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Blutseele

Blutseele

Titel: Blutseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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sehen wollte, aber ich konnte sie nicht wegwerfen, und sobald ich mal meine eigene Wohnung hatte, würde ich sie mitnehmen.
    Ich hob die erste Kiste an und stellte sie zur Seite, um dar unter eine weitere zu entdecken. Sie war von meinem Dad und hier versteckt, damit meine Mom sie nicht in einem Anfall von Melancholie wegwerfen konnte. Ein paar seiner besten Sachen. Ich grub meine Fingernägel in die kleinen Klappen, um sie besser halten zu können, und grunzte, als sie sich als unerwartet schwer entpuppte. Gott, was habe ich denn da reingepackt?
    »Gestattet mir«, erklang Pierces Stimme an meinem Ellbogen, und ich wirbelte herum.
    »Heilige Scheiße!«, rief ich, dann schlug ich die Hand vor den Mund und fühlte, wie mein Gesicht heiß wurde. »Es tut mir leid. Ich wusste nicht, dass du hier oben bist.«
    Pierce’ Entsetzen über meine Sprache löste sich in ein Lächeln auf. »Verzeiht«, sagte er, und ich trat zur Seite, um ihn die Kiste nehmen zu lassen, was er mit bewundernswerter Leichtigkeit auch tat. »Ich mag Dachböden. Sie sind so friedvoll wie eine Kirche Gottes. Abgeschieden und einsam, und doch kann man alles hören. Die Vergangenheit gestapelt wie vergessene Erinnerungen, aber mit wenig Mühe kann man sie zurückholen und erneut genießen.«
    Ich lauschte in die kalte Nacht und lächelte. »Ich weiß genau, was du meinst.«
    Ich achtete sorgfältig auf meine Schritte, als ich ihm zur Treppe folgte. Er bedeutete mir, dass ich vorgehen sollte, und, begeistert von seinem galanten Benehmen, folgte ich der Aufforderung. Meine Schultern entspannten sich, als ich die Wärme des Hauses wieder erreichte, und ich trat beiseite, als Pierce leichtfüßig herunterkam. Er gab mir die Kiste, um die Leiter wieder zusammenzuklappen, aber dann zögerte er, weil die einsame Glühbirne oben noch brannte. Ohne mich anzusehen legte er den Lichtschalter um.
    Natürlich ging das Licht aus. Ein erfreutes Lächeln erschien auf seinem Gesicht, und ich bemerkte, dass er nicht mit dem Lichtschalter spielte, sondern nur die Leiter zusammenklappte und wieder in der Decke versenkte. Ich beobachtete, wie er sich die Leitungen aufmerksam ansah, als wollte er sich genau einprägen, wie alles funktionierte.
    »Danke«, sagte ich, als ich mit der Kiste vor ihm her in die Küche ging.
    Die Kaffeemaschine gurgelte über den letzten Tropfen, und Pierce sah sie an. Zweifellos war ihm klar, was der wunderbare Geruch bedeutete, der die Küche inzwischen erfüllte. »Wenn das nicht allem die Krone aufsetzt«, sagte er und hätte fast den Tisch verfehlt, als er mir die Kiste abnahm und abstellen wollte. »Der Kaffee hat sich selbst gemacht.«
    »Ich bringe dir einen«, sagte ich und eilte zum Schrank. Es roch so wundervoll, dass ich zwei Tassen eingoss. Als ich ihm seine gab, berührten sich unsere Finger. Er lächelte, und in meiner Brust zog sich etwas zusammen. Gott, ich vergucke mich nicht in ihn. Er ist tot. Aber er hatte ein nettes, verschmitztes Lächeln.
    »Ich hoffe, ich begehe keinen Fehler damit, das zu trinken«, sagte er. »Wie real bin ich?«
    Ich zuckte die Achseln, und er nahm einen Schluck, während er mich über den Tassenrand hinweg beobachtete und dafür sorgte, dass mir der Atem stockte. Gott, er hatte wunderschöne Augen!
    Dann schossen seine Augenbrauen nach oben, er zuckte zusammen und fing an, heftig zu husten.
    »Oh, Menschenskind«, sagte ich und erinnerte mich rechtzeitig daran, nicht zu fluchen, als ich ihm die Tasse abnahm. »Es tut mir leid. Du kannst nichts trinken, hm?«
    »Stark«, keuchte er, und seine leuchtend blauen Augen tränten. »Wirklich stark.«
    Ich stellte seine Tasse ab und nahm einen Schluck von meinem Kaffee. Mein Mund zog sich zusammen, und ich zwang mich dazu zu schlucken. Dreck, meine Mom hatte den Filter gefüllt – der Kaffee war stark genug, um damit Kat zen zu töten. »Trink das nicht«, sagte ich, nahm seine Tasse und brachte beide zur Spüle. »Das ist schrecklich.«
    »Nein, er ist gut.«
    Ich erstarrte, als er meine Hand ergriff. Ich drehte mich um, während ich seine sanfte und gleichzeitig starke Berührung fühlte. Ein Schauder lief mir über den Rücken, aber ich unterdrückte ihn, bevor Pierce es bemerken konnte. Plötzlich war mir deutlich bewusst, dass wir alleine im Haus waren. Alles konnte passieren. Und während der Moment sich hinzog, verrieten mir sein Schweigen und die möglichen Worte dahinter, dass auch er sich so seine Gedanken machte – fast wünschte ich mir,

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