Blutspiele
verdammt?« Eve schüttelte den Kopf. »Ich kann mich nicht hinlegen. Ich bin so überdreht, als würde es mich gleich zerreißen.«
»Dann arbeite eine Weile. Dann bist du wenigstens beschäftigt.«
Eve nickte heftig. »Na gut. Du hast recht.« Sie ging durch den Raum zu ihrem Arbeitsbereich. »Das hält mich zwar nicht vom Grübeln ab, aber wenigstens haben meine Hände etwas zu tun.«
Jane sah ihr ein paar Minuten lang zu, ehe sie sich umdrehte und auf die Veranda hinausging.
Caleb kam gerade am See entlang auf das Haus zu. Neben ihm trottete Toby. Es war seltsam, dass Toby ihn so sehr ins Herz geschlossen hatte.
»Was haben Sie gemacht?«, wollte sie wissen, als Caleb einige Minuten später die Treppe heraufkam.
»Herumgelaufen. Nachgedacht. Aufgepasst.« Er setzte sich auf die oberste Treppenstufe, und Toby ließ sich neben ihm auf die Veranda sinken. »Aus dem Weg gegangen, damit Sie und Eve einander trösten können. Ich bin kein sehr tröstlicher Mensch.«
»Sie haben ein paar Ecken und Kanten.« Sie setzte sich neben ihn. »Aufgepasst?«
»Es würde zu Jelak passen, ein kompliziertes Szenario vorzubereiten, und dann zuzuschlagen, wenn Sie nicht damit rechnen. Ich wollte nur sicherstellen, dass er nicht in der Nähe ist.«
»Aber Sie haben nicht mit ihm gerechnet.«
»Nein, ich denke, er wird Eve anrufen.« Er schaute hinaus auf den See, dessen glatter Wasserspiegel in zartem Rosa und Gold leuchtete. »Der Tag bricht an. Er lässt sie ganz schön lange warten.«
»Der Scheißkerl.«
»Ein kluger Scheißkerl. Je länger Sie sich Sorgen machen, desto eher sind Sie bereit, den Preis zu bezahlen.«
»Sie haben gesagt, es wäre für Sie eine völlige Überraschung gewesen, dass er Joe entführt hat. Sie sind eigentlich nicht leicht zu überraschen, Caleb.«
»Ich habe damit gerechnet, dass Sie diejenige sein würden. Ich war mir fast sicher, dass er versuchen würde, Sie zu erwischen. Joes Wert kann er vom Verstand her durchaus erkennen, aber nicht mit dem Herzen. Und Jelak lässt sich fast vollständig von seinen Emotionen leiten.«
»Warum hält er Joe nicht für wertvoll?«
»Er ist ein Mann.«
Sie zog die Augenbrauen zusammen. »Das ist Jelak auch.«
»Nicht so ganz. Er ist ein werdender Vampir-Gott. Zumindest sieht er sich selbst so.«
»Und Männer haben für ihn keinen Wert? Warum nicht?«
»Das Blut. Es ist zu dominant und zu aggressiv. Er kann ihm nicht das entnehmen, was er benötigt. Das Blut einer Frau ist weich und reichhaltig, und ihre Kraft mischt sich mit seiner wie ein Fluss, der ins Meer mündet.«
Sie warf ihm einen Blick zu. »Offenbar wissen Sie ziemlich genau, was er denkt.«
»Er denkt so, wie es ihn der Kult gelehrt hat, und ich habe den Kult studiert.«
»Wenn Sie nicht gerade damit beschäftigt waren, die Mitglieder aufzuspüren und umzubringen.«
»Aber um sie aufspüren zu können, musste ich das alles wissen.« Er lächelte. »Und das macht mich wertvoll für Sie, weil ich weiß, wie Jelak tickt.«
»Warum glaubt er überhaupt, es wäre möglich, ein Gott zu werden? Hat dieser Lehrer, bei dem Jelak gelernt hat, wie Sie uns erzählten, denn auch behauptet, ein Gott zu sein?«
»Donari? Nein, er nannte sich selbst einen Meister, aber er war ein Schüler wie Jelak. Doch er war schon weiter auf seinem Weg und erkannte in Jelak ein helles Licht. Er wollte ihn formen.«
»Ein Kult, der aus Schülern besteht und auf einer vagen Legende basiert. Um das zu glauben, muss man schon so irre sein wie Jelak. Ich begreife nicht, wie so ein Kult überhaupt entstehen, geschweige denn, sich über mehrere Jahrhunderte hinweg halten konnte.«
»Macht kann eine erstaunliche Anziehungskraft entwickeln. Auf diese Weise hat sich die Legende von den Vampiren seit Anbeginn erhalten.«
»Sie haben erzählt, dass alles begann, weil zwei Brüder mit angeblich dunklen magischen Kräften im Dorf auftauchten?«
»Ja, die Ridondo-Brüder. Offenbar besaßen sie außer ihren gepriesenen magischen Kräften auch viel Charisma. Sie überzeugten das gesamte Dorf davon, dass sie nicht nur einer Vampir-Elite angehörten, sondern auch anderen beibringen könnten, ebenso mächtig zu werden.«
»Und was ist mit den Ridondos geschehen?«
»Sie haben eine ganze Reihe von Jahren ziemlich gut davon gelebt. Warum auch nicht? Sie führten sich auf wie Könige, und jeder hatte Angst, sich gegen sie zu stellen. Einer von ihnen, Jaime Ridondo, war sogar über zwanzig Jahre lang Bürgermeister des Dorfes.
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