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Blutskizzen

Titel: Blutskizzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Horst
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geschneidert, das Kostüm. Sie hat den Zeigefinger am Kinn, die Beine übereinandergeschlagen, sehr lässig. Die Fingernägel sind dezent lackiert, ihre Haut ist heller als Ayses, die Augen sind genauso schwarz. Die hat aber was Kämpferisches, Respekt Einflößendes, obwohl sie sehr sanft spricht. Soulstimme. Lässt Ernst nicht aus den Augen. Hat sich etwas erholt der Gute, sieht nicht mehr ganz so schlimm aus wie heute Morgen.
    »So, Herr Michels, kommen wir noch einmal zum 19. 10. Da sind wir ja heute Morgen unterbrochen worden, und in der Anhörung beim Haftrichter konnten Sie ja auch keine näheren Angaben zu dem Tag machen, nicht wahr?«
    »So ist es.«
    »Dann wollen wir mal sehen, ob wir das gemeinsam hinbekommen. Sie sagten heute Morgen, am frühen Nachmittag seien Sie Richtung Hamburg gestartet?«
    Er nickt.
    »Wissen Sie, wann Sie bei Kamp und Johnsten angekommen sind?«
    »Wenn ich mich recht erinnere, müsste das noch vor Feierabend gewesen sein. Ich tippe mal auf irgendwas zwischen sechzehn und siebzehn Uhr.«
    »Zwischen sechzehn und siebzehn Uhr.« Ernst macht auf ganz freundlich. »Wie ging es dann weiter?«
    »Das Maschinenteil wurde von Angestellten der Firma ausgeladen, und ich bin zurückgefahren.«
    »Wie lange hat das gedauert?«
    Da darf er sich keinen Fehler erlauben, er weiß, dass wir das wissen.
    »Puh, schwer zu sagen. Ich nehme an,’ne halbe Stunde.«
    »Wie ging es dann weiter?«
    Michels kratzt sich am Kopf, sein Blick wandert aus dem Fenster. »Ich meine, ich wäre auf der Rückfahrt von der Autobahn abgefahren, um was zu essen.«
    »Sie meinen. Das hätten Sie doch auch an der Autobahn machen können.«
    »Schon richtig«, betont langsam und immer ein bisschen leidend, »aber das mache ich auf meinen Fahrten immer, dass ich abfahre, ist halt preiswerter.«
    Der fühlt sich so was von sicher.
    »Und wo sind Sie abgefahren?«
    Er denkt nach, angestrengt, schüttelt fast verzweifelt den Kopf.
    »Beim besten Willen, Herr Funk, aber genau..., es müsste noch auf der A7 gewesen sein, das glaube ich schon.«
    »War es kurz hinter Hamburg oder schon etwas weiter weg?«
    Er presst die Lippen aufeinander. »Irgendwie so mittendrin.«
    »Vor dem Kreuz Walsrode oder danach?«
    »Könnte danach gewesen sein, ich bin mir aber nicht sicher.«
    »Herr Michels«, die Schärfe in Ernsts Stimme nimmt zu, »Sie sind ein erwachsener Mann und nach Aussage Ihres Chefs eine Stütze der Firma. Sie sind vor sechs Wochen in die Nähe von Hamburg gefahren, etwas, was keineswegs dreimal in der Woche stattfindet, sondern Sie sind vorher zwei Wochen diese Strecke nicht gefahren und wollen mir hier und heute erzählen, Sie könnten sich nicht daran erinnern, ob Sie zum Essen abgefahren sind, und schon gar nicht wo?«
    Michels sieht aus, als ob er gleich zu heulen anfangen würde.
    »Wissen Sie, Sie haben mich heute Morgen vor meiner Familie festgenommen, werfen mir vor, einen alten Mann getötet zu haben, den ich nicht kenne, Sie durchwühlen mein ganzes Leben, obwohl ich nichts getan habe. Können Sie sich vorstellen, dass in meinem Kopf einiges drunter und drüber geht, Herrgott.«
    Hey, Junge, zweites Gebot. Du sollst den Namen des Herrn nicht unnütz führen, oder so ähnlich. Wenn das dein Gemeindepapst hört, gibt’s keinen Wein.
    »Gut, Herr Michels.« Ernst kommt in Form. »Gehen wir eine Woche zurück, der 12. 10. Eine Fahrt nach Köln, da kennen Sie sich ja aus, ist ja Ihre Gegend.«
    Achtundvierzig Kilometer zu viel.
    »Können Sie sich an diese Fahrt erinnern?«
    »Muss ich mich jetzt an alle Fahrten erinnern, die ich im letzten Jahr unternommen habe?«
    »Nicht alle, nur die mit Unregelmäßigkeiten. Und die Kölner Fahrt müsste noch präsent sein, war nämlich das einzige Mal in den letzten Monaten, dass Sie dort waren. Zumindest was Ihre Arbeit angeht.«
    Die Anwältin ändert die Sitzposition, beugt sich vor.
    »Sie wollen jetzt wirklich und ernsthaft Ihre Argumentation auf ein paar Eintragungen in einem Fahrtenbuch gründen?« Sie sagt es mit der Sanftheit eines kehligen Tigergrollens. »Für die es eine ganze Reihe von Gründen geben kann.«
    »Wir wären schon zufrieden, wenn Herr Michels uns außer Vergesslichkeit einen plausiblen Grund nennen würde.«
    »Ich habe es bei der Verkündung des Haftbefehls bereits gesagt, Herr...«
    »… Funk...«,
    »… Herr Funk. Dieser dringende Tatverdacht ist schlicht ein Skandal und dieser Haftbefehl ebenfalls, die Gründe dafür sind lächerlich. Sie

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