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Blutskinder

Blutskinder

Titel: Blutskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hayes
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Silberrahmen mit ein paar Fotos darin in die Hand genommen.
    »Schau mal«, sagte sie. Robert blickte ihr über die Schulter. »Wer ist das?«
    Robert zuckte mit den Achseln. Die Bilder zeigten ein hübsches asiatisches Mädchen, das ganz offensichtlich schwanger war. Auf den Fotos war mehr von ihrem Bauch als von ihrem Gesicht zu sehen. Er schaute aus dem Fenster. Draußen schien noch immer die Sonne, doch in Cheryls Welt herrschte trübes Zwielicht.
    »Wartet hier«, sagte er. Louisa hatte tröstend Rubys Hand ergriffen. Als er durch das Haus zur Hintertür ging, bemerkte er, dass Louisa und Ruby sich entgegen seiner Anweisung dicht hinter ihm hielten. »Horcht mal! Hört ihr das?«
    »Da weint jemand«, flüsterte Louisa.
    »Nein, das ist Gesang«, erwiderte Ruby. Robert schloss die Augen und lauschte mit zur Seite geneigtem Kopf.
    »Oben?« Mit einem Nicken bestätigte Robert Louisas Vermutung und so stiegen sie vorsichtig die steile Treppe hinauf. Louisa umklammerte nach wie vor Rubys Hand.
    Immer lauter wurde das unheimliche Geräusch, das wie nächtliches Katzengeheul klang. Auf dem kleinen Treppenabsatz gab es kein Fenster, daher dauerte es einen Augenblick, bis sich Roberts Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten.
    Plötzlich ging er auf die Knie und kroch über den Fußboden bis zu einer dunklen Ecke. Dort hockte jemand und summte eine Melodie, immer wieder unterbrochen von Schluchzen und Schniefen. Die Luft ringsum schien davon zu vibrieren.
    »Cheryl? Was ist los?«, fragte Robert mit belegter Stimme. Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Alles hätte er erwartet, nur das nicht.
    Als Louisa das Licht anmachte, waren sie für ein paar Sekunden geblendet. Dann schnappte Louisa vor Schreck nach Luft, während Robert nur mit Mühe ein Stöhnen unterdrücken konnte. Mit vor Schreck geweiteten Augen betrachteten sie die Frau, die sich dort auf dem Teppich wie ein Fötus zusammengekauert hatte. Wie Flüsse auf einer Landkarte zeichneten sich auf dem Gesicht der Frau die Spuren von Tränen und Schleim ab. Sie schaukelte vor und zurück, während sie stockend immer weitersang. Im Nu war Robert bei ihr und strich ihr die feuchten Strähnen aus dem Gesicht. Die Frau war völlig eingesponnen in ihren Kummer und nahm die Besucher gar nicht war.
    »Louisa, was ist da los?«, flüsterte Ruby. Als Robert aufblickte, sah er, wie Louisas Lippen tonlos die Worte »Keine Angst« formten.
    »Cheryl, hören Sie mich? Ich bin’s, Robert Knight. Wir haben uns im Pub kennengelernt.« Er versuchte, sie hochzuheben, doch sie war schwer wie ein nasser Sack. Louisa machte einen Schritt nach vorn, um ihm zu helfen, doch er hielt sie zurück. Er wollte Cheryl nicht noch mehr erschrecken. »Kommen Sie mit hinunter«, sagte er. »Ich mache Ihnen eine Tasse Tee.«
    Langsam und schwerfällig hob Cheryl den Kopf und ließ ihre Augen blicklos von R obert zu Louisa und Ruby wandern. Sie schien nichts wahrzunehmen. Es sah so aus, als hätte sich ihr Geist weit von der R ealität entfernt. Doch sie stieß immer wieder ein paar Worte eines Wiegenliedes hervor. Dabei zitterte sie am ganzen Körper.
    Plötzlich sprang sie auf, wachsam wie ein in die Enge getriebenes Tier. Ihre pechschwarzen Augen glitzerten und sie blickte wild um sich.
    »Wo ist mein Baby?«, fauchte sie. »Was habt ihr mit meinem Baby gemacht?«
    Als Cheryl einen Schritt auf Robert zutrat, fuhr er erschrocken zurück. Sie ballte die Fäuste und starrte ihn mit gefletschten Zähnen an, die Augen ausdruckslos wie feuchte Kieselsteine. Speichel tropfte ihr vom Mund und ihr Kopf zuckte unkontrolliert.
    »Ihrem Baby geht es gut«, sagte er beschwichtigend und deutete auf die völlig verwirrte Ruby. »Sehen Sie? Sie ist heil und gesund.« Er sprach wie zu einer Vierjährigen, was in diesem Fall durchaus angemessen schien.
    »Na, kommen Sie.« Louisa trat neben Robert und half ihm, Cheryl zu beruhigen. Dabei sprach sie sanft und beschwichtigend auf sie ein. So etwas konnte sie gut; es war Teil ihrer Arbeit.
    Robert nahm seine Stieftochter – wenn man sie überhaupt noch so nennen konnte – beim Arm und schob sie sachte zu Cheryl hin. Nun war Ruby endlich bei ihrer richtigen Mutter, doch Robert musste die ganze Zeit daran denken, welch entsetzlichen Verrat er an Erin beging. Es kam ihm so vor, als würde er Erin bei lebendigem Leibe die Haut abziehen.
    Ruby wehrte sich. »Lass mich los!«, protestierte sie und klammerte sich an Louisa. Nach einem kurzen Gerangel um das Mädchen

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