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Blutseele

Blutseele

Titel: Blutseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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blinzelte Lilly zu ihm auf. Kevins Dad?
    Penn zuckte mit den Achseln. Er bewegte sich mit der Eleganz eines Tänzers und sah mit jedem Schritt mehr aus wie Kevin. »Er dachte, ich wäre es, der mit Em redet. Der Junge hat den Mann umgebracht, während deine Mutter zusah.« Penn drehte seine schlanke Gestalt seitwärts, bis sie im Mondlicht das Glitzern in seinen Augen sehen konnte. »Er wollte sie retten. Aber die Schuld hat deine Mutter zu Boden gedrückt, um dort zu sterben. Sie wurde alt, genau wie ich sie gewarnt hatte. Aber für dich ist es noch nicht zu spät.«
    Entsetzt legte Lilly eine Hand vor den Mund und drehte sich, bis sie das schweigende Farmhaus hinter sich ansehen konnte. Sie zuckte überrascht zusammen, als Penn sich neben sie setzte und der Geruch eines von Fröschen bewohnten Teiches sie umhüllte.
    »Warum beschmutzt du dich mit untreuen Männern? Deswegen trauerst du, Lilly – kein Mann kann einer Göttin treu sein. Aber ich bin kein Mann. Ich kenne die Geduld des Winters, die Pracht des Frühlings. Ich werde treu sein, wo Sterbliche es nicht sein können. Du verlangst zu viel von ihnen, nur um dann zu weinen, wenn sie dich enttäuschen.«
    Sein Atem auf ihrer Wange brachte sie dazu, die Augen zu schließen. Das unausgesprochene Versprechen hing in der Luft, und etwas in ihr reagierte darauf, wollte es, obwohl sie wusste, dass es eine Lüge war.
    »Lauf mit mir«, flüsterte er. »Mehr will ich heute Nacht nicht. Nur das. Es wird dich zum Leben erwecken. Erinnerst du dich, wie es ist zu leben? Sich nach etwas zu verzehren, wovon du weißt, dass es da ist und bereit zu sein, alles dafür zu geben?«
    Verängstigt wich sie vor ihm zurück. Sie zitterte, weil seine Hand nur Millimeter von ihrer Wange entfernt in der Luft hing und sie fast berührte. Mit weit aufgerissenen Augen stand sie auf und ging rückwärts, bis sie wieder Erde unter ihren Füßen fühlte. Penn stand in der Mitte der Brücke und wartete auf sie.
    »Lauf mit mir«, bat er wieder, die Hand auffordernd ausgestreckt.
    »Nein.« Ihre Stimme war nur ein Krächzen, dann keuchte sie, als er an ihr vorbei zu Megs Fenster sah. »Nein!«, rief Lilly wieder, dieses Mal aus Angst um ihre Tochter. Sie sah ebenfalls in die Richtung, und im Haus begann Pepper zu bellen.
    Als Lilly sich wieder umdrehte, war die Brücke leer.
    Ihre elterlichen Instinkte trieben sie zum Haus. Doch dann wirbelte sie herum und ging in fünf schnellen Schritten zurück zur Brücke. Sie musste ihn aufhalten. Sie musste ihre Tochter retten. Meg würde mit ihm laufen. Sie würde dem sonnengebräunten, lächelnden Jungen folgen, der sie dazu herausforderte, ganz oben in den Baum zu klettern, um die Schmetterlinge dahinter zu sehen. Sie würde ihm alles geben, worum er bat, um ihn bei sich zu behalten. Sie würde glauben. Und sie würde verraten werden, sobald er hatte, was er wollte.
    Vor Verzweiflung fast weinend hielt Lilly vor der Brücke an und schlang ihre Arme um den Körper. Sie wusste nicht, was sie tun sollte.
    Vielleicht war es an der Zeit, dass auch sie glaubte.

4

    Die Sonne war noch nicht aufgegangen, aber die Luft wurde bereits grau und sprach vom ersten Licht. Lilly lag in ihrem Bett und lauschte auf die Bettfedern im Zimmer nebenan. Fahles Blau glitt um ihre Vorhänge, und nur die Grillen störten die Stille. Sanft atmete sie ein und aus, während sie wartete, ruhig und im Reinen mit sich. Ihre Mutter hatte ihr Leben für sie riskiert, und das würde Lilly nicht noch einmal erlauben. Wenn Penn real war, dann würde Lilly ihn fangen. Aber nicht mit einem toten Huhn und einem Gedicht aus dem Märchen. In der Scheune lag Dynamit, und in den Hügeln gab es Höhlen. Doch erst musste sie den Schürzenzipfeln ihrer Mutter entkommen.
    Stabile Hosen, dicke Socken und ein kurzärmliges Baumwollhemd würden sie vor den scharfen Kanten in den Höhlen schützen, und wenn alles gut lief, wäre sie zurück, bevor es heiß wurde. Sie öffnete die Tür und lauschte. Unten war nichts zu hören. Lilly fühlte sich wie ein Teenager, als sie sich an die Treppe schlich und im Vorbeigehen leicht die Tür zum Zimmer ihrer Töchter berührte. Nach dem heutigen Tag wären sie sicherer, so oder so. Lilly schlich die Treppe nach unten, wich den quietschenden Stufen aus und erstarrte, als sie das leise Knarzen der Fliegengittertür hörte, gefolgt von Peppers leisem Jaulen.
    Mit schnelleren Schritten durchquerte Lilly die Küche und kraulte im Vorbeigehen Peppers goldenes Fell,

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