Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutschwestern

Blutschwestern

Titel: Blutschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
»Ich tue, was
du
mir befiehlst, mein Anführer.«
    Ilana wartete nicht auf Mador. Sie begann zu laufen, bis sie die Straße erreichte, die hinauf zur Oberstadt führte. Mit ungutem
     Gefühl vernahm sie Madors schwere Schritte hinter sich. Ilana fühlte sich kaum sicherer, als wäre sie alleine gegangen.

|223| Madors Opfer
    Mador hielt Ilana am Arm fest, als sie völlig außer Atem die Oberstadt erreichten. Sie hatte weder nach rechts noch nach links
     gesehen, während sie gelaufen war, und erst jetzt entdeckte sie die vielen Toten am Straßenrand.
    »Was ist das nur für ein grausamer Gott, der so viele Opfer fordert?«, fragte sie mehr sich selbst als Mador und dachte an
     Akari, die nun bereits seit über einer Sommerwende hier leben musste. Sie erschauderte beim Anblick der Toten, doch ihre Liebe
     zu Akari besiegte ihre Angst. Entschlossen riss sie sich von Mador los, als sie den von Fackeln beleuchteten Tempel Muruks
     am Ende der Straße entdeckte.
    »Du kannst nicht einfach in den Tempel gehen, ohne zu wissen, was du tust«, fuhr er sie leise an. »Du weißt nicht einmal,
     ob sie dort ist.«
    Ilana sah sich um. Vor dem Tempel standen einige Feuerbecken, der Tempel selber war nicht viel mehr als ein aus Steinblöcken
     errichteter quadratischer Bau mit einem Flachdach. Anscheinend brauchte Muruk keinen großen eindrucksvollen Tempel. Ganz Dungun
     war ja seine Opferstätte. Die einzelnen Häuser, teils zweistöckig, waren ebenfalls eher zweckmäßig als schön. Ganz anders
     als in Engil, wo die Menschen in einfachen, aber luftigen Häusern aus gekalktem Lehm lebten, waren die Häuser in Dungun nicht
     viel mehr als Klötze aus grob gehauenem Stein. Wahrscheinlich stammte das Gestein aus dem Mugurgebirge und war von den Greifen
     herbeigeschafft worden. Ilanas Blick fiel auf eines der zweistöckigen Häuser, in dessen Fensteröffnungen das Flackern |224| von Feuer zu sehen war. Wie von selbst setzten sich ihre Füße in Bewegung. Mador folgte ihr zwar, jedoch nur unter leisen
     Flüchen.
    Vorsichtig betrat Ilana den Eingang des Hauses und ging die schmale Holztreppe hinauf, die ganz bestimmt bereits seit Jahrhunderten
     ihre Dienste tat, so sehr knarrten die Bretter unter ihren Schritten. Ilana bemühte sich leise zu sein, doch bei dieser Treppe
     konnten die Bewohner des Hauses auf einen Wachhund verzichten. Spätestens bei Madors schweren Schritten mussten sie wissen,
     dass sie nicht mehr allein im Haus waren. Ilana atmete erst auf, als sie das Ende der Treppe erreicht hatten. Bisher war noch
     niemand erschienen, um sie aufzuhalten. Überhaupt war es seltsam, dass gerade diese eine Straße zum Tempel Muruks nicht von
     den Kriegern Karoks verteidigt wurde. Ilana ahnte, dass dieser Umstand Absicht des Hohepriesters war. Doch wie ein Insekt
     vom Feuer angezogen wurde, um sich zu verbrennen, so wurde auch Ilana von der Sehnsucht angezogen, Akari zu finden und sie
     zu befreien. Es gab nur eine Tür oberhalb der Treppe in dem engen Haus, sie quietschte verräterisch, als Ilana sie aufstieß
     und gefolgt von Mador den Raum betrat. Schmucklos war dieser Raum, nur eine Kammer mit einem Ruhelager, einem Feuerbecken
     und einer Fensteröffnung, die einen Blick auf die vielen Toten auf ihren Speeren ermöglichte.
    Ilana fröstelte, so kalt und klamm war es hier. Ihr Blick fiel auf das Ruhelager, und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    »Ist sie das?«, fragte Mador, der wenig Anteilnahme an Ilanas Gefühlen aufbringen konnte, und wies auf eine junge Frau, die
     steif auf dem Rand des Ruhelagers saß und ins Leere starrte.
    Ilana konnte ihm nicht antworten. Zu sehr wurde sie von ihren Gefühlen zerrissen. Ja, Akari saß dort, doch im Grunde war sie
     es nicht. Es war nicht die Akari, von der sie in Engil Abschied genommen hatte. Die Haare hingen ihrer Schwester wirr um den
     Kopf und waren verfilzt, ihre Hände lagen ineinander verschlungen auf ihrem Schoß. Sie war schmal geworden, trug ein ledernes
     Hemd und Beinkleider, die bei näherem Betrachten schmutzig waren. |225| Ein unangenehmer Geruch ging von Akari aus, doch Ilana ließ sich nicht abhalten, zu ihr zu gehen und ihr ins Gesicht zu schauen.
     Leere Augen schienen durch Ilana hindurchzusehen, als sie Akari ansprach.
    »Mir scheint, der Hohepriester hat keine Verwendung mehr für deine Schwester«, erklärte Mador nicht ohne Schadenfreude. »Es
     sieht aus, als hätte man sie vergessen … die Königin von Dungun.« Er trat hinter Ilana und stieß

Weitere Kostenlose Bücher