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Blutseele

Blutseele

Titel: Blutseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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tat sie hier draußen?
    Die Angst beschleunigte ihre Schritte, bis sie fast rannte. Sie glitt durch den Wald wie ein Reh, sprang über umge fallene Stämme und nutzte ihre Geschwindigkeit, um sich um Bäume zu schwingen. Bei jedem Schritt stieß der nach Staub riechende Sprengstoff gegen sie und erinnerte sie an das Risiko, das sie auf sich nahm. Das Haar wehte ihr ins Gesicht und liebkoste ihre Wange. Wütend schob sie jeden Gedanken an Penn zur Seite. Er war eine Lüge, wie alle anderen auch.
    Die Vorboten der Dämmerung erhellten den Himmel, als sie den steilen Aufstieg zu der Höhle erreichte, die sie und Paul gefunden hatten, als sie die Grenzen der Farm markier ten. Es war eine trockene Höhle, die nicht einmal von Fleder mäusen genutzt wurde.
    Lilly spähte nach oben, packte das Dynamit fester und machte sich an den Aufstieg über den groben Pfad. Stöcke waren als Stützen in den Boden gerammt, Erinnerungen an ihre unschuldige, vertrauensselige Vergangenheit. Sie und Paul hatten die Höhlen vielleicht gefunden, aber Kevin und sie hatten sie als romantischen Rückzugsort genutzt.
    »Hurensohn«, murmelte Lilly. Ihre Wut gab ihr die Kraft, den Aufstieg zu bewältigen. Ihr Herz schlug wie wild, als sie den letzten Schritt machte und sich auf dem schmalen Sims umdrehte, um über das Tal hinwegzublicken.
    In der Nähe sah sie nur Bäume, doch in der Ferne breiteten sich Felder aus. Die frische Brise spielte mit ihren Haaren und kühlte ihre Haut. Sie konnte die Scheune und das Haus sehen. Das Aufblitzen von Licht im Küchenfenster verstärkte ihre Entschlossenheit. Ihre Mutter war aus dem Hühnerstall entkommen. Doch bis sie verstand, wo ihre Tochter hingegangen war, wäre es zu spät.
    Lillys Arme schmerzten, als sie sich wieder der Höhle zuwandte und die Efeuranken zur Seite schob, die den Eingang verbargen. Kühle Luft ergoss sich nach draußen, mit einer leichten Note von trockener Erde. Wie betäubt ging Lilly hinein. Sie fand das Feuerzeug dort, wo sie es liegen gelassen hatte, und entzündete die Laterne. Zwei ungeöffnete Flaschen Wein, ein Korkenzieher, zwei Gläser und eine Pferdedecke aus Wolle waren alles, was von der zerbrochenen Romanze übrig war. Lilly wurde rot und wandte den Blick ab.
    Mit schnellen Bewegungen schob sie eine Stange Dynamit ungefähr drei Meter hinter dem Eingang in einen Spalt. Das würde die Decke zum Einsturz bringen. Nicht alle Männer waren Schweine. Das wusste sie. Und sie suchte nicht nach Mr. Perfekt. Nur nach einem netten Kerl, der ihre Kinder nicht schlug und nicht mit der Stadtfriseuse ins Bett sprang.
    Zornig rammte Lilly die zweite Dynamitstange in einen Spalt direkt hinter dem Eingang. Ihre Hand rutschte ab, und ein scharfer Schmerz schoss durch ihren Daumen. Lilly unterdrückte einen Schrei, umklammerte ihre Hand und warf einen kurzen Blick auf die halbversteckte Dynamitstange, bevor sie nach draußen trat, um sich die Verletzung anzusehen. Sie war nicht schlimm, also leckte sie nur das Blut von dem kleinen Schnitt.
    Blut ist bindend, Blut ist Reiz …
    Langsam nahm Lilly die Hand vom Mund. Sie fühlte sich kühn, als sie mit einer abrupten Bewegung das Blut an den Rand der Höhlenöffnung schmierte. Hier draußen war die Luft frischer. Lilly blieb vor dem Loch im Berg stehen und beobachtete, wie der Himmel klarer wurde, weil die Sonne bald aufgehen würde. Drinnen zischte die Laterne.
    Mit einem Stirnrunzeln trat sie an den Rand des Simses und ließ die Efeuranken zurückfallen, bis sie den Eingang wieder verbargen. Ihre Mutter hatte Penn einmal überlistet. Sie konnte das ebenfalls schaffen. »Penn?«, rief sie. Sie fühlte sich dumm, doch trotzdem rief sie noch einmal lauter: »Ich habe die ganze Nacht über das nachgedacht, was du gesagt hast. Können wir reden?«
    Sie lehnte sich vor und lauschte. Drei Vögel erhoben sich aus dem Wald unter ihr, aber sie hörte kein Flüstern in ihren Gedanken, keinen Atem auf ihrer Wange. Keinen honigäugigen Geist, um sie anzulügen und zu verlocken. Nichts.
    »Lilly …«
    Das fast unhörbare Flüstern erklang hinter ihr. Sie wirbelte mit klopfendem Herzen herum. Doch da war nichts, nur der bloße Stein und die hängenden Efeuranken.
    Unter ihr hörte sie das Poltern eines Steines, und wieder lehnte sie sich vor. »Penn?«
    Ein Busch bewegte sich, und ihr Atem ging schneller, als sie eine männliche Silhouette entdeckte, die sich ihren Weg über den gewundenen Pfad bahnte. Mit einer Hand an ihrem Hut und der anderen auf

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