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Blutsgeschwister

Blutsgeschwister

Titel: Blutsgeschwister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dia Reeves
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gesagt hätte, was jeden Streit verhinderte, gerade wenn man nichts lieber wollte als sich zu streiten. »Lass uns im Wasser sitzen.«
    Die Schwestern ließen sich in der Mitte des Bachs nieder. Das kalte Wasser, das ihnen bis zu den Hüften ging, ließ die Vorstellung vom Sommer wieder erträglich erscheinen. Seltsame, aber harmlose blaue Fische mit nach vorne ausgerichteten Augen schwammen den Schwestern furchtlos um die Beine.
    Sie wurden still und hörten zu, wie die Spechte an den Bäumen herumhämmerten. Nach einer Weile fragte Fancy: »Glaubst du, dass es stimmt? Was sie über Cherry sagen? Dass sie Wünsche erfüllen kann?«
    »Madda schwört, dass es stimmt. Mein Problem ist, dass ich mir nichts wünsche.«
    »Ich würde mir wahrscheinlich Karten für ein Dampfschiff wünschen.«
    Kit rümpfte die Nase und ließ die Fische zwischen ihren Fingern hindurchschwimmen. »Niemand fährt mehr mit einem Dampfschiff, dummes Ding. Niemand auf der ganzen Welt.«
    »Na gut, dann nicht«, sagte Fancy enttäuscht. »Flugtickets?«
    »Wohin?«
    »In die Südsee. Auf eine Insel, auf der vorher noch niemand war, und die keiner finden wird.«
    »Wie willst du Flugtickets bekommen für einen Ort, an dem noch niemand war und den keiner …«
    Fancy bespritzte Kit mit Wasser. »Komm mir nicht mit Details.« Sie dachte weiter nach. »Ich würde mir für Madda eine Beförderung wünschen. Dann muss sie keine Doppelschichten mehr machen, und wir könnten alle zusammen sein.«
    Kit spritzte Wasser zurück. »Wenn wir uns Sachen in der Art wünschen könnten, dann würde ich mir für Daddy eine ›Du-kommst-aus-dem-Gefängnis-frei‹-Karte wünschen, aber Madda sagt, dass man sich in Cherry Glade nur etwas für sich selbst wünschen kann. Zu dumm, dass ich mich dazu zu wenig kenne.«
    »Was soll denn das heißen?«
    Die blauen Fische drängten sich in Kits Schoß zusammen, als könnten ihre seltsam traurigen Augen ihren Schmerz sehen. Aber Kit wollte nicht getröstet werden. Zumindest nicht von Fischen. Sie verscheuchte sie. »Etwas fehlt, aber ich weiß nicht, was es ist. Seit Daddy weg ist, ist da ein Loch.«
    » Ich bin doch hier«, sagte Fancy und umarmte ihre Schwester, so fest sie konnte.
    Kit umarmte sie ebenfalls und drückte sie so fest, dass Fancys Rückgrat schmerzte, aber als Fancy losließ, sackte Kit in sich zusammen wie eine überwässerte Blume. »Das reicht nicht.« Sie drückte ihre Hand auf die Brust. »Das werde ich mir wünschen, glaube ich. Etwas, das diese Leere füllt.«

AUS FANCYS TRAUMTAGEBUCH:
    Eine Frau mit nacktem Oberkörper lag auf dem Kellerboden, das Gesicht nach unten. Daddy saß rittlings auf ihr, riss große, silberne Batterien aus ihrem Rücken und pfiff dabei einen Song. Ich glaube, es war »Happiness Is a Warm Gun«.

KAPITEL VIER
    Die Schwestern radelten die Straße entlang, die in die Stadt führte, um sich neue Kleider für Juneteenth zu kaufen. Obwohl der Sommer offiziell noch gar nicht begonnen hatte, war es schrecklich heiß. Die Sonne verbrannte das hohe Gras und nährte die sich ausbreitenden Sonnenblumen, die die Felder überrannten.
    »Musik für dich ist ja logisch«, sagte Fancy und sehnte sich nach Hitzepickeln oder einem Sonnenstich, um einen Grund zu haben, nicht nach Cherry Glade zu müssen. »Aber ich und Kunst? Ich kann nicht mal richtig Strichmännchen zeichnen.«
    »Ich geh nicht in diesen Kurs.« Kit nahm ihre schwarze Schiebermütze ab und kippte sich Wasser aus ihrer Flasche über den Kopf. Sie rang nach Atem, als wäre es eiskalt.
    Fancy verstummte überrascht. Die pinkfarbenen Bänder an ihrem schwarzen Sonnenhut flatterten im Wind. Nicht einmal Kit würde sich Madda widersetzen. Oder doch?
    »Was kann Madda schon tun?«, sagte Kit, die Fancys Gedanken erriet. »Uns bestrafen? Und selbst wenn, wie will sie das durchziehen? Sie ist nie zu Hause!«
    »Ich will nicht, dass sie sauer auf uns ist«, sagte Fancy zögerlich.
    »Wen kümmert’s, wenn sie sauer ist!«, rief Kit und schreckte eine Schar bunter Grackeln aus dem Sonnenblumenfeld auf. Die Vögel stoben wie ein kleiner Wirbelsturm umher, bis sie sich außer Sichtweite wieder anordneten. »Warum soll ich in einen dumpfbackigen Kurs gehen, nur um Madda glücklich zu machen? Wieso kümmert sich denn keiner darum, mich glücklich zu machen? Warum kann ich nie machen, was ich will?«
    Ausnahmsweise hatte Fancy nicht das Gefühl, dass sich Kit nur aufspielte. Madda tat so, als würden sie nie andere Leute treffen. Dabei

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