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Blutschwestern

Blutschwestern

Titel: Blutschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Ihr Körper ging auf den Wiesen umher, während ihr Geist beiseitetrat
     und den Körper beobachtete, wie er umherging, von irgendjemandem gelenkt, nur nicht von ihr selber.
    Nona befand sich in einem Zustand der Schwerelosigkeit, obwohl sie eigentlich fest auf der Erde hätte stehen müssen. Der Wind
     fuhr durch sie hindurch, und trotzdem nahm sie Düfte um sich herum wahr; ihre Haut spürte jede Berührung sanft wie eine Liebkosung.
     Sie konnte nichts anderes tun, als ihrem Körper zu folgen, der mit irgendeinem Ziel, das sie nicht kannte, vor ihr herging
     und durch das Wiesenland streifte, als wäre er neugierig auf alles, was seinen Weg kreuzte.
    Als Nona schließlich erwachte, fühlte sie sich leicht und kaum noch erschöpft. Die Lalu-Zauberin, welche neben ihr gestanden
     hatte, lächelte sie zufrieden an. »Da du dein Kind nun nicht mehr bekämpfst, wird es dir bald sehr viel besser gehen. Nicht
     mehr lange wird es dauern, bis es beginnt, dich zu führen.«
    |167| Nona spürte ein sehr erdgebundenes Gefühl in sich aufsteigen. Sie hatte Hunger. Bei näherem Betrachten fiel ihr jedoch auf,
     dass sie nirgends im Haus etwas zu essen gesehen hatte, ebenso wenig wie Dinge, welche die Menschen zum täglichen Leben brauchten.
     Wohin gingen die Lalu-Frauen, wenn sie sich erleichtern oder waschen mussten? Nona fragte die Zauberin nach etwas Essbarem
     und einer Waschschüssel.
    »Wir essen schon seit Jahrhunderten nicht mehr. Nahrung ist erdgebunden, wir müssen nur noch unseren Geist ernähren«, erhielt
     Nona eine erklärende Antwort. »Wenn du jedoch den Wiesen ein Stück weit nach Norden folgst, wirst du auf einen See stoßen.
     Dort wachsen auch einige Bäume, deren Blätter für Menschen bekömmlich sind. Du wirst jeden Tag dorthin gehen müssen, denn
     da wir alles Erdgebundene abgelegt haben, gibt es bei uns auch keine Krüge oder Schalen.«
    Nona erhob sich von ihrem schwebenden Ruhelager und bedankte sich bei der Lalu-Zauberin.
    Diesmal konnte sie den Gang durch die Wiesen genießen. Sie fühlte sich befreit und voller Kraft. Es war ein Weg von etwa zwei
     Stunden, bis sie den Rand des Ufers erreichte. Einen seltsamen Anblick bot der See mit dem kleinen Hain, der wie ein Trugbild
     in dem ansonsten flachen Land lag, das nur aus unendlichen Wiesen zu bestehen schien. Mit einem Seufzen schlüpfte Nona aus
     ihrem hauchdünnen Kleid und stieg in das klare, angenehm kühle Wasser. Sie ließ sich auf dem Rücken treiben und genoss die
     Leichtigkeit und Wärme des Tages. Ein leises Geräusch ließ sie die Augen öffnen, zu den Bäumen am Ufer hinaufblicken. Ihr
     Herz schien einen Moment auszusetzen. Dort oben kauerte Dawon in Greifenmanier auf einem Ast und beobachtete sie mit zur Seite
     gelegtem Kopf. Nona schwamm mit ein paar kräftigen Zügen ans Ufer und stieg aus dem Wasser. Erst als sie ihr Gewand im Gras
     liegen sah, fiel ihr ein, dass sie nackt war. Doch zu ihrer Überraschung störte sie das nicht. Viel zu nah war sie Dawon in
     ihrer Schwäche und |168| Hilflosigkeit gewesen, als dass es ihr nun peinlich gewesen wäre. Außerdem trug sie sein Kind in ihrem Bauch. Nona fühlte
     sich frei und sorglos wie noch nie in ihrem Leben. Vielleicht war dies auch ein Teil des Zaubers, mit dem die Lalu-Frauen
     ihr geholfen hatten, sinnierte sie.
    Nona trat unter den Ast, auf welchem Dawon saß, und spähte nach oben. Der Greif machte keinerlei Anstalten, zu ihr herunterzukommen,
     und so rief sie seinen Namen.
    »Konnte die große Lalu-Zauberin Nona helfen?«, fragte er, statt zu ihr zu kommen.
    Nona nickte in seine Richtung. »Es geht mir viel besser.«
    »Das ist gut …«, antwortete Dawon, während er einen Flügel spannte, ganz so als würde er sich recken. »Mutter von Dawon ist
     große Zauberin, er wusste, sie kann Nona helfen.«
    Nona zog die Augenbrauen zusammen. »Die Große Zauberin ist deine Mutter?« Sie hatte gewusst, dass Dawon der Sohn einer Lalu-Zauberin
     war, jedoch hatte die Zauberin mit keinem Wort erwähnt, dass sie Dawons Mutter war.
    Er verlagerte sein Gewicht und blickte sie fragend an. »Dawon hat Nona erzählt, dass seine Mutter eine große Zauberin ist«,
     antwortete er wie selbstverständlich.
    »Ja, das hast du«, gab Nona zurück und blinzelte, weil die Sonne sie blendete. »Warum kommst du nicht herunter zu mir?«
    Er überlegte eine Weile, schüttelte jedoch den Kopf. »Dawon hat Nona ein Versprechen gegeben, sie nicht zu berühren. Jetzt,
     wo es Nona wieder gutgeht,

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