Blutspiele
Aggressives an ihm erkennen. Er war dunkel, schlank und distanziert und hatte ein Lächeln im Megawattbereich. Hohe Wangenknochen, ein leichtes Grübchen am Kinn, graue Strähnen an den Schläfen und volle, schön geformte Lippen. Und dazu einen leichten Akzent. Schottisch? Italienisch? Sie konnte ihn nicht einordnen. »Ja, Megan hat uns vorgewarnt, dass Sie kommen würden.« Sie sah ihn offen an. »Sie hat uns allerdings nicht erzählt, was Sie letzte Nacht hier wollten.«
»Das wollte ich Ihnen gern selbst sagen.« Sein Blick wanderte zu Joe hinüber. »Sie sind Joe Quinn?«
»Ich bin Quinn«, bestätigte Joe. »Und ich werde Ihnen ebenfalls diese Fragen stellen und noch viele weitere.«
Caleb nickte. »Sie machen sich möglicherweise Vorwürfe, weil Jelak so nahe gekommen ist, ohne dass Sie es gemerkt haben. Ich glaube, er hat seine Position ständig verändert und darauf geachtet, dass er nie zu sehen war. Vermutlich hat er den ganzen Kofferraum voller Elektronik, um Sie ständig im Auge zu behalten. Ich wette, dass er sich schon seit ein oder zwei Wochen in diesen Wäldern herumtreibt.«
Eve schüttelte den Kopf. »Wir wissen, dass er noch vor ein paar Tagen in Alabama war.«
»Eine falsche Spur. Alabama ist nicht weit. Jelak hat Sie im Blick, seit er wusste, dass er Kistle verlieren könnte.«
»Der Kelch mit Blut im Kühlschrank«, sagte Jane. »Das war ein Teil seines Plans?«
»Eine Triumphgeste. Er wollte zeigen, was er kann.« Seth sah sie nachdenklich an. »Ich bin überrascht, dass er sich nichts Bedeutsameres ausgesucht hat.«
Er meinte Jane, wurde Eve plötzlich klar, und ein eisiger Schauder überlief sie. Janes Blut, Janes Leben. »Wir passen aufeinander auf.« Sie drehte sich um. »Kommen Sie mit zum Haus. Wir müssen reden. Ich will alles wissen, was Sie uns sagen können, Caleb.«
»Ich wäre nicht hier, wenn ich nicht vorhätte, Ihnen zu helfen.« Er warf Joe einen spöttischen Seitenblick zu. »Sie haben einiges an Möglichkeiten, die ich nicht habe. Die Polizei ist immer etwas im Vorteil.«
»Wir sind mehr an Ihrer Hilfe interessiert«, gab Joe kühl zurück.
»Oh, ich werde Ihnen helfen. Nur keine Sorge. Ich kann Jelak von Ihnen fernhalten.« Er lächelte. »Ich kenne diesen Dämon, und er kennt mich.«
»Ein Dämon?«, fragte Jane. »Vielleicht ein Monster. Aber kein Dämon.«
»Wir sind das, wofür wir uns halten«, sagte Seth und folgte Eve den Weg entlang. »Haben Sie das noch nicht festgestellt?«
»Könnte ich vielleicht eine Tasse Kaffee haben?«, bat Seth Caleb, als er das Haus betrat. »Ich war die ganze Nacht auf und könnte das Koffein brauchen.«
»Warum sind Sie die ganze Nacht wach geblieben?« Eve ging zur Kaffeemaschine und schaltete sie an. »Megan hat gesagt, Sie hätten sie gestern am späten Abend angerufen, aber das war offenbar, nachdem Sie Jelak verloren hatten.«
»Ich musste noch einige Telefonanrufe erledigen, um herauszufinden, was bekannt ist über Jelaks Leben, bevor er in die Staaten zurückkam. Ich weiß noch nicht alles, aber schon ziemlich viel.« Er sah sich im Haus um. »Gemütlich.« Sein Blick fiel auf den Sockel mit dem Schädel, an dem Eve gerade arbeitete. »Größtenteils.«
»Bevor Jelak in die Staaten zurückkam?«, erkundigte sich Joe. »Was sagen Sie da?«
»Ich bin Jelak zum ersten Mal in Fiero begegnet, einer kleinen Stadt in Italien, in der Nähe von Venedig. Das war vor über zehn Jahren.« Er sah Jane an, die sich gerade auf dem Sofa niedergelassen hatte. »Er hatte gerade ein Mädchen getötet, das etwa so alt war wie Sie, und war auf der Flucht. Sie hieß Maria Givano. Sie war jung, schön und voller Leben. Damals experimentierte er noch, er war sich noch nicht sicher, wie viel Blut er brauchte, um das zu vollenden, was er für sein Schicksal hielt«, erklärte er mit ausdruckslosem Tonfall. »Daher hielt er sie drei Tage lang in einem Keller gefangen und am Leben, zapfte ihr aber langsam das Blut ab. Als sie starb, ließ er sie liegen und wechselte die Stadt.« Er fügte hinzu: »Eine weitere Frau. Etwas älter, erfahrener. Jugend konnte ihn nähren, aber das war es nicht, was er auf Dauer wollte. Er hatte entdeckt, dass es im Blut reiferer intelligenter Frauen etwas gab, was ihn bereicherte. Wie ich schon sagte, er war noch in der Experimentierphase.«
»Was zum Teufel meinen Sie damit?«, wollte Joe wissen. »Ihn nähren? Sie hören sich an, als wäre er ein Vampir.«
»Tue ich das?« Caleb lächelte verschmitzt.
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