Blutskizzen
ansonsten sehr unauffällig ist. Der ED war eben noch da, müssen mal abwarten, was Beckmann so sagt.«
Das war es schon, VG nimmt den Ball auf.
»In der Firma ist es ähnlich. So richtig warm ist mit dem keiner geworden. Alle wissen, dass er was drauf hat und beim Chef Narrenfreiheit besitzt, aber speziell Lange, der macht da die Personalangelegenheiten, sind die Zeiten auch manchmal ein Rätsel. Er kann sich an einen Tag vor ein paar Monaten erinnern, wo er Michels spätabends mit dem Wagen gesehen hat, kurz vor Monatsende, deshalb sei ihm zwei Tage später, bei der Abrechnung der Zeiten auch aufgefallen, dass Michels an dem Tag den Wagen vorher schon ausgebucht hatte.«
»Wann soll das gewesen sein?«
»Kann er beim besten Willen nicht mehr sagen. Mindestens ein halbes Jahr her. Das ist allerdings nichts so Besonderes, weil der Chef in Ausnahmefällen auch schon mal gestattet, den Wagen für private Zwecke zu nutzen, wenn man mal was Größeres zu transportieren hat.«
»Leichen, zum Beispiel.«
Müdes Gelächter. Okay, kein so guter Scherz.
»Wann willst du die Gegenüberstellung machen, VG?«
»Die Kellnerin ist zu Hause, ein Anruf, und sie ist in’ner Viertelstunde hier.«
Zwanzig nach fünf.
»Halb acht, passt das Ernst?«
Er hat nichts dagegen.
»Dann hab ich auch noch genügend Zeit, unsern Walter aus dem Lazarusheim zu holen, wollen ja niemanden unnötig belasten.«
»Du kannst es nicht lassen, Konni.« Atze, schon wieder bissiger.
Einige wollen aufstehen, Ulla fordert zum Sitzenbleiben auf.
»Ab morgen müssen wir wieder anders vorgehen, Leute. Wir haben uns heute sehr auf Michels konzentriert, und über die Hälfte der Teams war da gebunden. Schaut mal in eure Körbchen, da sind eine ganze Reihe anderer Spuren. Speziell bei Neumann haben sich einige neue Dinge ergeben durch die Pressefahndung, da ist’ne Menge abzuklären. Außerdem haben wir die Verbindung Michels - Neumann auch noch nicht ausreichend abgeklopft. Wenn ihr Fragen dazu habt, kommt zu mir, kann ich mir das allgemeine Gerede sparen.«
Alle nicken, Aufbruch.
18 Uhr 41
Nummer drei, Nummer drei, komm, Mädchen, sei gut zu uns. Nummer drei. Wenigstens bei einem Durchgang, nur’ne Ahnung, eine Wahrscheinlichkeit, in den Tiefen des Unterbewusstseins ein schwaches, verstecktes Leuchten, Glimmen, irgendwas.
Sie schüttelt den Kopf, sieht zur Seite, verzieht verlegen den Mund. Hat tatsächlich was von Martina Gedeck, sehr hübsch.
»Tut mir leid. Ich habe sowieso nicht die beste Erinnerung an die beiden, weil die eben nur kurz da waren, aber ich glaube, von denen war es keiner.«
»Kann man nichts machen, Frau Kahre.« VG führt sie zur Seite. »Sie müssen uns ja keinen Gefallen tun. Was nicht ist, ist nicht.« Schon auf dem Flur.
Regina öffnet die Tür mit dem Spiegelfenster, kurze Anweisung, die sechs tauschen die Nummern, Mark nimmt von Michels die drei. Dann wollen wir mal.
Walter sitzt mit Sebastian in der Fotostelle, beim Öffnen der Tür drängt sich eine leichte Pilsnote nach draußen. Ist ja schon dunkel.
»So, geht es Walter ganz gut heute?«
»Walter friert nicht, friert nicht. Walter mag keine Kälte.«
Er steht auf, lässt sich von Sebastian am Arm führen.
»Walter mag keine Kälte. Heute schön warm. Gerd guter Mensch. Gerd mag auch keine Kälte.«
Wer ist Gerd? Einer aus dem Lazarusheim? Wahrscheinlich.
Die anderen haben alles vorbereitet, Ernst hat sogar das Bier dabei. Sie sehen ihn an wie ein Tier im Zoo.
»So, Walter müsste jetzt mal durch dieses Fenster sehen. Dahinter stehen sechs Männer. Die können Walter nicht sehen. Walter soll uns nur sagen, ob er einen dieser Männer schon mal am Müllcontainer am Supermarkt gesehen hat.«
Er geht zwei Schritte vor, sanftes Schieben, sein Blick wirr wie immer, streift kaum die Scheibe, dann kurz, wieder flackernde Pupillen, noch einmal für einen Moment, dann das Zucken, heftiger als beim letzten Mal.
»Neeeeeiiiiiiin. Das Eis frisst das Leben, aber immer vom Ende her. Wenn wir es nicht gewusst hätten, aber uns glaubt ja keiner, keiner. Immer erst links, rechts, links und dann geht gar nichts mehr...«
Ernst nimmt ihn zur Seite, gibt ihm das Bier, er brabbelt weiter. Sebastian führt ihn auf den Flur.
»Verdammt, verdammt. Was hat das zu bedeuten? Immer, wenn es stressig für ihn wird, dreht er ab. Das kann doch nur heißen, dass ihn was belastet, dass er ihn erkennt.«
»Ist die wahrscheinlichste Erklärung.« Ernst verschränkt die Arme. »Ich
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