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Blutskinder

Blutskinder

Titel: Blutskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hayes
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für ein Glück, dass noch eines frei war, was?« Freda strahlt mich an.
    »O ja«, antworte ich. Ich bin froh, dass sie mich gesund machen wird, damit ich mich wieder um mein Kind kümmern kann. Es ist auch schön, dass noch andere Mädchen hier wohnen, mit denen ich mich anfreunden kann. »Darf ich wirklich noch ein bisschen hierbleiben?«
    »Ich kann dich ja schlecht auf die Straße werfen, nicht? Und wenn du brav bist, haben wir hier auch einen Job für dich. Irgendwie musst du schließlich deinen Unterhalt verdienen.« Freda streicht mir über die Stirn und steckt mir eine Haarsträhne hinters Ohr. »Jetzt schlaf ein bisschen. Ich besorge die Medikamente und später stelle ich dich den anderen Mädchen vor.«
    Sie beugt sich vor und gibt mir einen Kuss auf die Wange. Ich kann mich nicht erinnern, dass meine Mutter jemals so etwas getan hätte. Dann schlafe ich ein und träume von Zügen und Erdbeeren und Hotels und meinem Sprung aus dem Fenster und von der lauten großen Stadt.

    Ich werde von einem Riesengetöse im Erdgeschoss wach. Poltern und Fluchen und Türenschlagen und Gekreische, als hätten sich ein paar Katzen in die Haare gekriegt. Das ganze Haus wackelt. Außerdem dringt ein sonderbarer Geruch zu mir herauf. Es riecht nach Bonbons und Lippenstift und Schweiß und Tabak und nach ungewaschenen Kleidern. Und außerdem nach Onkel Gustaw und noch nach etwas anderem, von dem sich mir der Magen umdreht. Ob er etwa hier ist?
    Ich bekomme die Augen noch nicht richtig auf und blinzle wie ein Maulwurf, der sich gerade an die Erdoberfläche gearbeitet hat. Dabei taste ich im Bett nach Ruby, bis mir einfällt, dass sich jemand anderes um sie kümmert. Nur für ein Weilchen, sage ich mir immer wieder. Da tritt Freda leise ins Zimmer. Ich reiße die Augen auf, um zu sehen, ob sie mir mein Baby bringt, aber sie hat nur ein Päckchen Tabletten in der Hand.
    »Konntest du ein wenig schlafen?« Sie setzt sich wieder auf mein Bett und reicht mir ein Glas Wasser und eine winzig kleine weiße Pille. Kein Baby. »Von denen hier musst du eine Woche lang viermal am Tag eine nehmen. Ein Arzt, den ich kenne, hat gesagt, dass du dann in null Komma nichts wieder auf den Beinen bist. Vielleicht lernst du ihn ja eines Tages kennen, wenn du ein braves Mädchen bist.« Freda schiebt mir die Tablette zwischen die Lippen und hält mir das Glas an den Mund. »Die Mädchen essen jetzt. Ich würde dich ihnen gern vorstellen, bevor sie wieder an die Arbeit gehen.«
    »Haben Sie Ruby gesehen? Geht es ihr gut?«
    Als Freda lächelnd nickt, fühle ich mich schon ein wenig besser. Immer noch leicht schlaftrunken stehe ich auf und muss mich an Freda lehnen, um nicht umzufallen. Sie führt mich die Treppe hinunter in das Zimmer mit dem Kamin.
    Ich habe es vorher nicht bemerkt, aber vor dem Erkerfenster steht ein Tisch mit zwei Holzbänken rechts und links. Auf dem Tisch liegt ein halb ausgepacktes geschnittenes Weißbrot und eine Großpackung Margarine, in der ein Messer steckt. Die Mädchen sind noch nicht da, aber ich höre, wie sie über den Flur kommen. Was muss ich für einen Anblick bieten, wie ich so vor Schmerzen gekrümmt dastehe, mit meinen schmutzigen Kleidern und den schweißverklebten Haaren!
    Da geht die Tür auf und sie kommen hereingeschlurft. Als die ersten mich sehen, bleiben sie wie angewurzelt stehen, sodass die nachfolgenden gegen ihren Rücken prallen. Alle verstummen und starren mich mit schmalen Augen an. Ihre Blicke wandern an mir hoch und runter, als wollten sie prüfen, ob ich gefährlich bin oder so wie sie oder besser oder schlechter. Genau wie die in der Schule. Oder wie die Kinder, die sich vor meinem Fenster versammelt haben, als ich schwanger war. Wie die Gaffer bei einem Autounfall.
    Becco lehnt rauchend am Kaminsims, seine schmalen Hüften sind eine dunkle Silhouette vor dem roten Feuerschein.
    Die Nase ragt wie ein Felsvorsprung aus dem eingefallenen Gesicht. Er grinst mich an oder lächelt vielmehr – das will ich wenigstens hoffen –, dann lässt er seine staubgrauen Augen über das kleine Grüppchen wandern und deutet mit dem Kopf knapp in Richtung Tisch. Da erwachen die Mädchen aus ihrer Erstarrung und setzen sich wieder in Bewegung.
    »Milly«, sagte Freda laut und überdeutlich und bohrt mir dabei den Zeigefinger in die Schulter. Dann schiebt sie mich näher an die Gruppe der jungen Mädchen heran, bis ich mitten zwischen ihnen stehe. »Das ist Milly.« Und zu mir gewandt: »Sag einfach hallo. Das

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