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Blutseele

Blutseele

Titel: Blutseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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bevor sie aus dem Fenster über der Spüle Richtung Scheune sah. Ihre Mutter war auf dem Weg dorthin, ein weiteres großes Messer in der einen und einen Baumwollsack in der anderen Hand. »Entweder sie ist verrückt oder ich«, flüsterte Lilly. Doch die Erinnerung an Penn, der auf der Brücke lag und zu den Sternen aufsah, war zu real. Sie spürte noch zu deutlich seinen Atem auf der Wange und konnte noch förmlich den Geruch seines wilden Geistes riechen. Wie sollte irgendein Mädchen die Gefahr erkennen?
    Lilly nahm sich ein Brötchen vom gestrigen Abendessen, setzte sich im letzten Moment noch ihren schlabbrigen Sonnenhut auf, tätschelte Pepper und befahl ihr, im Haus zu bleiben. Dann warf sie ein weiteres Brötchen in die Schüssel der Hündin, um sie abzulenken, bevor sie die Fliegengittertür aufschob und nach draußen glitt.
    Der Himmel war blassblau, mit orange- und pinkfarbenen Streifen am Horizont, wo bald die Sonne über die Felder stei gen würde. Die kühle, feuchte Morgenbrise glitt über Lillys Haut, als sie die Verandastufen nach unten schlich. Ihre Mutter hatte die Scheune fast erreicht. Mit klopfendem Herzen wartete Lilly, bis ihre Mutter das große Tor aufzog, dann joggte sie hinter ihr her und zerstörte im Laufen ein Spinnennetz unter den Apfelbäumen.
    Lilly wurde langsamer, als sie näher kam und ihre Mutter hörte. Mit angehaltenem Atem stoppte sie an der Tür und drückte ein Ohr dagegen, während ihre Mutter etwas darüber murmelte, dass einige Hennen nicht richtig gelegt hatten. Mit zitternden Fingern öffnete Lilly die Tür einen Spalt und glitt hinein.
    Der dunklere Innenraum der Scheune roch vertraut und einladend nach Heu. Ihre Augen passten sich an das Dämmerlicht an, während Lilly zur Lichtkuppe aufsah, dann blinzelte sie und ortete das leise Murmeln. Ihre Mutter war bereits im Hühnerstall, also setzte Lilly sich in Bewegung. Die Tür zum Stall bestand aus schwerem Kiefernholz, der Riegel aus massivem Eisen.
    Fast lautlos verriegelte Lilly das einfache Schloss, dann wich sie zurück, als hinter der Tür ein Geräusch erklang.
    »Lilly?«
    Mit trockenem Mund verschränkte Lilly wie ein gescholtenes Kind die Hände vor dem Bauch. »Ich komme in einer Stunde wieder, um dich rauszulassen, Mom.«
    »Lilly!« Dieser Ruf war lauter. Lilly schob sich an die große Scheunentür und dem Morgenlicht, das durch den Spalt drang. »Lilly, lass mich sofort hier raus! Ich bin nicht verrückt. Die Mädchen sind in Gefahr!«
    Lilly stockte der Atem, als ihre Mutter an der Tür rüttelte. Sie konnte vielleicht entkommen, indem sie durch den Ausschlupf für die Hühner kletterte, aber das war unwahrscheinlich. »Ich glaube dir.« Ihre Mutter fluchte, und Lilly wich noch weiter zurück. »Mom, ich möchte nicht, dass du noch mal verletzt wirst. Ich werde mich um Penn kümmern. Ich bin dran. Du hast mich beschützt, und ich werde Meg und Em beschützen.« O Gott, sie würde den Berg in die Luft sprengen.
    »Lilly, lass mich raus!«, rief ihre Mutter und hämmerte heftig genug gegen die Tür, dass der Riegel klapperte. »Du weißt nicht, wie bösartig er ist. Ich will nicht, dass du diesen Preis zahlen musst! Lilly? Lilly!«
    Doch sie ging bereits wie im Traum davon. Die zwei Dynamitstangen lagen genau dort, wo ihr Großvater sie gelassen hatte, versteckt in einem Loch in der Scheunenwand, eingewickelt in ein Tuch. Sie waren übrig geblieben, als ihr Urgroßvater den Bach verlegt hatte. So war das Wasser näher ans Haus gelangt und hatte zusätzlich noch ein Feld des Nachbarn trockengelegt.
    »Lilly!«
    Sie konnte das Trommeln an der Tür kaum noch hören, als sie die Scheune verließ. Im Hof drängten sich aufgeregte Hühner aus ihrem Ausschlupf. Sie würde kein Huhn mitnehmen und auch kein Messer. Sie wollte Penn in eine Höhle locken und dann die Öffnung sprengen. Ihre Mutter hatte erklärt, er könne massiven Stein nicht durchdringen, also sollte ihn das festsetzen. Aber was, wenn nicht?
    Immer wieder dachte sie daran, dass ihre Töchter allein im Haus zurückblieben, während sie durch den Wald stapfte und einem Pfad folgte, den sie oft eingeschlagen hatte, um sich mit Kevin zu treffen. Bittere Gedanken an ihren Ex-Freund vermischten sich mit der Sorge um ihre Kinder und durchfuhren sie im Takt ihrer Schritte. Wie hatte sie ihre Töchter einfach zurücklassen können? Geist im Mondlicht, Jäger am Tage, so lautete das Lied. Er konnte sie aus ihren Betten locken oder sie als Wolf angreifen. Was

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