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Blutskinder

Blutskinder

Titel: Blutskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hayes
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kaum eine Affäre mit ihm haben. Aber es war seltsam, dass sie nie einen Onkel erwähnt hatte. Bald nachdem sie sich kennengelernt hatten, hatte Erin ihm erzählt, dass ihre Eltern tot seien und sie weder Geschwister noch andere Verwandte besitze. Daraufhin hatte sich Robert nie wieder nach ihrer Familie erkundigt. Es gab eben keine, nur sie und Ruby. Vielleicht handelte es sich ja um einen Nennonkel und keinen richtigen Verwandten.
    Das Bündel enthielt auch zwei Briefe, die Erin als Antwort an Baxter geschrieben, jedoch nie abgeschickt hatte. Sie erzählte von ihrem neuen Leben in London und davon, wie schwer es ihr gefallen sei, nach dem Brand aus Brighton wegzugehen. Sie schrieb, wie dankbar sie ihm für all das sei, was er für sie getan habe. Sie habe sich sehr über seinen Besuch am vergangenen Wochenende gefreut. Dann erzählte sie, wie es Ruby in der neuen Schule ging und dass sie selbst einen Job gefunden habe, bei dem sie Brautsträuße binden durfte. Das musste der Blumenladen sein, in dem Erin gearbeitet hatte, als sie und Robert sich kennenlernten.
    Vor Roberts innerem Auge tauchte Erin so auf, wie sie bei ihrer ersten Begegnung ausgesehen hatte, doch er schob das Bild energisch beiseite. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt für glückliche Erinnerungen. Er ließ den Brief sinken und starrte an die Decke. Blinzelnd versuchte er, die Tränen zurückzuhalten, die ihm plötzlich in den Augen stachen. Er hatte nicht einmal gewusst, dass Erin in Brighton gelebt hatte. Und einen ehemaligen Liebhaber oder ein Feuer hatte sie auch nie erwähnt. Robert war immer davon ausgegangen, dass es für sie seit der Trennung von Rubys Vater keinen anderen Mann gegeben hatte. Das hatte er zumindest glauben wollen – weil es am wenigsten beunruhigend war, musste sich Robert eingestehen.
    Vielleicht hatte sich Erin ja gerade deswegen in eine Affäre gestürzt, weil er so wenig Interesse an ihrem Vorleben gezeigt und den Gedanken an mögliche frühere Liebhaber immer verdrängt hatte! So war es ja auch Jennas Jugendliebe gewesen, die den entscheidenden Keil zwischen Robert und sie getrieben hatte. Er wusste tatsächlich erstaunlich wenig über Erins Vergangenheit, vermutlich weil er gar nichts wissen wollte. Doch das sollte sich in Zukunft gründlich ändern.
    Er überflog verschiedene weitere Briefe und blieb abermals an einem hängen, der mit »Liebe Erin« begann. Allerdings war das Gekritzel auch hier wieder so unleserlich, dass er es in der kurzen Zeit, die ihm blieb, nicht entziffern konnte. Im selben Augenblick dämmerte Robert die Wahrheit. Dieser Baxter King war nicht etwa ein Teil von Erins Vergangenheit – er war noch immer ihr Liebhaber. Offenbar traf sie sich noch immer mit ihm.
    Am liebsten hätte Robert unter Wutgeheul den Brief zerfetzt und wäre Erin in den Laden nachgerannt, um sie zur Rede zu stellen. Doch bevor er sich zu derart unüberlegten Handlungen hinreißen ließ, gewann sein nüchterner Anwaltsverstand die Oberhand. Mit kühlem Blick las er weitere Briefe. Darin war vom Austausch von E-Mail-Adressen die Rede und davon, dass Erin von einem Internetcafé aus Kontakt zu Baxter aufnehmen wollte. Kein Wunder, dass er keine belastenden Mails auf Erins Computer gefunden hatte. Dazu hatte sie es zu schlau angestellt. Da nicht alle Briefe datiert waren, konnte er sie zeitlich nicht genau einordnen. Doch weil in einigen Rubys Schulprobleme erwähnt wurden und manche Briefe an die Adresse von »Floristik taufrisch« gegangen waren, musste er davon ausgehen, dass die Beziehung zu Baxter seit ihrer Heirat unverändert fortbestand.
    Ihm blieben nur noch etwa fünf Minuten. Robert speicherte die Adresse in Brighton in seinem Gedächtnis, als wären es die Daten eines Mandanten. Dann brachte er die Karten und Briefe wieder in die ursprüngliche Reihenfolge, legte sie in die Kassette und warf noch einen langen Blick auf diese Andenken, die Erin offenbar so teuer waren. Kurzentschlossen zog er irgendeinen der Briefe aus dem Bündel. Als Anwalt konnte er derart wichtige Beweisstücke nicht übergehen. Kaum hatte er den Deckel zugemacht und das Kästchen wieder in das Versteck hinter der Schublade gestellt, rief auch schon Erin von unten, dass sie wieder da sei.
    Eilig ging er hinüber in sein eigenes Arbeitszimmer, schob den gestohlenen Brief zwischen ein paar Akten und öffnete willkürlich eine Datei auf dem Laptop.
    »Ich dachte, das könnte dir gefallen.« Unversehens stand Erin hinter ihm, reichte ihm ein

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