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Blutskizzen

Titel: Blutskizzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Horst
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wissen, dass eine Haftbeschwerde läuft, und ich fände es ausgesprochen erfrischend, wenn Sie das Argument meines Mandanten, dass er sich nicht erinnern kann, anerkennen würden.«
    »Dazu gehört auch, Frau...«
    »… Green-Gerber...«
    »… Frau Green-Gerber, dass ich ihm das glaube. Und das tue ich nicht. Und was den dringenden Tatverdacht angeht, da sind die Fahrzeiten ja nun keineswegs das Einzige.«
    »Was denn noch? Eine Vortat von vor zwanzig Jahren?«
    „Frau Green-Gerber, wir leben in einem Rechtsstaat, in dem ein Haftbefehl keineswegs leichtfertig...«
    So kriegen wir den nicht, verdammt. Wir müssen was finden. Wir müssen.
    Mal bei den anderen nachfragen.

16 Uhr 27
    Die meisten Autos fahren schon mit Licht. Die Hälfte der Fußgänger hat Schirme aufgespannt, regnet wohl. Die ohne Schirme gehen normal, scheint sich in Grenzen zu halten. Sieht man gar nicht in der Dämmerung, den Regen. Der Schnee ist völlig verschwunden, schade.
    Was macht er mit der Kohle? Und wo tötet er sie? Maximal sechzig Kilometer Abweichung, es muss hier in der Stadt sein. Die Digitalanzeige zeigt 16.32. Viertel vor ist Besprechung bei Ulla, vielleicht haben die anderen was, hoffentlich. Wieso macht der jetzt noch einen auf Familie, nach fast vierzig Jahren Alleinsein, Rumtigern, kaum länger als ein Jahr irgendwo geblieben. Tarnung? Oder wirklich ein Spätberufener. Was macht er mit der Kohle?’ne Verbindung zu Neumann haben wir auch noch nicht. Könnte sein, dass bei Kunz nichts zu holen war und Neumann gerade passend kam. Möglich. Die Weidener könnten sich auch mal melden, und von Klöppers Leuten ist auch noch nichts gekommen.
    Indisch kochen mit Ayse. Irre. Wird aber auch höchste Zeit, noch keinen Krümel gegessen heute, gar nicht gemerkt, dass der Magen auf halb acht hängt. Frau Gierth.
    Freizeichen.
    »Gierth.« Wie klingt die denn?
    »Konstantin Kirchenberg. Nabend, Frau Gierth. Geht es Ihnen gut? Wie war der Einstieg im neuen Job?«
    »Ach, Herr Kirchenberg«, schwer, mühsam, traurig, »sprechen Sie mich bloß nicht darauf an.«
    »Frau Gierth, was ist denn los?«
    Ganz tiefer Seufzer. Weint die?
    »Ist irgendwas passiert?«
    »Ach, wissen Sie, so hatte ich mir das nicht vorgestellt.«
    Tja, Mädchen, das glaub ich wohl.
    »Alles ein bisschen anders, was?«
    »Gestern, der erste Tag, war noch ganz interessant, wir wurden eingeführt, verschiedenen Leuten vorgestellt und haben Kaffee getrunken. Heute habe ich dann das erste Mal Posten bezogen, wie Sie es nennen. Ich hatte mir gedacht, man hätte es da mit frechen Jugendlichen zu tun, die aus Jux und Tollerei klauen gehen, so als Sport.«
    »Aber das war es nicht?«
    »Nein, das war es nicht. Alte Leute klauen, Herr Kirchenberg, meinesgleichen, können Sie sich das vorstellen? Und wissen Sie warum? Weil es bei vielen hinten und vorne nicht reicht mit der Rente.«
    Sie macht eine Pause, schnäuzt sich.
    »Zuletzt hatte ich eine Frau, die war zwei Jahre jünger als ich und hatte einen Lidschatten gestohlen. Und wissen Sie wofür, Herr Kirchenberg? Für ihre Enkelin! Die hatte Geburtstag. Diese Frau hat das Geschenk für ihre Enkelin gestohlen.«
    Sie macht eine Pause. Weint die? Kann sein.
    »Aber ich habe Sie so überfallen, tut mir leid, wollte ich nicht. Sie hatten mich ja angerufen.«
    »Ja, ich wollte gar nicht viel. Nur, wenn Sie heute Abend zu Hause sind, könnte sein, dass eine junge Dame nach meinem Schlüssel fragt. Die junge Türkin aus dem Imbiss, haben Sie vielleicht schon mal gesehen. Das geht klar, Sie können ihr den Schlüssel geben.«
    »Gut, ich bin eh zu Hause.«
    »Wir können ja am Wochenende mal einen Kaffee trinken, Frau Gierth, und ein wenig quatschen, was halten Sie davon?«
    »Ach, machen Sie man keine Umstände, Herr Kirchenberg, Sie haben genug zu tun.«
    »Wir machen das.«
    Auflegen. Manchmal lernt man auch mit siebzig noch was Neues.
    Die E-Mails.
    Versorgungsrechtliche Neuerungen nach Kabinettssitzung. Später.
    Kripo Aachen, Antwort auf Meldung der Festnahme Michels.
    Öffnen.
    Hallo Kollege Kirchenberg, möchte kurz Bezug nehmen auf die o. g. Meldung von heute Mittag, dass der
    Bernd Michels, 30. 07. 66 in Kaiserslautern, bei euch wegen Verdacht des Mordes vorläufig festgenommen worden ist.
    Der genannte Michels ist hier im Rahmen eines Ermittlungsver fahrens wegen Mordes an einem Rentnerehepaar am 17.12.01 in Eschweiler als Tatverdächtiger festgenommen worden. Er wohnte damals in der Nähe der Opfer, hatte Kontakt zu ihnen

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