatte, nickte sie nur kurz. Dawon ließ sich jedoch nicht abhalten, weiter zu fragen. »Also
     weiß Nona jetzt, weshalb Dawon so anders ist? Wird Nona es Dawon erzählen?«
    »Ja, aber nicht heute. Ich kann es noch nicht preisgeben. Du musst mir vertrauen.«
    Enttäuscht sanken die Schwingen des Greifs zusammen. »Na- türlich vertraut Dawon Nona, denn er liebt sie sehr! Liebt Nona
     Dawon nun auch?«
    »Dawon, ich liebe dich wie einen Freund«, versuchte sie ihm ihre Gefühle zu erklären. »Du hast mir zweimal das Leben gerettet.«
    Er versuchte erneut, seine Enttäuschung zu verbergen, doch sein Gemüt war offen wie das eines Kindes. »Nonas Freundschaft
     ist besser als ihre Verachtung. Dawon ist glücklich darüber! Er liebt Nona trotzdem sehr!«
    »Dawon …«, versuchte sie ihr wichtigstes Anliegen endlich anzusprechen. »Du musst nach Engil zurückkehren und Ilana sagen,
     dass sie kein Heer gegen Akari führen darf. Sage Ilana, dass die Göttin Sala dies gesagt hat. Das ist sehr wichtig, Dawon,
     du musst es mir versprechen.«
    Er nickte. »Nona wird es ihr selbst sagen. Dawon bringt sie nach Engil. Er hat sie sicher von den Quellen Isnals hierher gebracht,
     er wird Nona auch sicher nach Engil bringen.«
    Sie schüttelte schnell den Kopf. »Ich habe eine andere Aufgabe, eine, welche die Göttin mir übertragen hat.«
    »Dann wird Dawon mit Nona gehen und sie beschützen.«
    Genau das hatte Nona befürchtet. Wie sollte sie Dawon erklären, dass er sie nicht begleiten konnte, wenn sie ihm nichts über
     seine Bestimmung und die Weisungen Salas erzählte? Trotzdem wollte |95| und konnte sie ihm noch nichts sagen. Wie hätte sie ihm erklären sollen, dass es ihm bestimmt war, einen Sohn zu zeugen, der
     Muruks Herrschaft beenden sollte? Ganz gewiss war es ihm bestimmt, mit Ilana einen Sohn zu haben. Die Göttin hatte von einer
     erhabenen Frau gesprochen, und Ilana war erhaben. Ihr, Nona, war ein anderer Weg gewiesen worden – der Weg der Kriegerin.
     Sie war zufrieden damit, denn zum ersten Mal, seit Ilana sie gerettet hatte, fühlte sie sich nicht geduldet oder nutzlos.
     Das Schicksal hatte ihr eine neue Aufgabe übertragen. Ihr Überleben besaß nun eine Berechtigung. Nona musste Akari davon abhalten,
     gegen Ilana zu kämpfen, und vielleicht würde sie Dungun nicht mehr lebend

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