Blutschwestern
gegangen war. Dann blieb sie stehen und erstarrte. Tojar packte sie am Arm und wollte sie weiterziehen.
Kurz darauf blieb auch er stehen und wagte nicht mehr, sich zu rühren. Die Männer drängten hinter ihnen nach, doch diejenigen,
welche die Kreatur schließlich erblickten, wichen zurück. Keine zehn Schritte von Ilana und Tojar entfernt stand das Wesen,
fletschte die Zähne und starrte ihnen direkt in die Augen. Ilana hatte aus Nonas Erzählungen gewusst, wie hässlich es war,
doch nun konnte sie ihren Blick nicht von den spitzen Zähnen abwenden, zu denen es zu allem Überfluss auch noch so viele hatte,
dass es zwei hintereinanderliegende Zahnreihen besaß. Die Zähne waren faulig gelb und in einer Wölbung nach hinten |218| gebogen, so dass es mit Leichtigkeit seinem Opfer das Fleisch von den Knochen reißen konnte.
»Ich werde es töten«, flüsterte Tojar, während seine Hand sich zur Axt an seinem Gürtel vortastete.
Ilana hielt seinen Arm fest. »Nein! Es ist zu spät! Der Hohepriester weiß von uns.«
»Das ist doch vollkommen egal. Ich werde diese elende Kreatur Muruks nicht am Leben lassen.«
Der Schjack legte die Ohren an. Erneut ertönte das heisere Pfeifen aus seiner Kehle. Obwohl er Drohgebärden ausstieß, griff
er sie nicht an.
»Der Hohepriester von Dungun beobachtet uns durch seine Augen. Nur deshalb steht es noch dort. Wenn du es tötest, greifen
uns die anderen vielleicht an. Wir sind fast an den Toren Dunguns angelangt. Er weiß jetzt, dass wir hier sind, und wird seine
Männer an die Stadttore schicken, um uns zu empfangen. Je länger wir uns mit diesen Kreaturen aufhalten, desto besser wird
er sich vorbereiten können.« Ilana ließ das wütende Wesen nicht aus den Augen.
»Und wie sollen wir an ihm vorbeikommen, wenn ich es nicht töte?«, fragte Tojar aufgebracht.
Als hätte der Schjack seine Worte verstanden, erhob er sich schließlich und ließ ein letztes Pfeifen ertönen, bevor er davonschlich.
»Anscheinend möchte uns der Hohepriester lieber selbst empfangen«, sagte Tojar wütend. Ilana fürchtete sich vor der Wahrheit
seiner Worte. Schließlich war es Tojar, der die Talukkrieger zur Eile antrieb und kaum noch auf den schlüpfrigen Sumpfboden
achtete.
Die schweren hölzernen Tore von Dungun standen weit offen, als der Tross sie erreichte. Ilana spürte erneut die Angst ihren
Nacken emporkriechen. Karok erwartete sie!
»Sie haben uns eine Falle gestellt«, stellte Tojar mit eisigem Blick fest. »Wenn wir hineingehen, schließen sie die Tore hinter
uns und |219| schlachten uns ab. Sie wissen, wie viele wir sind, und sie fürchten unser Heer nicht – und doch können wir nicht hier draußen
im Sumpfland bleiben, denn die Schjacks haben uns nur in Ruhe gelassen, weil Karok es so wollte!«
Ilana begriff mit einem Male ihre unbesonnene Handlungsweise. Wie hatte sie nur glauben können, einfach nach Dungun gehen
zu können und den mächtigen Priester Muruks mit ihrem Heer zu beeindrucken! Zweifelnd stand sie neben Tojar und kam sich dumm
vor. Sie hatte die Taluk in den sicheren Untergang geführt, und Tojar hatte es gewusst. Trotzdem hatte er seine Männer nach
Dungun geführt … weil sie es so gewollt hatte. Weshalb hatte er das getan? Hätte er sie doch geschlagen, angeschrien oder
sie sonst wie zur Vernunft gebracht. Das hier konnte nicht der Wille Salas sein.
»Wir gehen hinein«, hörte sie völlig überraschend Tojar neben sich sagen. Dieses Mal war sie es, die ihn zurückhalten wollte.
»Wir können es nicht wagen. Du hattest recht, ich war dumm. Lass uns zurückgehen und überlegen, was wir tun können. Wir kommen
zurück, wenn wir einen Plan haben. Wenn wir jetzt umkehren, verlierst du nur einige deiner Männer, aber wenn wir nach Dungun
hineingehen, vielleicht alle … und dein Leben«, erklärte sie flüsternd. »Es ist zu riskant.«
»Wir gehen hinein«, hörte Ilana Tojar erneut sagen. »Falls wir umkehren, wird der Hohepriester nur noch besser vorbereitet
sein, wenn wir zurückkommen. Glaubst du wirklich, er wird uns noch einen Augenblick aus den Augen lassen? Seine Kreaturen
werden überall um uns herumschleichen. Wir haben uns für diesen Kampf entschieden – nun müssen wir ihn auch durchstehen!«
Tojar straffte die Schultern und rief seinen Männern zu: »Entweder wir sterben in Dungun, oder wir siegen. Ich werde nicht
mehr ins Taligebirge zurückkehren!«
»Du kannst auch ohne Kampf dein Volk nach
Weitere Kostenlose Bücher