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Blutsgeschwister

Blutsgeschwister

Titel: Blutsgeschwister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dia Reeves
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ist, es ist keine Tür.« Kit drehte sich zu ihr um. »Und selbst wenn es eine wäre, Fancy, was ist der große Plan? Ins Märchenland abhauen wie Peter Pan?«
    Fancy verschränkte die Arme. »Nicht ins Märchenland.«
    »Wohin dann? Wohin zum Teufel versuchst du zu gehen?«
    »Ich weiß es nicht!« Fancy ließ sich gegen einen Baum fallen. »Hexenringe sind nur Türen. Türen öffnen und schließen sich dauernd in Portero. Wenn wir die richtige Tür finden, könnten wir alles tun: Franken loswerden, Daddy retten …«
    »Was?«
    »Ich weiß auch, dass das Spekulation ist. Aber so was passiert. Erinnerst du dich an die Geschichte von dem Jungen, der mit seinem kleinen Bruder Verstecken gespielt hat? Er hat sich in einem Besenschrank unter der Treppe versteckt, und als er rauskam, gute fünf Minuten später, war er fünf Jahre jünger.«
    »Versteh ich das richtig, du willst in der Zeit zurückgehen, um Daddy vom Töten abzuhalten?«
    »Ich weiß, es ist reine Spekulation«, flüsterte sie und wandte sich von Kits ungläubigem Gesicht ab. Sie versuchte, sich nicht wie eine Idiotin zu fühlen, aber es gelang ihr nicht.
    Kit zog Fancy von dem Baum weg und umarmte sie. »Er hätte nicht damit aufgehört. Es ist wie mit mir und Franken – wenn du einmal Blut geleckt hast, gibst du dich mit nichts anderem mehr zufrieden.« Kit küsste ihre Fingerspitzen wie ein Gourmet.
    »Hör auf mit dem Quatsch.« Sie versteckte ihr Gesicht am Hals ihrer Schwester. »Manchmal hab ich das Gefühl, dass er schon tot ist.«
    »Jeder stirbt, Fancy Pants.« Kit führte ihre Schwester zurück zum Bach. »Ich erzähl dir jetzt mal eine Geschichte. Weißt du, was Onkel Miles gemacht hat, bevor er fiebrig und verrotzt in unserem Zimmer gestorben ist? Er hat eine Tür geöffnet.«
    Fancy hob den Kopf, sah ihrer Schwester in die Augen und konnte es immer noch nicht glauben. »Hör auf.«
    »Big Mama hat es mir gesagt! Also, nicht mir . Ich hab gehört, wie sie vor langer Zeit einmal mit Tante Sybelline darüber gesprochen hat. Die Tür, die von unserer Schlafveranda nach innen führt, ist nicht die Originaltür. Die Tür, die mal dort war, hatte ein Schlüsselloch. Onkel Miles hat seinen Schlüssel in das Loch gesteckt und so lange umgedreht, bis er die Tür aufgeschlossen hat.«
    Fancy ließ ihre Hand unbewusst den Schlüssel berühren, der an der silbernen Kette baumelte, die sie immer trug. Kit und Madda trugen ihre Schlüssel an Schlüsselanhängern, und Daddy hatte seinen im Schuh gehabt. Alle Porteraner hatten solche Schlüssel. Die Bürgermeisterin, eine alterslose, mysteriöse Frau mit Spiegeln statt Augen, schenkte sie allen Porteranern am Tag ihrer Geburt. Porteraner würden eher einen Arm hergeben als ihren Schlüssel. Er gehörte zu ihnen wie Haut und Knochen: Sie waren Türwächter, skurriler, mutiger und härter als sonst jemand auf der Welt.
    »Was war auf der anderen Seite der Tür?«, fragte Fancy.
    »Der Tod«, sagte Kit, als wäre das offensichtlich.
    Fancy versuchte, es sich vorzustellen. »Wie sah der Tod aus?«
    »Nicht die Person. Der Ort . Onkel Miles hat keine Tür zu einer anderen Welt geöffnet, sondern zu seinem eigenen Grab. Ein großes Loch auf dem Friedhof, das darauf wartete, mit ihm gefüllt zu werden, und bei dem Anblick ist er vor Schreck ausgerastet. Er hat die Tür zugeknallt und verschlossen und nie wieder geöffnet. Jeder, der in sein Zimmer wollte, musste rausgehen und einmal um das Haus herum und durch die Verandatür reinkommen. Keiner konnte die Innentür öffnen, nicht mal nach seinem Tod. Deshalb mussten sie das gesamte Ding rausreißen und eine neue Tür einbauen.«
    »Aber Onkel Miles hat den Tod ja nicht ausgesperrt. Er ist trotzdem gestorben.«
    »Sag ich doch! Keiner kann dem Tod entkommen, nicht mal Daddy. Wenn du in der Zeit zurückgehst und ihn warnst, wird er vielleicht von einem Bus überfahren oder so was. Daddy hat sich das eingebrockt, und jetzt muss er es auslöffeln. Und er wird daran sterben.« Kit drückte Fancys Schultern. »Ich sag ja nicht, dass es nicht scheiße ist, aber manchmal muss man der Realität ins Auge sehen.«
    Fancy, die gar kein Interesse daran hatte, der Realität ins Auge zu sehen, wand sich aus Kits Griff und ließ sich neben dem Gestrüpp am Bach nieder. »Ich will nicht mehr über den Tod reden.« Sie fasste in ihre Tasche und zog einen abgewetzten Lederbeutel hervor. »Wollen wir Murmeln spielen? Ich habe letztens ein Katzenauge gefunden. Es ist pink.« Sie

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