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Blutskinder

Blutskinder

Titel: Blutskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hayes
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Glas Wein und begann, mit ihren langen, kräftigen Fingern seine Schultern durchzukneten. Robert war hin- und hergerissen. Er hasste Erin dafür, dass sie ihn hinterging, dennoch genoss sein Körper ihre Berührungen. »Komm doch runter zum Essen. Es gibt Lachs.«
    Widerstrebend überließ er sich der wohltuenden Massage, unter der sich seine verspannten Muskeln lockerten. Je mehr er sich entspannte, desto mehr zweifelte er zugleich an seiner eigenen Urteilsfähigkeit. Mein Gott, es war doch seine Erin, die er liebte, ja geradezu anbetete! Sie würde ihn doch nie und nimmer betrügen! Oder? Die Tatsache, dass er ihr nicht mehr vertraute, machte es ihm unmöglich, ihre Berührungen ohne Gewissensbisse zu genießen. Erin war eine gute Frau, die sich als alleinerziehende Mutter tapfer durchgeschlagen hatte. Und jetzt tat sie alles, um ein florierendes Geschäft aufzubauen und ihre Tochter so gut wie nur möglich zu erziehen. Er seufzte. Bestimmt war alles nur ein Missverständnis. Robert rief sich ins Gedächtnis, was er sich nach Jennas Tod geschworen hatte. So etwas durfte nie wieder geschehen.
    Er drehte sich um und zog Erins Kopf zu sich herab. »Kann der Lachs noch ein bisschen warten?«
    Sie küssten sich so leidenschaftlich und innig wie schon lange nicht mehr. Erins Mund schmeckte nach Wein und einem Hauch Zahnpasta, ihr Haar duftete nach Kräutershampoo. Sie setzte sich auf seinen Schoß. Doch als ihr Gesicht immer näher kam, verschwammen ihre Züge plötzlich und Jenna sah ihn »Du bist ja ganz verschwitzt.« Lächelnd knöpfte sie sein Hemd auf. »Soll ich dich unter die Dusche begleiten?«
    Robert erwiderte ihr Lächeln nur flüchtig. Er bemühte sich krampfhaft, den Gedanken zu verdrängen, dass Erin ihn betrog, und als er ihr tief in die hellblauen Augen blickte, wäre es ihm beinahe gelungen. Sein Körper verlangte nach ihr, doch statt seinem Verlangen nachzugeben, schob Robert Erin brüsk von seinen Knien und stand auf. Wie ein Alkoholiker, der nicht von der Flasche loskam, konnte sich Robert nicht von seinem Verdacht befreien. Immerhin hatte er einen Beweis für ihre Untreue.
    »Ich muss noch an einem komplizierten Fall arbeiten«, sagte er und wandte sich ab, um Erins Blick zu entgehen. »Tut mir leid.« Geschäftig kramte er in den Papieren auf seinem Schreibtisch, bis Erin hinausgegangen war. Sie knallte die Tür so fest zu, dass der Boden unter seinen Füßen erzitterte. Die Erschütterung ging ihm bis ins Herz.
    Er ließ sich wieder in seinen Sessel sinken und nahm den Brief zur Hand, den er aus Erins Kassette entwendet hatte. Angestrengt versuchte er, aus dem wüsten Gekrakel schlau zu werden. Der Bogen trug keine Adresse. Anscheinend war es überhaupt kein Brief sondern nur ein paar unzusammenhängende Satzfetzen, die Erin in aller Eile aufs Papier geworfen hatte.
    »… Wenn du wüsstest … endlich in Sicherheit … so schrecklich … mein Baby wieder …«
    »Ach, Erin«, seufzte er, legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Seine Frau war ihm ein Rätsel geworden. Wie viel Zeit seines Lebens hatte er damit vergeudet, Jenna zu belauern und zu bespitzeln, und wohin hatte das alles geführt! So etwas konnte er nicht noch einmal durchstehen.

12
    I
    m Krankenhaus machten sie eine Röntgenaufnahme von meinem Schädel, weil ich doch gestürzt war, untersuchten mich auf Gehirnerschütterung und wickelten mir einen Verband um den Kopf. Für die nächsten vierundzwanzig Stunden war ich ganz benommen von den Beruhigungsmitteln, und als die Polizisten mich befragten, redete ich nur wirres Zeug.
    In jenen ersten Stunden – die ganz besonders wichtig für die Ermittlungen sind, wie sie behaupteten – konnte ich einfach nicht klar denken. Ich verstand kein Wort von dem, was sie sagten. Und dabei wurde der Vorsprung, den der Entführer meines Babys hatte, immer größer. Dann teilten sie mir mit, dass Andy, mein Mann, zu Hause bei seinen Eltern Sheila und Don wäre. Ich weiß noch, wie sehr ich mich im Krankenhaus nach ihm gesehnt und mich gefragt habe, warum er mich nicht besuchen kam. Ich weiß noch, dass ich jedes Mal brechen musste, wenn ich nur einen Schluck Wasser trank. Aber ansonsten ist dieser ganze erste Tag nichts als eine vage Erinnerung.
    Am folgenden Abend – dreißig Stunden ohne Natasha – brachten mich zwei Beamte, Police Constable Miranda Hobbs und Detective Inspector George Lumley, im Polizeiwagen nach Hause. Sie war nett, aber er bedachte mich mit einem Blick, als wäre

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